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Hof "Ich will ihn zeitig umhauen"

Am Samstagabend steht Etem Bayramoglu vor dem bislang größten Kampf seiner Boxer-Karriere. Foto: privat

Am Samstagabend kann Etem Bayramoglu der erste deutsche Meister im Profiboxen aus Hof werden. Vor dem Kampf hat er seine Strategie umgestellt.

 
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Herr Bayramoglu, Sie sind seit einem Jahr Profiboxer und kämpfen am Samstag in Plauen um die deutsche Meisterschaft des Boxverbands GBA an. Das ist rasant! Sind Sie überrascht davon?

Der Kampf

Am Samstagabend tritt der gebürtige Hofer Etem Bayramoglu (33 Jahre/fünf Kämpfe/fünf Siege, davon drei durch K.o.) gegen Rojhat Bilgetekin (22 Jahre/29 Kämpfe/elf Siege, neun davon durch K.o.) aus Wipperfurth auf der Vogtländer Fight Night in Plauen an. Die Veranstaltung beginnt 18.30 Uhr in der Einheit-Arena Plauen (Wieprechtstraße 11). Tickets gibt es noch an der Abendkasse, die von 17 Uhr an geöffnet ist.

Ganz ehrlich? So überrascht bin ich gar nicht. Als Vision habe ich mir das schon vorgestellt - und es ist genauso gekommen. Wenn ich jetzt gewinne, löse ich auch ein Versprechen von vor einem Jahr ein, den ersten Gürtelkampf der Geschichte nach Hof zu holen.

Sind Sie schon aufgeregt?

Eine gesunde Aufregung ist immer vorhanden. Vor ein paar Jahren habe ich einen erfahrenen Boxer mit über 100 Profikämpfen gefragt, wie es ihm vor Kämpfen geht. Er hat geantwortet: Wenn die Aufregung fehlt, dann passt etwas nicht. Jeder Boxer ist vor dem Kampf aufgeregt. Es muss aber in einem gesunden Maß bleiben.

Andernfalls geht es nach hinten los, oder?

Wenn man zu aufgeregt ist, gehen 50 Prozent der Performance flöten. Die Knie werden weich. Dagegen muss man ankämpfen. In letzter Zeit bin ich aber nicht mehr so aufgeregt wie noch in den ersten Profikämpfen. Ich kann ganz gut damit umgehen.

Ihr Gegner steht fest. Sie kämpfen gegen Rojhat Bilgetekin. Es hat lang gedauert, bis der Name feststand. Warum so lange?

Seit einer Woche steht es fest, weil er noch einen letzten Kampf bestreiten musste - und auch gewinnen musste, damit er überhaupt für würdig empfunden wurde, um die deutsche Meisterschaft zu kämpfen. Vorher hatten wir schon andere Gegner im Visier. Die konnten aber entweder nicht oder haben ihren letzten Kampf vor dem Titelkampf verloren.

Bilgetekins Bilanz klingt durchwachsen: Der 22-Jährige hat bereits 29 Profi-Kämpfe bestritten, elf davon gewonnen. Sie haben hingegen nur bislang fünf Kämpfe. Ist es ein Nachteil?

Er hat wesentlich mehr Kämpfe - aber auch nicht alle gewonnen. Im Profiboxen hat er definitiv mehr Erfahrung. Ich weiß allerdings nicht, ob er über eine so große Erfahrung im Amateurboxen verfügt wie ich.

Konnten Sie sich auf Ihren Gegner überhaupt intensiv vorbereiten, wenn der Name erst so spät feststand?

Man muss auf jeden Gegner vorbereitet sein - egal ob klein, groß, leicht oder schwer. Ich habe mich zuletzt mehr auf schwere Gegner fokussiert - auch im Sparring. Daher denke ich, dass ich gut damit klarkomme.

Eine Videoanalyse haben Sie nicht machen können?

In der Kürze der Zeit habe ich nur ein paar Videos sehen können. Und ich muss sagen: Es ist machbar. Ich bin fit, weshalb ich sehr zuversichtlich bin. Aber selbst dann, wenn man sich als Weltmeister auf einen Pflichtherausforderer monatelang vorbereitet, kann es sein, dass der ausfällt und plötzlich ein anderer Gegner kommt.

Wie der Schwergewichtler Anthony Joshua, der gegen Andy Ruiz unerwartet seinen Weltmeistertitel verlor!

Genau! Er hat sich auf einen ganz anderen Gegner eingestellt - und plötzlich musste er gegen einen kleinen Dicken kämpfen. Und der hat ihn abgeräumt. Wichtig ist, auf jeden Gegner eingestellt zu sein.

Wie viel Respekt haben Sie vor Bilgetekin?

Ich habe immer vor meinen Gegnern einen Riesen-Respekt. Aber es ist immer ein gesunder Respekt. Aber ich bin trotzdem zuversichtlich, dass ich gewinnen werde.

Wie werden Sie den Kampf angehen? Eher taktisch?

Ich hoffe, dass ich ihn in der ersten oder zweiten Runde umhaue. Ich will nicht länger der technische Boxer sein, der mehr in der Defensive ist und Konter gibt. Daher will ich meinen Stil ändern und habe deshalb auch Gewicht zugelegt.

Warum ist der Wandel im Stil nötig?

In meiner Gewichtsklasse ist das schon ratsam, mehr auf K.o. zu gehen. Bis zum Halbschwergewicht kann man natürlich noch wie im Amateurbereich boxen - also mehr technische Punkte machen. Aber in meinem Cruisergewicht wird schon mehr Wert auf Schlagkraft und K.o. gelegt, weil eben auch aufgrund des höheren Gewichts nicht mehr die Schnelligkeit wie in den unteren Gewichtsklassen gegeben ist. Aufgrund der Masse des Körpers ist auch die Wahrscheinlichkeit höher, K.o. zu gehen. Deshalb sollte man so schnell wie möglich den Kampf für sich entscheiden.

Das heißt: Sie könnten auch selbst eher K.o. gehen?

Deshalb habe ich die Deckung auch stärker trainiert - in den Sparrings auch gegen schwerere Gegner.

Wie bereiten Sie sich in den letzten Stunden vor dem großen Kampf vor?

Vor dem Kampf lasse ich es ruhiger angehen. Etwas Lauftraining und Boxsacktraining. Den Freitag habe ich mir komplett freigenommen - und am Samstag wartet auch gleich der Kampf.

Mental stellen Sie sich wie auf den Kampf ein? Ist Abschalten angesagt?

Meine Familie ist mit dabei. Meine Frau schaut sich auch den Kampf mit an. Wir werden am Freitagabend schön essen gehen - aber erst nach dem Wiegen.

Die Waage ist stets ein spannender Moment. Auch für Sie?

Eigentlich habe ich kein Problem mit der Waage. Aber das angenehme Abendessen kommt erst nach dem Wiegen.

Nochmals zurück auf Ihre Gefühlswelt: Was bedeutet Ihnen den Kampf? Sie sind jetzt 33 Jahre alt, also nicht mehr der Jüngste.

Auch wenn es nicht mein erster Gürtel ist, aber es ist mein erster Titelkampf. Daher bedeutet mir der Kampf sehr viel. Hoffentlich öffnen sich nach einem Titelgewinn die Pforten.

Wohin?

Einerseits in Sachen Sponsoring, weil mein weiterer Karriereweg als Profi natürlich davon abhängt, wie gut ich unterstützt werde und wie stark ich mich auf den Sport konzentrieren kann. Höhere Trainingsqualität, ein größerer Fokus.

Haben Sie denn weitere Ziele für den Fall, dass Sie deutscher Meister werden?

Mein nächstes Ziel ist die zweite Hofer Fightnight am 28. Dezember. Danach lasse ich mich überraschen, was noch kommt. Vielleicht kommt ein Herausforderer. Aber nach Hof brauche ich zwei Monate Pause. Die Belastung ist hoch, weshalb ich auch ständig Angebote auf Kämpfe ablehnen muss. Gerade erst habe ich einen Kampf in den USA im November abgesagt. Wäre eine gute Sache im Verband WBU gewesen. Ich musste es aber absagen.

Das klingt auch nach einer Strategie-Änderung. Anfangs wollten Sie vor allem viele Kämpfe als Profi bestreiten, mittlerweile scheinen Sie wählerischer zu sein?

Ich muss natürlich immer noch alles rausholen, was in meiner Karriere geht. Aber ich muss realitätsbewusst bleiben. Jeder Kampf ist mit einem Verletztungsrisiko verbunden. Ich setze daher Prioritäten.

Ist es die Erkenntnis, dass Ihre Belastungsfähigkeit Grenzen hat und Sie an diese gestoßen sind?

Eine zu hohe Belastung würde genau das Gegenteil von dem bewirken, was ich eigentlich will. Fünf Kämpfe in einem Jahr ist auch schon eine gute Zahl.

Aber es soll nach dem Kampf am Samstag weitergehen mit Ihrer Karriere. Was gibt es denn noch Größeres als eine deutsche Meisterschaft?

Es soll natürlich danach weitergehen. Ich möchte nicht ewig die GBA-Meisterschaft behalten, sondern es soll in eine andere Richtung gehen. In welche Richtung - das kann ich im Moment nicht sagen. Auf eine zweite deutsche Meisterschaft werde ich mich vermutlich eher nicht fokussieren, sondern eher auf europäische Ebene gehen. Vielleicht schon Ende des nächsten Jahres. Das geht aber nur mit der entsprechenden Unterstützung.

Apropos Unterstützung: Wie wichtig sind viele Fans am Samstag in Plauen?

Verbal haben sich schon 500 Leute angekündigt. Wie viele es in der Halle sein werden, sehen wir am Samstag. Eine gute Unterstützung in der Halle gibt enorm viel Kraft. Das weckt das Tier in dir.

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