Wunsiedel - Es ist das Verdienst des Intendanten Michael Lerchenberg - er bringt seit Jahren gutes, modernes Volkstheater auf die Bühne. Gerade in Hinblick auf dieses moderne Volkstheater hat die Luisenburg mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal, das von Jahr zu Jahr eine größere Fangemeinde anlockt. In diesem Jahr steht mit "Wast - Wohin?" wieder einmal - nach der "Geierwally" vor sieben Jahren - ein Stück von Felix Mitterer auf dem Programm. Zum Einführungsabend im voll besetzten Wirtshaussaal in Furthammer ist zusammen mit Dramaturg Michael Bachmayer und einigen Ensemble-Mitgliedern der Autor selbst erschienen. In einer Art "Werkstattgespräch" - so jedenfalls will der Dramaturg die Einführungsabende verstanden wissen - gewähren sie einen Einblick darüber, wie sie sich mit dem Thema "Umgang mit Behinderten" beschäftigen. Ziel ist, mit den Mitteln des Theaters ein Bewusstsein für den Umgang mit Anderen, Ausgegrenzten, Randgruppen - "mit Leuten, die keine Sprache haben" - so Mitterer - zu schaffen.

Ein Erlebnis aus dem Jahr 1974 habe ihn dazu bewogen, das Stück zu schreiben: Eine Mutter mit einem behinderten Kind an der Hand wurde vom Wirt aus einer Gastwirtschaft verwiesen, weil dieser befürchtete, der Anblick des "Krüppels" könne Gäste vom Besuch abschrecken.

Mitterer fühlte sich angesprochen von den Figuren, bedrängt, "sie wollten, dass ich sie schreibe" sagt der Autor. Er schrieb zunächst ein Hörspiel unter dem Titel "Kein Platz für Idioten" für das ORF, machte dann daraus ein Theaterstück, indem er einen neuen ersten Akt dazu gesellte.

Uraufgeführt 1977 in Innsbruck wurde es zum Sensationserfolg und machte Felix Mitterer von heute auf morgen überregional bekannt. Die Rolle des behinderten Buben übernimmt Mitterer selbst. Ich habe den "Wast" an die 250 Mal gespielt, und dabei festgestellt, dass es auch ein Stück über mich selbst ist", sagt Mitterer. Seine Mutter, eine verwitwete Kleinbäuerin, musste ihn gleich nach der Geburt zur Adoption freigeben. Das Landarbeiterehepaar Mitterer nahm Felix auf. Seinem Ziehvater setzte er mit dem Knecht "Mich" ein Denkmal.

Tatsächlich trug sein Stück zu einem Umdenken in der Gesellschaft bei: 1977 demonstrierten in Innsbruck die Rollstuhlfahrer für behindertengerechte Bürgersteige. Vier Jahre nach der Uraufführung wurde von den Vereinten Nationen das "Jahr der Behinderten" proklamiert.

Dennoch, sagte Bachmayer, habe man bis heute einen wirklich integrativen Umgang mit Behinderten nicht gelernt.

Für die Luisenburg hat Felix Mitterer nun eine eigene Fassung geschrieben unter dem Titel "Wast - Wohin?" Der Autor hat dabei der Mutter mehr Raum gegeben und die Vaterfigur neu eingeführt.

Spielerisch zeigt das Stück auf, dass die Behandlung der "Schwachsinnigen" oder "Idioten" kein medizinisches, sondern ein pädagogisches Problem sei, wie es die Kinderärztin und Reformpädagogin Maria Montessori formulierte.

Wie aktuell die Thematik ist, bewiesen Toni Schatz, Uschi Reifenberger, Simone Bartzik und Alfred Schedl anhand von Berichten aus Tageszeitungen. Alle Artikel machen deutlich, dass die Isolation die Behinderung verstärkt. Regisseur Christoph Zauner machte darauf aufmerksam, dass ein behindertes Kind "eine Riesenaufgabe" sei, die die Eltern nicht selten überfordere, sie hilflos mache, zumal wenn sie bei der Bewältigung der Aufgabe allein gelassen werden. Auch die Reaktion der Dorfleute sei nicht in erster Linie durch Bösartigkeit geprägt. "Es sind einfache Leute, die mit einer Situation umgehen müssen, der sie nicht gewachsen sind", sagt der Regisseur. Mit einer kurzen Leseprobe vermitteln Arthur Brauss als Plattl Mich und Moritz Katzmair als Wast eine Ahnung davon, wie sich die Beziehung des behinderten Buben zu dem Tagelöhner Mich anbahnt, der nicht gegen ihn agiert, sondern sich auf seine Art der Wahrnehmung einlässt.

Es entsteht eine Beziehung, die nicht nur dem behinderten Kind, sondern auch dem alten Tagelöhner gut tut. "Der Plattl Mich braucht das auch für seine eigene Entwicklung, um seine Güte, seine Liebe und seine Gefühle sinnvoll einzubringen", kommentiert Arthur Brauss seine Rolle. Und Felix Mitterer, der Gelegenheit hatte, einige Probenausschnitte zu sehen, ist begeistert: "Das ist so unglaublich gelungen, so viel Schönheit in der Beziehung zwischen Mich und Wast". Der Autor jedenfalls weiß sein Stück beim Ensemble und auf der großen Bühne der Luisenburg gut aufgehoben.

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Die Premiere von "Wast - Wohin" findet, am Freitag, 13. Juli, statt