Regionalsport Einer, der sich durchs Leben kämpft

Gut vorbereitet ist Etem Bayramoglu für sein Profi-Debüt. Am nächsten Samstag geht er in der Hofer Freiheitshalle in den Ring. Foto: Privat

Etem Bayramoglus Weg zum Profiboxer war steinig. Jetzt gibt er sein Debüt in der Freiheitshalle. Er ist der erste Hofer, der in dieser Sportart auf diesem Niveau agiert.

 
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Klaus Schübel wäre gern gekommen. Wenn ein Name in Hof mit dem Boxsport verbunden wird, dann seiner. Längst steht er - aus gesundheitlichen Gründen - nicht mehr am Ring. Und ausgerechnet jetzt, als einer seiner früheren Schützlinge nochmals den großen Wurf packen will, ist er nicht da. Etem Bayramoglu veranstaltet am Samstag, 22. September, 19 Uhr, die erste Hofer Profi-Boxnacht. In der Freiheitshalle feiert er sein Profi-Debüt. Vermutlich zwölf weitere Kämpfe können die Faustkampf-Fans erleben. Nur Klaus Schübel nicht. "Ich hätte mir das gern angeschaut", sagt er. "Aber ich fahre leider in den Urlaub."

Dabei hätte er Etem Bayramoglu gern wieder gesehen. Er hatte ihn zu Beginn seiner Karriere begleitet, ihn beim FC Bayern Hof aufgenommen, ihn geprägt. Im und neben dem Ring. "Ich musste mich schon energisch durchsetzen", erinnert Schübel sich. Bayramoglu war nicht der einfachste Typ. Damals. "Ja, damals hatte ich ein paar Probleme", gibt Bayramoglu zu. Schübel warf ihn kurzzeitig sogar aus der Trainingsgemeinschaft. Bayramoglu hatte Stress mit Türstehern. Doch auch das war irgendwann vergessen. Denn der gebürtige Hofer erkannte: Boxen ist seins. "Boxen hat mich geprägt", sagt er. Und durch eine schwierige Phase seines Lebens gebracht: Als Teenager fehlte Bayramoglu das Selbstvertrauen. In der türkischen Schule herrschte das Gesetz des Stärkeren. Und er war in aller Regel der Schwächere. Bis er zu Klaus Schübel kam. "Ich habe öfters mal einen draufbekommen. Aber die aufgeplatzte Lippe hat nicht so wehgetan wie der verletzte Stolz." Den holte er sich beim Boxen zurück. Mit zwölf Jahren begann er mit dem Boxtraining. Damit wuchsen nicht nur die Muskel, sondern auch das Selbstbewusstsein. "Ich habe gelernt, mich zu verteidigen." Auch außerhalb des Rings. Das gefiel natürlich Klaus Schübel nicht immer. Bis auch Bayramoglu älter wurde. Älter und geläuterter. "Nach einer Zwangspause bin ich zu ihm gegangen und habe ihm gesagt: Ich bin jetzt 21 Jahre alt, ein verheirateter Mann und habe mich entschuldigt." Schübel nahm die Entschuldigung an, Bayramoglu durfte weiter trainieren. Vorerst noch nicht auf einem professionellen Level. Boxen war für ihn mehr ein Lifestyle, ein Lebensgefühl.

Doch irgendwann reicht das nicht mehr aus. Bayramoglu wollte mehr. Er wollte Box-Profi werden. Das liegt nun schon fünf Jahre zurück. Bayramoglu zog deshalb nach Nürnberg. Eigentlich wollte er schon vor fünf Jahren seinen ersten Profi-Kampf absolvieren. In Nürnberg fand er aber keinen Klaus Schübel, sondern das komplette Gegenteil: Statt einem fürsorglichen Trainer geriet er an einen Manager, der ihn übers Ohr haute. "Er hat mich hingehalten und hintergangen", sagt Bayramoglu. "Da habe ich gemerkt: Wenn ich mich auf andere verlasse, dann bin ich verlassen." Er nahm deshalb lieber alles selbst in die Hand. Allerdings: Er stand ohne Kontakte, ohne Profi-Lizenz da - und verletzte sich dann auch noch. "Mir ist viel Zeit flöten gegangen", sagt er.

Nun, fünf Jahre später, hängen in Hof Plakate für die erste Hofer Fightnight. Bayramoglu ist mittlerweile 32 Jahre alt. Kein gewöhnliches Einstiegsalter für Profiboxer. "Mit diesem Alter diesen Schritt zu wagen, ist mutig", sagt Klaus Schübel. "Ich gönne es Etem aber." Andererseits sind 32 Jahre auch noch kein Alter für die Boxer-Rente. Bernard Hopkins wurde mit knapp 50 noch Weltmeister, auch George Foreman war im höheren Alter noch erfolgreich. "So eine Chance hast du nur einmal im Leben. Ich wollte mir später nicht den Vorwurf machen, dass ich es nicht probiert hätte." Außerdem verfügt Bayramoglu über genug Erfahrung als Amateurboxer. Ein Greenhorn ist er nicht. Denn hinzu kommt, dass die Unterschiede zwischen Profi- und Amateurboxen keine Welten sind. "Bei den Profis geht es etwas mehr ums Geschäft", sagt Bayramoglu. Andere Gewichtsklassen-Einteilungen, andere Verbände, andere Rundenlängen oder ein anderes Verfahren zur Ermittlung des nächsten Gegners - das sind einige der Unterschiede. Am auffälligsten ist - nachdem vor einigen Jahren die Kopfschutzpflicht im Amateurboxen gefallen ist - das Äußere: Die Profis boxen oberkörperfrei.

Und so steigt Etem Bayramoglu am nächsten Samstag im Cruisergewicht gegen Asad Adrovic in den Ring - als Höhepunkt des Abends. Er ist damit an einem Ziel angekommen. Einem Teilziel. Denn es ist klar: Der Hofer Box-Profi will seine Premiere gewinnen. "Wenn ich es in der ersten Runde beenden kann, dann mache ich es auch. Dafür entschuldige ich mich heute schon mal", sagt er. Doch er weiß: Adrovic hat bereits einige Profi-Kämpfe hinter sich, wird ihm in den vier Runden also alles abverlangen. Und wenn es nicht mit dem frühen K.o. klappt? "Ich habe die Kraft für die volle Distanz."

Lange genug Zeit für die Vorbereitung hatte Bayramoglu. Zwar darf er sich Profiboxer nennen, arbeiten in Vollzeit muss er trotzdem noch. Der Familienvater arbeitet bei einem Automobil-Zulieferer als Feinwerkmechaniker. "Das ist wie im Boxen", sagt er. "Im Boxen ist genauso eine feine Technik erforderlich." Nicht wie im Mixed Martial Arts oder Thaiboxen. Im Boxen muss er die Lücke in der Deckung des Gegners finden und dann Oberkörpertreffer landen. "Das ist wie Fechten mit der Faust." Dafür trainiert er in einem Boxstudio in Nürnberg. Sein Schichtsystem lässt es zu: Nach sechs Tagen Arbeit hat er vier Tage frei. "Dann kann ich zweimal am Tag trainieren." An allen anderen Tagen nur einmal.

Bayramoglu fühlt sich gut vorbereitet. Nur etwas bereitet ihm Sorgen: sein Gewicht. "Ich bin vom Typ her einer, der leicht Gewicht verliert." So auch in diesem Jahr. Nachdem er sein Gewicht auf fast 100 Kilo gesteigert hatte, ging es ans Abkochen, um wieder in seiner Gewichtsklasse, dem Cruisergewicht (bis 90,72 Kilo), zu landen. "Innerhalb von sechs Monaten habe ich zwölf Kilo verloren." Mittlerweile steht er bei 85 Kilo. Fast etwas zu wenig. "Ich wäre gern bei 90 Kilo gelandet." Mit fünf Kilo weniger hat er zwar weniger Schlagkraft, aber ist dafür schneller auf den Beinen. "Wenn er die richtige Einstellung findet, dann kann er es schaffen", sagt sein früherer Coach Klaus Schübel. Unterstützen sollen Bayramoglu dabei die Hofer Fans. Er hofft auf eine ausverkaufte Freiheitshalle. 700 Zuschauer wären es dann im Festsaal. Der Vorverkauf laufe bereits gut, sagt Bayramoglu, der alles selbst organisiert. "Es ist schwierig vorauszusagen, wie viele Zuschauer kommen. Ich hoffe aber auf die Unterstützung meiner Hofer."

Die braucht er auch noch in Zukunft. Mit der ersten Fightnight soll seine Profikarriere noch nicht beendet sein. Bayramoglu hat Großes vor. Zehn Profi-Kämpfe bis Ende 2019 sind sein Ziel. "Das ist machbar", sagt er. "Dann ist auch ein Gürtelkampf drin."

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Tickets für die Fightnight gibt es im Ticketshop der Frankenpost.

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