Bad Alexandersbad - "Ich bin so einer wie der Robert Langdon, aber in echt", kokettiert Gerd Scherm mit der Hauptfigur aus Dan Browns weltbekannten Thrillern "Illuminati" und "Sakrileg". "Ich beschäftige mich mit Symbolen, Mythen, Zeichen und Chiffren - sie üben eine große Faszination auf mich aus."

Seit längerer Zeit befasst sich Scherm - Schriftsteller, Kunstschaffender und bekennender Logenbruder - mit Verschwörungstheorien über die Freimaurer, die auch in den Büchern des amerikanischen Bestsellerautors so zahlreich vorkommen. In Bad Alexandersbad referierte er am Mittwochabend auf Einladung der Freimaurerloge "Brudertreue an der Luisenburg" über "Das Dan-Brown-Syndrom - Freimaurerei und Verschwörungstheorie".

"Uralte Geheimnisse werden von einer ebenso alten Verschwörergruppe mit allen Mitteln bewahrt und verteidigt. Dabei zeigen brutale Morde in der Gegenwart, dass diese Gruppe immer noch existiert, immensen politischen und wirtschaftlichen Einfluss hat und äußerst gewalttätig ihre Interessen verteidigt" - so sieht laut Gerd Scherm das immer gleiche Strickmuster der Thriller von Dan Brown und dessen zahlreichen Nachahmern aus. "Natürlich passen die Vorurteile gegenüber den Freimaurern zu hundert Prozent in dieses Muster." Grundsätzlich wollten alle Autoren mit ihren vermeintlichen Enthüllungen nur eins: viel Geld verdienen.

Verschwörung nur in Büchern

"Dan Browns Werke kommen literarisch in einem eher schlichten Gewand daher", befindet der 59-Jährige. Ungeachtet dieser Schwächen sei Sakrileg bisher in 44 Sprachen übersetzt und weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkauft worden. Der neue Thriller "Das verlorene Symbol" erscheine jetzt zur Frankfurter Buchmesse, die englische Ausgabe im September sei mit einer Auflage von fünf Millionen gedruckt worden. "Hier ist erneut ein Freimaurer der Schurke, dessen Streben es ist, zu einer Gottheit zu werden." Bereits vor dem Erscheinen habe passende Sekundärliteratur darauf gewartet, auf den Markt geworfen zu werden. "Die Weltverschwörung findet wohl wirklich in der Buchbranche statt", räsoniert der Referent. Er gibt zu, dass Dan Brown die Freimaurer gründlich studiert hat. "Seine Bücher sind durchaus unterhaltsam. Die Zerrbilder entstehen, weil die Marketingabteilung des Verlages Browns Fiktion als historische Wahrheit verkauft."

Verschwörungstheorien um die Freimaurerei gebe es schon immer, blickt Gerd Scherm in die Geschichte. "Schon seit Gründung der ersten Großloge von London 1717 ist sie geheimnisumwittert und es kursierten schon in der Frühzeit der Vereinigung sogenannte Verräterschriften." Bei diesen pseudoaufklärerischen Enthüllungen hätten meist kommerzielle Interessen im Vordergrund gestanden.

Humanistische Ideale

"Welche Menschen finden sich bei den Freimauern zusammen?", interessierte sich eine Zuhörerin bei der anschließenden Diskussion. "Wir arbeiten im Rückblick auf die humanistischen Ideale der Antike", antwortete Scherm. "Die Menschenrechte durchzusetzen war das Ziel vieler Logen, gerade im 18. Jahrhundert." So sei die amerikanische Verfassung von Freimaurern geschrieben worden. "Noch heute müssen wir wachsam sein, wenn versucht wird, die Menschenrechte zu verletzen."

"Warum machen die Freimaurer so eine Geheimniskrämerei, das provoziert doch Verschwörungstheorien", meinte eine Besucherin. Dass die Freimaurer in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen werden, begründete der Referent damit, dass man nicht "Klinkenputzen gehe" und nicht "missioniere". Der Vorsitzende der "Brudertreue an der Luisenburg", Gerhard Schwarz, betonte, dass seine Loge sich gerne zeige: "Wir haben öffentliche Veranstaltungen und sind im Internet vertreten."