Wunsiedel Wunsiedler Mittelschüler als Online-Stars

Eine Woche lang zeigen die Jugendlichen, was in ihnen steckt. Redakteure und Kameraleute des BR drehen mit den Mädchen und Jungen Kurzfilme.

 
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Wunsiedel - Luis Pfeifer hat viel zu erzählen. Auch wenn er jetzt ein wenig nervös ist. Immerhin ist es für einen 13-Jährigen Jungen nicht selbstverständlich, von einem Scheinwerfer ins rechte Licht gerückt und von einem Kameramann fokussiert zu werden. Doch nach einiger Zeit hat er die ungewöhnliche Situation vergessen und plaudert drauflos. Luis und 14 weitere Achtklässler der Jean-Paul-Mittelschule nehmen an einem ungewöhnlichen Projekt teil: "Here's my story" . Dabei handelt es sich um ein vom Bayerischen Rundfunk angebotenes einwöchiges Seminar, bei dem die Jugendlichen als Hauptakteure im Mittelpunkt stehen.

Konrektorin Christina Bauer hatte die Idee, sich mit der Jean-Paul-Mittelschule zu bewerben. Als eine von sechs Schulen ist sie unter 80 Bewerbern aus ganz Bayern ausgewählt worden. "Mir ist es ein Anliegen, dass unsere Schüler an einem derartigen Projekt teilnehmen können. Gerade Mittelschüler fühlen sich oft abgehängt hinter den Realschülern und Gymnasiasten", sagt Christina Bauer. Wie mehrfach berichtet, hat die Mittelschule auch einen hohen Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund, die zum Teil in ihrem Leben schreckliche Dinge erlebt haben. Aber es sind eben auch ganz normale Jugendliche mit einem enormen Potenzial.

Was in ihnen steckt, haben Luis, Mohammed und all die anderen jungen Filmstars die ganze Woche über gezeigt. Tatsächlich haben alle ihren drei Minuten langen Film vollendet - in beinahe professioneller Qualität.

Für den Klassenlehrer Stefan Pöllath, der das Projekt organisiert, sind die vergangenen Tage Stress pur gewesen. "Aber es waren schöne Tage. Bei der Arbeit hat sich das sonst distanzierte Lehrer-Schüler-Verhältnis gewandelt. Wir lernten uns als Team kennen, das sich gegenseitig unterstützt."

Auch die drei Mediencoaches des BR, Peter Allgaiier, Sabine Felber und Rupert Jaud waren von den Wunsiedler Schülern angetan. Die Profis hatten schon vor dem Projektstart kistenweise Equipment in die Schule gebracht. Unter anderen erhielt jeder Schüler ein iPad, mit dem er aus den Filmsequenzen eine dreiminütige Story bastelte. "Ganz nebenbei haben sich die Achtklässler während der Woche eine riesige Medienkompetenz erarbeitet", sagt Pöllath, der einst mehrere Jahre bei einem Weidener Radiosender gearbeitet hat und somit vom Fach ist.

Doch zurück zu den Schülern, den eigentlichen Stars. Da ist etwa Luis, der das von Peter Allgaier geführte Interview klasse gemeistert hat. Er berichtete von seinem Traum vom Motorradführerschein. Damit er seine Wünsche erfüllen kann, trägt er zweimal die Woche Zeitungen aus. Während des Gespräches mit dem Fernsehmann, der sonst für die Nachrichtensendung "Rundschau" arbeitet, erzählt Luis auch vom Longboard-Fahren.

Mohammed, ein junger Syrer, hat ebenfalls eine Interessante Geschichte. Er ist ein begeisterter Fußballer und spielt seit einiger Zeit im Team der JFG Luisenburg. In der Turnhalle zeigt er dem Fernsehteam, was er am Ball kann. Ob er einst in der Bundesliga spielen wird? Bis dahin ist ein langer Weg. Wahrscheinlicher ist, dass er sich in einem Jahr für eine Lehrstelle bewirbt. Mittlerweile hat er den Sprung aus der sogenannten Übergangsklasse geschafft und besucht die "reguläre" achte Klasse. Auch eine spannende Geschichte, für Mohammed aber Alltag.

Lehrer Stefan Pöllath hat zwischendurch die Drehorte organisiert. So zeigt ein Mädchen an den Originalschauplätzen, wie es bei der Feuerwehr ist. Die junge Frau liebt es, anderen zu helfen und ist bei der Feuerwehr goldrichtig.

Mit der Zeit wird klar, dass jeder der Mittelschüler eine spannende Geschichte hat. "Mir ist wichtig, dass meine Schüler erfahren, dass ihnen jemand zuhört und sich wirklich für sie interessiert. Wenn sie dadurch ein wenig selbstbewusster werden, hat das Projekt viel gebracht."

Pöllath, der eine Woche Fortbildung beim BR in München hinter sich hat, ist ebenso wie Konrektorin Christina Bauer mit Leidenschaft bei der Sache. "Zunächst haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir die Geschichten entwickeln. Dann ging es los mit den Dreharbeiten und dem Schneiden der Sequenzen. Auch Einsprecher gehören dazu, bis am Ende ein richtig guter Film entsteht."

Am Freitag haben die jungen Stars mit ihren Lehrern und den Filmleuten bei einem O-Saft-Empfang mit Häppchen ihre Ergebnisse präsentiert. Im Juli folgt der nächste Höhepunkt: "Der BR hat uns nach München eingeladen. Hier treffen wir auch die Mitstreiter der anderen Schulen", sagt Stefan Pöllath.

Voraussichtlich in den nächsten Wochen schon werden die Filme im Internet unter der Adresse. www.br/mystory zu sehen sein.

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