Besonders spannend dürfte der Song "Lunch" werden, in dem die Sängerin auf eine prägnante Bassline fast schon betont unschuldig Zeilen haucht wie: "I could eat that girl for lunch" (Ich könnte dieses Mädchen zum Mittag vernaschen).
In einem Interview mit dem Musikmagazin "Rolling Stone" sagte die 22-Jährige gewohnt selbstbewusst und entwaffnend ehrlich: "Ich war schon mein ganzes Leben in Mädchen verliebt, ich habe es nur nicht verstanden - bis ich letztes Jahr gemerkt habe, dass ich gerne mit meinem Gesicht in einer Vagina wäre." Ein wenig leiser gab die junge Frau jedoch später zu, dass ihr vorheriges Outing auf einem roten Teppich im Dezember nicht geplant war und sie dazu tendiere, zu viele Dinge aus ihrem Privatleben mit der Öffentlichkeit zu teilen.
"Eilish braucht kein Queerbaiting"
Manche Stimmen haben Eilish in der Vergangenheit sogenanntes Queerbaiting vorgeworfen, also die bewusste Vermarktung einer Queerness, die in der Realität gar nicht besteht. Musikwissenschaftlerin Holmes machen solche Vorwürfe wütend: "Eilish braucht kein 'Queerbaiting', um ihre Platten zu verkaufen. Das ist eine extrem sexistische, unfaire Kritik." Die Künstlerin sagte selbst, niemand solle unter Druck gesetzt werden, sich labeln zu müssen. "Ich finde doch gerade selbst erst heraus, wer ich bin."
Und dieser Weg führt Eilish anscheinend auch wieder zurück zu ihrem legendären Debütalbum "When We All Fall Asleep, Where Do We Go?" aus dem Jahr 2019 - und damit auch zu düsteren Themen wie Depressionen und Ängste. In einem Interview sagte Eilish, sie habe nach dem Mädchen gesucht, welches sie einmal war.
Die Brücke zum Debütalbum schlägt auch das düster gestaltete Albumcover, welches Billie Eilish allein unter Wasser zeigt. Holmes sagt: "Wir sehen in der Bildsprache eine Kontinuität mit einigen Bildern, die wir von früher kennen: Billie allein in lebensgefährlichen Situationen, eine unbekannte Gefahr außerhalb des Bildes bedroht sie."
Auch die Kalligrafie der beiden Alben ist auffällig ähnlich. Zehn Lieder stehen auf der Trackliste von "Hit Me Hard and Soft", welche wie der Titel selbst allesamt in Großbuchstaben verfasst sind. "Das ist besonders spannend, weil wir Billie Eilish als eher leise Sängerin mit weicher Stimme kennen", sagt Holmes. Sie sei jedoch auch für Kontraste bekannt. "Vielleicht ist es auch ein: 'Triff mich hart mit den Großbuchstaben und weich mit der Stimme'".
"Egal in welche Richtung das neue Album geht, es wird auf jeden Fall nicht langweilig", ist sich von Krogh sicher, was das Werk der beiden Geschwister Billie und Finneas betrifft. "Solche Kunst tut der Welt einfach gut. Ich wünsche den beiden alles Glück der Welt."