Seefeld Oberfranke mit Ambitionen

Peter Perzl
Horst Hüttel. Quelle: Unbekannt

Der Wunsiedler Horst Hüttel hat große Pläne: Er ist ein heißer Kandidat für die Nachfolge von Walter Hofer als Fis-Renndirektor. Dafür müsste er sich aber von etwas trennen.

 
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Wunsiedel/Seefeld - Als hätte Horst Hüttel als sportlicher Leiter des Deutschen Skiverbands (DSV) nicht schon genug um die Ohren bei der nordischen Ski-Weltmeisterschaft in Seefeld: Mannschaftsführersitzungen, Interviews, die Nachfolge-Suche für Sprungtrainer Werner Schuster, vielleicht auch noch für Hermann Weinbuch, und frühzeitige strategische Überlegungen in Richtung Winter-Olympiade in Peking - sein Arbeitstag reicht von früh morgens bis spät in die Nacht.

Geiger und Eisenbichler vom Winde verweht

Seefeld - Markus Eisenbichler und Karl Geiger vom Winde verweht, Richard Freitag als Fünfter bester DSV-Adler: Die deutschen Skispringer sind bei der Nordischen WM in Seefeld in einem chaotischen Wettbewerb von der Normalschanze ohne Medaille geblieben. Weltmeister wurde überraschend der Pole Dawid Kubacki vor seinem Landsmann Kamil Stoch. Bronze holte Titelverteidiger Stefan Kraft aus Österreich. Geiger hatte nach dem ersten Durchgang auf Platz zwei gelegen, fiel aber bei praktisch irregulären Bedingungen noch auf Platz 18 zurück. Der neue Weltmeister Kubacki, der mit Sprüngen auf 93,0 und 104,5 Meter (218,3) noch von Platz 25 (!) zum Sieg sprang, lag knapp vor Stoch (215,5) und Kraft (214,8). Eisenbichler (210,5/91,0+102,5) war nach schwachem ersten Durchgang nur 23. Der Doppel-Weltmeister konnte sich aber noch auf Rang sieben verbessern. Knapp vor ihm landeten noch Freitag (Aue) als Fünfter (211,3/93,5+103,5) und Stephan Leyhe (Willingen) als Sechster (210,6/96,5+99,0).

Im abschließenden Mixed-Wettbewerb am Samstag (16 Uhr/ZDF und Eurosport) ist das DSV-Team um Eisenbichler und Vizeweltmeisterin Katharina Althaus Favorit auf Gold.

Und jetzt auch noch das Bekanntwerden der Ambitionen des 50-Jährigen für die Nachfolge von Fis-Renndirektor Walter Hofer (seit 1992 im Amt). Hüttel macht kein Hehl daraus, dass er sich dafür interessiere, er sich geehrt fühle, dass man ihm die Gesamtverantwortung für alle Nationen in der Sparte Skisprung zutraue. "Im Grunde kam das ja nicht von mir, sondern die Idee wurde an mich herangetragen", stellt der Wunsiedler am Rande der WM bei einem Gespräch mit unserer Zeitung klar. Mehrere Leute aus Verbänden und Nationen, Funktionäre und Trainer hätten ihn ermuntert, für dieses 2020 frei werdende Amt zu kandidieren. "Offenbar sind sie damit zufrieden, wie sie mich bislang erlebt haben, wie ich meine Aufgaben anpacke und vor allem, dass ich sehr gut zwischen nationalen und internationalen Interessen unterscheiden kann." Im Mai 2013 übernahm Hüttel zusätzlich den Vorsitz im Exekutiv-Komitee der nordischen Kombination, zählt im Welt-Skiverband FIS längst zu den einflussreichsten Personen und entscheidet über Wettkampfregeln und Formate.

Die neue Aufgabe erfordere vor allem "absolute Neutralität". Ein Sondierungsgespräch mit Sarah Louis, der Generalsekretärin der FIS, also die höchste hauptamtliche Stelle über alle nordischen und alpinen Disziplinen, sei ebenfalls positiv verlaufen, verrät Hüttel, allerdings ohne inhaltlich ins Detail zu gehen. Auch wenn es mehrere aussichtsreiche Bewerber gibt, wie Chika Yoshida (Damen-Renndirektorin), Borek Sedlak (Hofers Assistent) und vor allem der Italiener Sandro Pertile, der als technischer Delegierter und ehemaliger Skispringer einen guten Namen in der Szene genießt, so sind Horst Hüttels fachliche Qualitäten und dessen eindrucksvolle Erfolgsbilanz ein echtes Pfund. Vor allem gelang es ihm, die Sparte Skisprung nach Übernahme der Verantwortung im Jahr 2008 aus einem tiefen Tal der Tränen zu führen. Zu seinen Mitbewerbern will sich Hüttel nicht äußern. Er wisse von denen nur vom Hörensagen.

"Es ist ja nicht so, dass ich mit meinem bisherigen Job unzufrieden wäre", macht der Wunsiedler deutlich. "Auf Teufel komm raus werde ich nicht um dieses Amt kämpfen, lasse das erst mal ruhig auf mich zukommen." Hüttel findet, dass "eine gewisse Umstrukturierung im Bereich der Fis einfach notwendig" sei. Aufgrund der Macht und Einflussmöglichkeit, die ein Renndirektor habe, wäre es möglich, die Weltcups der Damen mit denen der Herren am gleichen Ort auszutragen. Das ist ihm schon länger ein Anliegen. "Walter Hofer hat viel bewirkt und vorangebracht, aber das ist das einzige, was ich mir von ihm noch gewünscht hätte."

Wie gut das funktioniere, beweise die Sparte Biathlon, und auch bei den Alpinen passiere es gelegentlich. "Die Damen würden davon enorm profitieren und den Herren nimmst du nichts weg", sagt Hüttel. Auch organisatorisch wäre für die Verbände vieles einfacher, da alles an einem Ort stattfinde. "Statt 20 Weltcup-Orten gibt es halt dafür vielleicht nur noch zehn, aber dafür ist alles zusammen." Warum nicht Wettkämpfe von Mittwoch bis Samstag?, fragt er sich. "Wir könnten die Produktionskosten im Fernsehen und die im Materialbereich drastisch reduzieren."

An Ideen mangelt es Hüttel nicht. Sie sprudeln nur so aus ihm heraus. So möchte er auch das Skispringen im Sommer etablieren. "Wenn Sportarten acht Monate von der Bildfläche verschwinden, finde ich das eine zu lange Zeit." Nach der Wintersaison, die weiter Highlight bleiben soll, sollte eine Pause bis Ende Juli erfolgen. Anschließen könnte sich ein Sommer-Weltcup, der nur zwischen sechs und acht Wochen dauere, sodass die Athleten zwei Regenerationsphasen im Jahr hätten, die er aufgrund der hohen Belastungen für sehr wichtig halte.

Wie gut Skispringen im Sommer angenommen werde, zeigten die Veranstaltungen in Oberwiesenthal, Hinterzarten und Klingenthal mit regelmäßig 6000 bis 8000 Zuschauer. "Mit so einem Pick im Sommer, eventuell mit Konzerten als Eventcharakter, könnten wir unseren Sport auch einer breiteren Schicht präsentieren und sie dafür interessieren," glaubt Hüttel. Nur trennen müsste er sich von etwas, das er liebgewonnen hat: "Wenn es wirklich so weit kommt, werde ich nicht mehr für die Kombinierer verantwortlich sein." Noch aber ist es nicht soweit ...

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