Regionalsport "Ich sehe keine Alternative"

Thomas Unger rechnet damit, dass in vier bis sechs Wochen Lösungen zur Fortsetzung des Spielbertiebs auf dem Tisch liegen. Foto: Bernd Nürnberger Quelle: Unbekannt

Thomas Unger, oberfränkischer Bezirksvorsitzender des Bayerischen Fußballverbandes, verteidigt die Entscheidung, den Spielbetrieb fortzusetzen. Im Interview verrät er, in welcher Arbeitsgruppe er mit nach Lösungen sucht.

 
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Herr Unger, war es auch Ihre Entscheidung als oberfränkischer Bezirksvorsitzender, die Saison im bayerischen Amateurfußball fortzusetzen?

Ich habe im Vorfeld immer gesagt, ein Saisonabbruch ist die letzte Variante. Deshalb unterstütze ich voll und ganz die Entscheidung, die der Verbandsvorstand getroffen hat, weil ich keine Alternative sehe und immer dafür bin, sportliche Fragen dort zu klären, wo sie zu klären sind: auf dem Platz.

Warum keine Alternative?

Es genügt alleine ein Blick nach Westfalen. Da haben sich 88 Prozent der Vereine zunächst für einen Abbruch entschieden. Das klingt auf den ersten Blick toll. Wir müssen aber feststellen, dass keines der vorgelegten vier Abbruch-Szenarien letztlich eine Mehrheit gefunden hat.

Der BFV hat ja versucht, die Vereine schon zu Beginn der Corona-Krise mit ins Boot zu nehmen. An wie vielen Videokonferenzen oder Webinaren waren Sie beteiligt?

Genau kann ich das gar nicht mehr sagen. Etwa zehn habe ich selbst gehalten, an weiteren neun oder zehn war ich dabei. Es müssten dann so um die 20 gewesen sein.

Die Verbandsspitze hat beschlossen, jetzt Arbeitsgruppen zu bilden, in denen die Regularien für eine Fortsetzung der Saison nach dem 1. September 2020 genau festgelegt werden. Welcher Arbeitsgruppe gehören Sie an?

Ich bin in der Lösungs-Arbeitsgruppe Spielrecht dabei.

Spielrecht ist ja vermutlich das Thema, das die Vereine am meisten interessiert.

Ich will hier keine Prioritäten setzen. Alle Fragen, die jetzt beantwortet werden müssen, sind wichtig und drängend. Am Ende des Tages stellt sich natürlich die Frage: Ob man es wirklich allen recht machen kann. Unser Ziel ist es, möglichst vielen Vereinen eine passende Lösung zu bieten. Dass es nicht ganz ohne Nebenwirkungen gehen wird, war uns klar.

Aus wie vielen Leuten besteht so eine Arbeitsgruppe?

Man versucht natürlich, in den einzelnen Gruppen die Kompetenzen zu bündeln. Neben den Verbandsfunktionären kommen ja noch Vereinsvertreter dazu. Da haben sich übrigens sehr viele Leute von sich aus gemeldet und angeboten, ihren Teil dazu beitragen zu wollen. Das ist ein tolles Zeichen, dafür sage ich Danke. Ich denke, dass so eine Arbeitsgruppe aus höchstens 15 bis 20 Leuten bestehen sollte, um auch zu Ergebnissen zu gelangen. Je nach AG wird das aber verschieden sein.

Wer bestimmt die Vereinsvertreter?

Wie gesagt: Es haben sich viele von sich aus bei uns gemeldet. Zum Teil gehen wir auch auf Personen zu, von denen wir wissen, dass sie in einem Thema besonders viel Input mitbringen. Oder aber Vertreter von Vereinen, die diese Probleme selbst haben.

Hat Ihre Arbeitsgruppe schon einmal getagt?

Nein, noch nicht. Aber ich gehe davon aus, dass noch in dieser Woche die erste Videokonferenz stattfinden wird.

Wo sehen Sie die Knackpunkte im Spielrecht?

Es ist momentan müßig, darüber zu diskutieren. Die Frage ist doch: Was lässt sich überhaupt ändern? Oder anders ausgedrückt: Was ist Gesetz und wo hat der Verband die Möglichkeit einzuwirken? Wir bleiben bei unserer Aussage, das Maximale für die Vereine erreichen zu wollen.

Die entscheidenden Fragen sind doch: Was passiert mit Vertragsamateuren, deren Verträge zum 30. Juni 2020 auslaufen. Und: Gibt es im Sommer für Amateure ein Wechselfenster?

Vielleicht (lacht). Natürlich ist auch mir klar, dass gerade die Frage der Vereinswechsel eine gewisse Brisanz hat. Aber ich will hier nicht irgendwelche Spekulationen zu einem Thema wecken, das noch nicht beraten worden ist. Deshalb bitte ich hier um Geduld.

Wie lange müssen sich denn die Vereine gedulden, bis die Ergebnisse feststehen?

Ich gehe davon aus, dass man in einem Zeitrahmen von vier, vielleicht sechs Wochen arbeitet. Letztlich muss ja auch für den Bereich der Vertragsamateure rechtzeitig vor dem 30. Juni eine Entscheidung her. Denn hier geht es schließlich auch um geltendes Arbeitsrecht. Wir werden uns in jedem Falle ins Zeug legen, weil die Fragen drängend sind und unsere Vereine ein Recht darauf haben, Antworten zu bekommen. Aber: Gründlichkeit geht vor Geschwindigkeit.

Glauben Sie persönlich an eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs zum 1. September?

Ich kann hier keine Antwort geben, da könnte ich ja gleich in eine Glaskugel schauen. Im Moment ist der Stand so, dass alle Groß- und Sportveranstaltungen von Seiten der Staatsregierung bis zum 31. August untersagt sind.

Sollte tatsächlich im September wieder Fußball gespielt werden können, muss man ja den Mannschaften zumindest vier Wochen zuvor wieder ein gemeinsames Training auf ihren Plätzen erlauben?

Auch das ist eine Geschichte, die die Politik oder die einzelnen Kommunen entscheiden müssen. Sollte es am 1. September losgehen, gehe ich fest davon aus, dass es rechtzeitig eine Information dazu geben wird. Ich persönlich glaube aber nicht daran, dass wir bis zum 1. September einen Impfstoff haben werden.

Das heißt, ein Impfstoff wäre für Sie eine Voraussetzung, den Spielbetrieb fortzusetzen?

Die Voraussetzung ist, dass die Staatsregierung die Sportveranstaltungen freigibt - mit oder ohne Impfstoff. Aber alle Virologen sagen uns, dass wir das Thema erst dann im Griff haben, wenn es einen Impfstoff oder Medikamente gibt.

Blicken wir abschließend noch kurz zu den Profis. Was halten Sie von den viel diskutierten Geisterspielen?

Da halte ich mich raus. Die Profivereine sind Wirtschaftsbetriebe. Hier stehen natürlich auch viele Existenzen auf dem Spiel. Aber wenn ich mir die Landkarte so anschaue, macht das Virus keinen Unterschied ob du jung oder alt oder Profi oder Amateur bist.

Das Interview führte Bernd Nürnberger

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