Regionalsport "Es gibt auch interessante Aufgaben im Ausland"

Bernd Nürnberger

Michael Köllner aus Fuchsmühl hat einen gewaltigen Karriere-Sprung als Trainer hingelegt. Im Gespräch blickt er auf die Situation in der 2. Bundesliga. Was macht der 49-Jährige heute? Welchen Plan hat er in der Zukunft? Wie steht es um seinen früheren Verein?

 
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Interview mit Michael Köllner, ehemaliger Trainer des 1. FC Nürnberg

Herr Köllner, Sie sind derzeit in Ihrer Heimat Fuchsmühl zu Besuch. Wie fühlt es sich an, zurück an den Ursprüngen zu sein?

Es ist schön, in der Region zu sein. Es ist für mich eine vertraute Gegend. Ich habe meine Jugend hier verbracht.

Wie oft kommen Sie noch in die Heimat?

Nicht so oft. Ich hatte gehofft, dass es nach meiner Beurlaubung öfter werden würde. Es liegt aber auch daran, weil mein Tages- und Wochenpensum sehr straff ist.

Ein halbes Jahr liegt nun Ihre Entlassung beim 1. FC Nürnberg zurück. Haben Sie noch Kontakt zu Club-Spielern?

Ja, nach wie vor.

Und zur Führung des Clubs?

Zu einem Teil: Ja. Man trifft sich in der Stadt immer mal. Das, was war, ist Vergangenheit. Damit muss man abschließen. Eine Trennung gehört auch zum Fußball.

Einen Blick zurück auf den Jahresbeginn mit Ihrer Demission wollen wir aber schon noch werfen. Der Club ist danach abgestiegen. Mit Michael Köllner als Trainer hätte es auch nicht schlechter laufen können?

Das ist immer hypothetisch. Unser Fokus lag klar auf der Sanierung des Vereins. Bei der Jahreshauptversammlung am Sonntag werden vermutlich die entsprechenden Zahlen auf den Tisch kommen, die belegen, was in den vergangenen zwei Jahren finanziell Gutes für den Verein getan wurde. Unseren zweiten Fokus hatten wir darauf gerichtet, auf Tuchfühlung zu den Nicht-Abstiegsrängen zu liegen. Und da lagen wir zum Zeitpunkt meiner Beurlaubung. Das ist aber alles Vergangenheit. Ich richte meinen Blick nun ausschließlich in die Zukunft.

Der Club hat nun viele neue Spieler in der Sommerpause verpflichtet. Sind das die Früchte der Arbeit, die Sie gemeinsam mit Andreas Bornemann mit der Sanierung des Vereins gesät haben?

Die Neuverpflichtungen sind auf jeden Fall ein deutlicher Fingerzeig dafür, dass eine Sanierung stattgefunden hat. Dadurch konnte sich der Verein sportlich mit dem Kader neu aufstellen.

Sie haben als Amateurtrainer in Marktleuthen im Herren-Bereich ganz unten angefangen. 20 Jahre später standen Sie in der Bundesliga an der Seitenlinie. Wie haben Sie das persönlich empfunden?

Schon die 2. Bundesliga war Neuland für mich. Aber man gewöhnt sich relativ schnell an ein neues Arbeitsumfeld. Ich hätte mir vor zehn oder 15 Jahren niemals vorstellen können, tatsächlich einmal diesen Weg einzuschlagen. In den vergangenen Jahren habe ich dann aber schon gespürt, dass es mal klappen könnte.

Haben Sie einen Karriereplan?

Nein, nicht im klassischen Sinne. Ich habe zwölf Jahre beim DFB verbracht und habe lange Zeit nicht das Gefühl gehabt, mich verändern zu müssen. Um im Fußball-Geschäft Karriere zu machen, führt der Weg aber in der Regel vom Verband weg und in einen Verein. Diesen Weg habe ich nicht gesucht, um bewusst Karriere zu machen, sondern weil sich nach so einer langen Zeit eine Veränderung einfach richtig angefühlt hat.

Sie haben aber in Ihrem Berufsleben voll auf die Karte Fußball gesetzt?

Mein Einstieg bei Bayern Hof hat mir gezeigt: Der Trainerjob macht mir Spaß und erfüllt mich. Bereits während meiner Zeit bei der Bundeswehr habe ich zeitweise fünf Teams gleichzeitig trainiert. Diese positive Besessenheit vom Fußball habe ich nie körperlich gespürt, auch wenn es damals an die Grenzen ging. Aber das hat mir nie etwas ausgemacht. Es ist wichtig, dass du für das Thema brennst.

Gibt es auch Momente, in denen die Freude fehlt?

Wenn es regnet und ein kalter Wind weht, macht es auch mal keinen Spaß, auf dem Trainingsplatz zu stehen. Gerade in unserer Region sind die Bedingungen härter. Du musst den Fußball lieben.

Aber in Dortmund an der Seitenlinie vor der Südtribüne zu stehen, ist schon etwas Außergewöhnliches, oder?

Als Club-Trainer bist du schon die hervorragende Stimmung und die Unterstützung der FCN-Fans aus dem Max-Morlock-Stadion gewohnt. Da ist das gar keine so große Umstellung. Und als Trainer ist es sowieso ein anderes Erlebnis als für Fans: Du kannst kaum etwas aufsaugen, weil der Fokus auf die Partie so groß ist.

Sie haben aber auch die Beziehung zu den Club-Fans genossen? Sie waren oft in der Kurve.

Ja, die Interaktion mit Fans ist immer etwas Besonderes, und unsere Anhänger lagen mir besonders am Herzen. Das Spiel in der Aufstiegssaison gegen Braunschweig war für mich ein solcher besonderer Moment: Das Spiel war vorbei, aber keiner wollte so wirklich gehen. Das genießt man natürlich.

Trauen Sie dem Club den Wiederaufstieg zu?

Ganz klar: Es ist eine schwere Saison. Mit Stuttgart und Hamburg gibt es zwei Favoriten. Aber dahinter liegen vier, fünf Mannschaften, die sich im Verfolgerfeld wiederfinden können. Dazu gehört auch der Club. Der Schlüssel zum Erfolg ist, eine konstante Saison zu spielen und nach Rückschlägen, die einen im Verlauf einer Saison immer mal ereilen, schnell wieder in die Erfolgsspur zurückkehren.

Damir Canadi will zu einer offensiven Spielweise zurückkehren. Hat er die Mannschaft dafür?

Auch ich bin ein Freund einer offensiven Spielweise. Der Club hat mit Robin Hack, Nikola Dovedan und Michael Frey - um nur drei Neuzugänge exemplarisch zu nennen - offensive Qualität dazugewonnen. Mit ihnen lässt sich sicherlich ein attraktiver Offensivfußball spielen.

Club-Sportdirektor Palikuca vertraut Canadi. Die beiden sind ein Manager-Trainer-Duo. Ganz wie Bornemann/Köllner?

Das Verhältnis von Robert Palikuca und Damir Canadi kann ich nicht beurteilen. Mit Andreas Bornemann habe ich sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet. Es war für uns beide in Nürnberg eine intensive und tolle Zeit.

Wie oft waren Sie seit Ihrer Beurlaubung im Max-Morlock-Stadion?

Einmal - allerdings zu einem Konzert. Es war schon ein komisches Gefühl. Ich habe aber den Club bis dato zweimal auswärts angeschaut.

Zurück zum Club: Ist der Club mit Platz 6 schon an der Leistungsgrenze angekommen oder dürfen die Fans noch mehr erwarten?

Aus der Ferne lässt sich das schwer einschätzen. Es ist nun ein Viertel der Saison gespielt. Wenn man vorne dabei bleiben und ein gewichtiges Wörtchen um den Aufstieg mitreden möchte, ist es unabdingbar, sich im Verlauf der Saison sukzessive weiterzuentwickeln.

In diesem Zusammenhang: Wie bewerten Sie die Nürnberger Sommertransfers?

Der FCN hat viel in die Mannschaft investiert. Er hat Top-Spieler geholt. Sowohl in der Breite, als auch in der Spitze ist die Mannschaft gut aufgestellt. Es ist ein sehr gutes Zweitliga-Team, das durchaus auch das Zeug dazu hat, aufzusteigen.

Welche Rolle spielt Torhüter Christian Mathenia im Mannschaftsgefüge? Wie schwer wiegt sein Ausfall?

Christian Mathenia hat eine sehr wichtige Rolle in der Mannschaft. Wir haben uns damals bewusst entschieden, ihn zu verpflichten. Und schon im vergangenen Jahr war zu erkennen, wie wichtig er auch unter charakterlichen Gesichtspunkten für ein Mannschaftsgefüge sein kann. Daher wiegt sein Ausfall sicherlich schwer. Ich wünsche ihm an dieser Stelle von Herzen alles Gute für die OP und den anschließenden Heilungsverlauf.

Der Schlüssel damals zum Aufstieg war eine gute Heimbilanz. Derzeit kommt der Club oft nicht über ein Unentschieden im Max-Morlock-Stadion hinaus. Woran könnte das liegen?

Das kann ich aus der Ferne nicht beurteilen. Im Aufstiegsjahr waren wir auswärts sogar noch einen Tick stärker als zu Hause. Aber generell gehört zu einem Aufstieg neben einer guten Auswärts- auch eine gute Heimbilanz. Und Spiele vor den Fans im Max-Morlock-Stadion machen einfach einen riesigen Spaß.

Nicht nur der Club kämpft um einen Platz in der Bundesliga. Auch 50 oder 60 Trainer. Wie umkämpft ist das Geschäft?

Der Markt ist genauso hart umkämpft wie der Vereins- und Spielermarkt. Jeder will in die Bundesliga, und es ist völlig normal, dass das Angebot größer ist als die Nachfrage. Wenn der DFB jedes Jahr 30 Fußballlehrer ausbildet, dann wird der Markt immer groß bleiben. Es wird immer auf die Konstellation ankommen, wann welcher Trainer zu welchem Verein gerade gut passt. Da musst du als Trainer geduldig sein.

Könnte Sie sich vorstellen, bei einem Regionalligisten einzusteigen?

Die Anfragen hatte ich schon. Aber die Frage stellt sich für mich derzeit nicht - es sei denn, jemand hat eine klare Vision. Für mich kommt es immer auf das Projekt an. Schon in Nürnberg hat mich das Projekt interessiert. Ich hätte schon damals bei einem anderen Bundesligisten als NLZ-Leiter anfangen können, aber mich hat einfach der Club interessiert. Die Aufgabe muss mich reizen - daher ist es schwer, sich auf Spielklassen festzulegen.

Und die 3. Liga? Die Liga ist eine Hire-and-fire-Liga!

Da haben Sie sicherlich nicht ganz unrecht. Doch wie schon gesagt kommt es auf das Projekt an. Wie bei allen potenziellen Arbeitgebern musst du auch in der 3. Liga sehr gut prüfen, ob die Gesamtkonstellation stimmt, bevor du dort einen Job annimmst.

Wann wollen Sie wieder ins Trainergeschäft einsteigen?

Du musst dir Zeit geben. Es muss der richtige Verein sein. Nur etwas anzunehmen, um als Trainer wieder zu arbeiten, das wollte und will ich nicht. Es gibt viele Parameter, die passen müssen.

Spielt das Alter dabei eine Rolle? Sie werden heuer 50 Jahre alt.

Ich blicke nicht traurig auf meine ersten 50 Jahre zurück. Bis jetzt habe ich ein Super-Leben hinter mir - egal, wo ich gearbeitet habe. Insofern spielt das für mich keine Rolle. Wenn das passende Angebot kommt, dann nehme ich es an.

Aber als heimatverbundener Mensch würden Sie doch lieber in Deutschland arbeiten?

Ja, aber es gibt auch ein paar interessante Aufgaben im Ausland. Deutsche Trainer sind für das Ausland immer eine interessante Option, wie zahlreiche Beispiele belegen.

Die Julian Nagelsmanns der Trainer-Branche werden gehypt. Was halten Sie von dieser Entwicklung?

Der Fußball verlangt nach seinen Stars und Idolen. Das erfasst auch den Trainermarkt. Das Trainergeschäft ändert sich aber schon: Die Trainerstäbe werden immer größer, immer mehr Spezialisten rücken in den Stab auf. Du musst deine Kernkompetenz erweitern - gerade in der Zeit, in der du keinen Job hast.

Damit befassen Sie sich derzeit?

Als Chef-Trainer besteht dein Team ja nicht nur aus elf, sondern mindestens aus 45 bis 50 Leuten. Daher ist Führungskompetenz das A und O. Mit diesem Bereich beschäftige ich mich derzeit intensiv. Ich lese Bücher, nehme an Kongressen teil, halte Vorträge an Hochschulen oder in Unternehmen, tausche mich mit Führungskräften darüber aus, wie sie ihr Unternehmen managen und übertrage diese praktischen Beispiele aus anderen Bereichen auf den Fußball. Denn als Fußballtrainer musst du in einem extrem unruhigen Umfeld bestehen: Jede Woche wird abgerechnet. Das ist in keiner anderen Branche der Fall. Wenn dein Team dann nicht zu 100 Prozent funktioniert, erwischt dich schnell der Misserfolg.

Sie beraten auch Unternehmen? Was können Unternehmer von Bundesliga-Trainern lernen?

Ich berate keine Unternehmen, sondern halte Vorträge für Führungskräfte. Mit diesen tausche ich mich gerne im Anschluss an die Veranstaltung noch ein wenig aus, denn auch der Fußball kann vieles von Unternehmen lernen. Wie im Fußball geht es auch dort darum, Teams zu entwickeln und diese bestmöglich zu führen, um erfolgreich zu sein. Außerdem geht es in Unternehmen analog zum Fußball um das Entwickeln einer Marke. Daher sind sich diese beiden Bereiche ähnlicher, als man es auf den ersten Blick vielleicht vermutet.

Wie muss man sich das Leben als Trainer im Wartestand vorstellen?

Umfangreich! Die Woche steht klar im Zeichen des Fußballs. Du schaust dir Trainingseinheiten und Spiele an - ganz aus der neutralen Position. Ich bilde mich intensiv weiter. Und unter der Woche nehme ich zahlreiche Termine wahr - als Referent, zudem unterstütze ich soziale Projekte oder nehme Medientermine wahr.

Das tun Sie alles dafür, um wieder Bundesliga-Trainer zu werden?

Das tue ich, weil ich den Fußball liebe. Mein ganzes Leben schon beschäftige ich mich vorwiegend mit Fußball und bin daran interessiert, mich stetig weiterzuentwickeln. Dazu habe ich jetzt die Zeit. Da wäre es doch wenig clever, diese jetzt nicht bestmöglich zu nutzen. Mir geht es insgesamt darum, ein erfülltes Leben zu haben.

Aber haben Sie noch ein persönliches Ziel?

Ich bin noch nie gut damit gefahren, mich selbst unter Druck zu setzen. Natürlich kann man einige Dinge in die richtige Richtung lenken. Doch wir Menschen neigen dazu zu denken, dass wir alles selbst in der Hand haben. Aber ich glaube: Viele Dinge sind vorbestimmt. Es kommt so, wie es kommen soll - und dafür brauchst du die nötige Ruhe und das nötige Vertrauen. Ich bin in den zurückliegenden 49 Jahren in guten Händen gewesen - und das wird auch so bleiben.

Der Mensch und Trainer Michael Köllner

Gutgelaunt, locker und lässig kommt Michael Köllner trotz strömenden Regens zum Interview-Termin in unsere Redaktion in Marktredwitz. "Servus, wöi gäiht‘s eich", begrüßt er uns freundlich im besten Oberpfälzer Dialekt. Uns geht es gut, und unserem Interview-Partner offenbar auch. Er ist auf dem Weg von Nürnberg, wo er immer noch wohnt, nach Fuchsmühl, um seinen Eltern nach längerer Zeit wieder einen Besuch abzustatten. Der "Köllners Michl", so wie ihn die Menschen im Fichtelgebirge und in der Oberpfalz nennen, ist trotz seines Karrieresprungs vom Kreisliga- zum Bundesliga-Trainer bodenständig geblieben. Keine Starallüren, offen und aufgeschlossen - einfach sympathisch.

Köllner hat sich mittlerweile auch zum Medienprofi entwickelt, ohne sich zu verstellen, ohne seine Oberpfälzer Herkunft zu verleugnen. Erst am Sonntag war er wieder Co-Moderator und Experte bei Sky zum Zweitliga-Spieltag. "Der Besuch im Studio hat mir sehr viel Freude bereitet und ich bedanke mich für die angenehme Zeit und die nette Betreuung vor Ort", ist auf seiner Homepage zu lesen.

Köllner ist ein Kind der Region, war Zeitsoldat bei der Bundeswehr, hat sich dort zum Zahnarzthelfer ausbilden lassen, aber von Beginn an voll auf die Karte Fußball gesetzt. Mit Erfolg. "Ich liebe den Fußball. Ich beschäftige mich ständig damit, das Spiel weiterzuentwickeln. Der einzelne Spieler und die gesamte Mannschaft sollen permanent besser werden", schreibt er auf seiner Homepage. Dabei hat er von ganz unten angefangen. Seine erste Station im Herrenbereich war 1998 der FC Marktleuthen in der damaligen A-Klasse (heute Kreisliga). Nach nur einem Jahr kehrte er zu seinem Heimatverein SG Fuchsmühl zurück, wo er mit dem Fußballspielen begonnen und einige Jahre die A-Jugend betreut hatte. "Die Verlockung, meine damaligen Jugendspieler nun im Herrenbereich zu trainieren, konnte ich nicht ausschlagen. Ich wurde 1999 Spielertrainer in meinem Heimatverein und konnte den bitteren Abstieg in der Vorsaison mit dem sofortigen Wiederaufstieg egalisieren." Weitere Stationen in Köllners Laufbahn waren unter anderem: Trainer SpVgg Bayern Hof (8/2000 bis 2/2001); Spielertrainer bei der SG Gattendorf (5/2001 bis 12/2001); Stützpunkttrainer und Koordinator Talentförderung beim DFB, Jugendtrainer beim SSV Jahn Regensburg, Trainer der U 17 bei der SpVgg Fürth, Leiter des Nachwuchsleistungszentrums beim 1. FC Nürnberg und Cheftrainer der Profimannschaft des FCN vom 7. März 2017 bis 13. Februar 2019.

Höherklassiger Fußball in Oberfranken? "Nahezu ausgeschlossen"

Was waren das noch für Zeiten, als Bayern Hof und die SpVgg Bayreuth noch Zweitliga-Fußball spielten. Und heute? Zumindest Hof humpelt in Richtung Bedeutungslosigkeit, während viele Fans gern höherklassigen Fußball sehen würden. Wird es noch einmal Profi-Fußball in der Region geben? "Das ist nahezu ausgeschlossen", sagt Michael Köllner. "Dafür hat sich der Fußball zu stark verändert." Köllner spricht dabei aus Erfahrung: Er hat in Hof nach der Jahrtausendwende die noch erfolgreichen Zeiten miterlebt. Damals waren die Abstände zwischen Amateur- und Profifußball noch nicht so groß.

Die Durchlässigkeit größer. Und auch der unterklassige Fußball besser. "Damals haben selbst in der Kreisliga noch zwei, drei Spieler mitgespielt, die problemlos drei oder vier Spielklassen höher hätten spielen können." Heute sei das nicht mehr der Fall. Köllner: "Ich wage zu bezweifeln, dass es du heute noch richtig gute Spieler in der Kreisliga findest, die das können." Ein Grund sei die professionellere Ausbildung der Spieler in den Nachwuchsleistungszentren. Aber auch veränderte Lebensgewohnheiten. "Den Bezugspunkt und die Heimat Fußball gibt es nicht mehr so wie früher, wo gefühlt rund um die Uhr Fußball gespielt wurde", sagt Köllner. "Die vielen Stunden Fußball haben sich unabhängig vom Vereinstraining auf die Qualität der Spieler ausgewirkt." Und so driften die zwei Welten auseinander: Der Amateursport einerseits, in dem es nur noch um Bewegung und das gemeinsame Sporttreiben geht, andererseits der Profisport. Und die Region hatte damals, als noch die Unterschiede nicht so groß waren, den Anschluss verpasst. "Eine Zeit lang haben die Vereine alles durch ausländische Spieler kompensieren können", sagt Köllner. "Doch der Markt in Tschechien ist auch ausgelesen." So verloren die Vereine an Qualität und sodann die Tuchfühlung zu Beginn des Fußball-Booms als Geschäft - und damit auch die finanziellen Mittel, um doch noch einmal nach oben zu kommen. "Für einen normalen Verein ist das kaum noch machbar", stellt der Bundesliga-Coach fest. "70 Klubs konkurrieren um einen Platz in den Top-36 - und dahinter reißt sich ein gewaltiges Loch." Und genau dort befindet sich der Fußball in der Region.

Profi-Trainer - ein Geschäft im Wandel

Auch Michael Köllner musste bei seinem Sprung in die deutsche Eliteliga der Fußball-Trainer noch einiges lernen. Bis zu seiner Entlassung beim 1. FC Nürnberg im Frühjahr hatte Köllner beispielsweise keinen Berater oder auch keine Agentur. Seine Verträge mit Nürnberg hatte er noch selbst ausgehandelt. "Ich habe am Anfang auch gedacht, es geht ohne Berater", sagt er. Doch im heutigen Trainergeschäft ist das unmöglich. So nahm sich Köllner nach dem Ende seiner Club-Tätigkeit einen Berater. Aus gutem Grund: "Es ist absolut sinnvoll, sich in allen Bereichen, die zu dem Beruf gehören, professionell aufzustellen und mit Fachleuten zusammenzuarbeiten", sagt er. Zudem kontaktieren interessierte Klubs niemals einen Trainer direkt, sondern gehen über die Berater oder Agenturen.

Mittlerweile suchen Klubs auch nicht direkt nach Trainer-Namen, sondern Trainer-Profilen. Welcher Trainer passt zu welcher Mannschaft zu welchem Zeitpunkt? Auch Köllner hat ein Trainer-Profil: "Ich kann Spieler entwickeln, kann das Bestmögliche aus einer Mannschaft herausholen und die Menschen für ein Ziel begeistern", sagt er. "Denn ich bin nicht Trainer um des Jobs Willen, sondern aus dem Herzen heraus." Am Ende gehe es im Fußball um Kapital, das die Vereine zum einen von Sponsoren, zum anderen aus der eigenen Mannschaft generieren. "Daher ist es wichtig für mich als Trainer, dass ich das Kapital durch meine Arbeit steigern kann", erklärt der 49-Jährige. Taktisch sei er nicht auf ein System festgelegt, sondern kann flexibel agieren. "Meine Mannschaften passen sich schnell an Gegebenheiten an."

Mit diesen Eigenschaften und seiner Vita als Bundesliga-Coach wirbt also sein Berater für seinen Klienten - oder erhält Angebote. "Es kommen nahezu jeden Tag lose Anfragen, von denen aber nur einige konkret werden", sagt Köllner. So stand er im Sommer bereits in engem Kontakt zu Swansea City. Die Waliser spielen im englischen Championship, also der zweiten Liga. "Das hätte schon klappen können", sagt Köllner. "Aber ich hatte mein Trainerteam noch nicht komplett." Das war unter anderem ein Grund dafür, dass das Engagement nicht zustande kam.

Was von außen eben kaum einer weiß: Mit einem Trainer kommt meist ein komplettes Team an Co-Trainern und Spezialisten mit. Köllner hat mittlerweile sein Team zusammengestellt. Und so wartet Köllner mit seinem Team auf das passende Angebot - an seinen Berater natürlich.

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