Regionalsport 180-Grad-Wende der Staatsregierung

Bernd Nürnberger
Der Ärger über das am Dienstag seitens der Staatsregierung verfügte Testspielverbot für Fußball-Amateurvereine bis zum 16. August ist schnell verflogen: BFV-Präsident Rainer Koch (rechts) und BFV-Schatzmeister Jürgen Faltenbacher (links) freuten sich gestern über die rasche Kehrtwende der bayerischen Politik. Foto: BFV

Innenminister Joachim Hermann gibt nun doch grünes Licht für Fußball-Testspiele im Amateurbereich. Die BFV-Spitze ist erleichtert.

 
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München/Hof/Wunsiedel - Große Erleichterung bei den bayerischen Amateur-Fußballvereinen und beim BFV: Test- und Vorbereitungsspiele sind absolut erlaubt, sofern sich zwei bayerische Mannschaften gegenüberstehen. Das Innenministerium hat damit eine 180-Grad-Wende vollzogen, die von den bayerischen Klubs mit Freude zur Kenntnis genommen worden ist.

Das sagen Vereinsvertreter

Fulvio Bifano, sportlicher Leiter des Bayernligisten SpVgg Bayern Hof:

"Das ist alles schon ein bisschen komisch. Am Dienstag hieß es noch, dass es keine Testspiele geben soll bis zum 16. August, gestern am späten Nachmittag dann eine Wende um 180 Grad. Irgendwie spiegelt das die letzten Monate, was die Planungssicherheit angeht. Wenn jetzt Testspiele zwischen bayerischen Vereinen aber zugelassen werden, so stimmt mich das zunächst schon froh. Dann können wir unsere bisherige Planung der Vorbereitung weiterlaufen lassen. Ein Re-Start der Serie Anfang September ist damit vorstellbar. Allerdings habe ich dennoch leise Zweifel, wo sich doch von einer Stunde auf die nächste alles ändern kann."

Andreas Lang, Trainer des Landesligisten FC Vorwärts Röslau:

"Das Ganze wird langsam lächerlich. Erst heißt es so, dann wieder so. Am Dienstag mussten und haben sich alle - Vereine, Spieler, Trainer - damit abfinden müssen, die weitere Planung für den Re-Start neu auszurichten. Und das haben viele wohl auch zügig gemacht und die Testspiele abgesagt beziehungsweise verschoben. Jetzt kann man wieder alles rückgängig machen. Ich warte dazu aber vorsichtshalber mal das offizielle Statement des BFV ab, man kann in diesen Zeiten ja nie wissen. Aber mit Blick auf die Nachbar-Bundesländer, in denen sogar Spiele mit Zuschauern möglich sind, war die Entscheidung vom Dienstag auch nicht zu halten."

Jakob Schleicher, Teamchef des Landesligisten Kickers Selb:

"Wenn ich mir die ganze Corona-Entwicklung der letzten Tage so anschaue und wie die Politik darauf reagiert, komme ich zu dem Schluss, dass wir in diesem Jahr überhaupt keinen Fußball mehr spielen. Diese Gedanken habe ich am Dienstag, nach Bekanntwerden der Entscheidung aus München, auch unserem Trainer per Whatsapp geschrieben. Das es jetzt ganz anders kommt, freut mich. Das ist ein positives Signal. Es muss ja irgendwie weitergehen. Da hat der BFV aber offenbar ordentlich Druck gemacht. BFV-Präsident Koch fehlte ja die Begründung der Staatsregierung, weshalb Testspiele nicht stattfinden sollten." tsr


BFV-Präsident Rainer Koch, der noch am Dienstag die Entscheidung der Staatsregierung scharf kritisiert und sich am Mittwoch persönlich an Innenminister Joachim Hermann gewandt hatte, zeigte sich gestern ebenso wie BFV-Schatzmeister Jürgen Faltenbacher erleichtert. "Ich bin hocherfreut, dass die Staatsregierung ihre Meinung geändert hat. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung", erklärte Faltenbacher im Gespräch mit unserer Zeitung.

Übrigens: Die Lockerungen gelten für alle Sportarten im Freien, nicht nur für den Fußball, sondern unter anderem auch für American Football oder Faustball.

In dem Schreiben von Innenminister Hermann an Koch heißt es unter anderem: ,,Unter der Voraussetzung einer Kontaktdatenerfassung gemäß Rahmenhygienekonzept Sport ist das Training in festen Trainingsgruppen zugelassen. Daran anknüpfend gehören auch dem Training dienende Spiele grundsätzlich zu den erlaubten Lockerungsmaßnahmen bei Mannschaftssportarten mit Kontakt. Sofern solche Trainingsspiele vereinsübergreifend angesetzt werden, sind diese aufgrund der aktuellen pandemischen Lage auf Partien zwischen Vereinen aus Bayern begrenzt, eine namentliche Erfassung aller am Spielbetrieb Beteiligten ist zu gewährleisten und die Spiele sind ohne Zuschauer abzuhalten."

Weiter heißt es: "Der organisierte Sport hat in dieser schwierigen Phase Verantwortung übernommen und nicht nur die seitens der Staatsregierung auferlegten Regeln und Einschränkungen befolgt, sondern auch nach außen hin unterstützt." Bereits mit Umsetzung der ersten Lockerungsschritte habe sich gezeigt, dass der organisierte Sport mit den neu gewonnenen Freiheiten pflichtbewusst umgeht und die Ausübung des Sports im Rahmen der gesetzten Vorgaben sicherstellt, erklärt das Innenministerium in seinem Schreiben.

Nachdem in der letzten Kabinettssitzung vor der Sommerpause der Ministerrat am Dienstagvormittag keine weiteren Lockerungen hinsichtlich der schrittweisen Wiederaufnahme des Amateurfußball-Spielbetriebs im Freistaat beschlossen hatte, hatte der BFV die Regierung zu einer weiteren Lockerung für den Amateursport aufgerufen - und das mit durchschlagendem Erfolg.

"Es hat sich gelohnt, dass wir im Sinne unserer Vereine noch einmal bei der Politik vorgesprochen und unsere Interessen klar zum Ausdruck gebracht haben. Wir sind sehr glücklich, dass ab sofort wieder Trainingsspiele möglich sind - wenn auch ohne Zuschauer. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt Richtung Wettkampf-Spielbetrieb in Bayern. Gemeinsam mit unserem Verbandsarzt Dr. Werner Krutsch, der bereits DFB und DFL beraten hat, werden wir in den kommenden Tagen ein handhabbares Hygienekonzept präsentieren, mit dem wir und unsere Vereine unserer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden", erklärt BFV-Geschäftsführer Jürgen Igelspacher.

Die Re-Start-Pläne des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) sehen aktuell noch vor, dass die derzeit unterbrochene Spielzeit 2019/20 im September nach vierwöchiger Vorankündigung fortgesetzt wird, sollten dies die staatlichen Vorgaben dann auch erlauben.

Bislang hatte es stets den Anschein, dass die Verantwortlichen des Bayerischen Fußballverbandes die Beschlüsse der Staatsregierung ohne Wenn und Aber mittragen. Doch nach der Entscheidung vom Dienstag kamen sehr kritische Töne aus der Verbandszentrale in der Brienner Straße 50 in München. "Wer ein Trainingsspiel Olympique Marseille gegen den SV Heimstetten erlaubt, der sollte auch Trainingsspiele für die bayerischen Amateurvereine erlauben", kritisierte BFV-Präsident Rainer Koch die Entscheidung der Staatsregierung auf seiner Facebook-Seite. Und legte nach: "Probleme bereiteten bei der Bekämpfung des Virus im Moment am allerwenigsten die Menschen, die nicht ins Ausland in Urlaub fahren, sondern zu Hause bleiben und im August gerne unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen Fußballspiele zur Vorbereitung des Wettkampfspielbetriebs austragen wollen." Völlig klar sei, dass gegebenenfalls Infektionsketten nachverfolgbar sein und Hygienekonzepte eingehalten werden müssten. Die vom BFV gemeinsam mit dem DFB und den anderen Landesverbänden entwickelten Hygienekonzepte gewährleisteten den Grundsatz: Gesundheit zuerst. Der BFV und die bayerischen Amateurvereine hätten diesbezüglich keine andere Meinung als die bayerische Staatsregierung. Aber, stellte Koch via Facebook fest: "Wenn die Regierung mit ihren Entscheidungen bei den über 4500 Fußballvereinen und deren über 1,5 Millionen Mitgliedern auf breites Verständnis stoßen will, muss sie ihre Entscheidungen so treffen und begründen, dass sie von den Menschen verstanden und akzeptiert werden. Die Nichtfreigabe von Freundschaftsspielen im Amateurfußball stößt bayernweit auf großes Unverständnis, zumal sie zumindest bislang von der Staatsregierung in der Sache in keiner Weise begründet worden ist."

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