Kulmbach Ein Feinbäcker als Lebensretter

Von Stefan Linß

Christoph Vejdovsky wird zum Lebensretter vom Ochsenkopf. Doch der Wirsberger bleibt auf dem Teppich. Die Heldentat verdankt er seiner Routine.

 
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Wirsberg/Bischofsgrün - Der richtige Mann am richtigen Ort. Das trifft auf Christoph Vejdovsky gleich in mehrfacher Hinsicht zu. Beruflich ist der Österreicher in der Genussregion Oberfranken bestens angekommen. Als Chef-Patissier zaubert er in Alexander Herrmanns Romantik-Posthotel in Wirsberg die süßen Versuchungen.

Vor wenigen Tagen half der 22-Jährige am Ochsenkopf einem Skifahrer und rettete mit einer professionellen Herzdruckmassage das Leben des Mannes. Vejdovsky war früher als Sanitäter im Einsatz und wusste sofort, was zu tun ist.

Nicht nur die Lust an Dessert-Kreationen, auch das Skifahren liegt Christoph Vejdovsky sozusagen im Blut. Er stammt aus Klosterneuburg in Niederösterreich in der Nähe von Wien. Schon von klein auf wedelte er die Hänge hinunter. "Wir waren oft zum Skifahren bei meiner Oma im Salzburger Land", sagt der 22-Jährige im Gespräch mit der Frankenpost.

Knapp zwei Jahre lebt Vejdovsky nun in Wirsberg. Als Feinbäcker darf er in die Sternegastronomie von Herrmanns Posthotel viele eigene Ideen einbringen. Und in seiner Freizeit treibt er weiterhin gerne Wintersport. Dabei zieht es ihn vom Kulmbacher Land ins Fichtelgebirge nach Bischofsgrün. Dass die Berge dort nicht so hoch sind wie in der Heimat, damit musste er sich eben abfinden.

In Österreich war Vejdovsky nach seiner Ausbildung zum Koch und Kellner, Konditor und Patissier während des neunmonatigen Zivildienstes als Rettungssanitäter tätig. Den Kenntnissen in Erster Hilfe hat er es zu verdanken, dass er jetzt einen Mann zurück ins Leben holen konnte. Der Skifahrer hatte auf der Ochsenkopf-Nordabfahrt eine Herzattacke erlitten.

Vejdovsky macht gerade seine letzten Schwünge, als er unweit der Talstation eine bereits abgesicherte Unfallstelle entdeckt. Im Schnee liegt ein Mann. Zwei Ersthelfer sind zur Stelle. Sie versuchen vergeblich, den Verunglückten anzusprechen. Dessen Atmung hat ausgesetzt, Puls ist nicht mehr zu fühlen.

"Dann hatte ich gleich den bekannten Ablauf im Kopf", berichtet Vejdovsky. Während der Ausbildung zum Rettungssanitäter musste er die Herz-Lungen-Wiederbelebung immer und immer wieder üben. "In Notfallsituationen ist das alles sofort wieder da."

Der 22-Jährige beugt sich über den leblosen Körper und drückt mit beiden Armen regelmäßig auf den Brustkorb. Rund zwei Minuten vergehen, bis die alarmierte Bergwacht eintrifft. Ein Bergwachtler fragt Vejdovsky, ob er sich wohl auskennt. Er lässt den Wirsberger mit der Massage weitermachen und setzt beim Patienten den Beatmungsbeutel an. Ein zweiter Helfer der Bergwacht bringt den Defibrillator. Das Gerät analysiert den Herzrhythmus des Mannes und gibt schließlich drei Stromstöße ab. Dann kehrt die Atmung zurück.

Rettungshubschrauber und Krankenwagen treffen ein. Der Arzt versorgt den Verunglückten, anschließend wird er in die Klinik gebracht. Vejdovsky gilt als Lebensretter und Held. Aber so fühlt er sich nicht. "Was ich getan habe, war wirklich nichts Besonderes", sagt der 22-Jährige. Die Bergwacht, die Sanitäter und Ärzte haben mindestens genauso viel Dank verdient, ist der Wirsberger überzeugt.

Der Österreicher freut sich sehr darüber, dass die Reanimation geklappt hat. Denn in seiner Zeit als Sanitäter war er mit dem Krankenwagen bei ähnlichen Einsätzen. Vejdovsky erinnert sich an drei Fälle, bei denen die Retter zu spät kamen. Das Wichtigste ist, dass Ersthelfer unverzüglich mit der Wiederbelebung beginnen, weiß der Wirsberger. "Sonst ist man chancenlos." Ohne Sauerstoffversorgung nimmt das Hirn des Patienten Schaden. "Nichtstun ist ganz falsch. Hauptsache man hilft", betont Vejdovsky.

Die Mitglieder der Bergwacht waren von dem Ersthelfer ganz angetan und würden ihn gern in die eigenen Reihen aufnehmen. Das wäre zwar schön, lässt sich aktuell aber leider nicht machen, sagt der 22-Jährige. Denn er ist im Beruf stark eingespannt.

Der Gerettete ist mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Seine Familie hat bereits Kontakt mit Christoph Vejdovsky aufgenommen und ihm für seine Tat gedankt. Für sie ist der Wirsberger der Held vom Ochsenkopf - auch wenn er selbst das nicht gern hört.

Was ich getan habe, war wirklich nichts Besonderes.

Christoph Vejdovsky,

Lebensretter

Ersthelfer retten Leben

Das Rote Kreuz in Kulmbach kritisiert, dass ein Großteil der Bevölkerung kaum über Erste Hilfe Bescheid weiß. Mediziner und Sanitäter raten zu einer Auffrischung. In den neuen Kursen müssen die Teilnehmer viel weniger theoretisches Wissen lernen. Stattdessen trainieren sie ausführlich, wie in der Praxis die Herzdruckmassage funktioniert. Auch der Einsatz eines Defibrillators steht bei den Erste-Hilfe-Kursen auf dem Lehrplan.

Neben der Herz-Lungen-Wiederbelebung müssen die Ersthelfer den Druckverband und die Seitenlage beherrschen. Der BRK-Kreisverband Kulmbach weist darauf hin, dass ohne regelmäßiges Üben und Auffrischen die Kenntnisse in Erster Hilfe im Notfall nicht mehr abrufbar sind.

Mittlerweile finden Ersthelfer in vielen öffentlichen Einrichtungen und Firmen einen automatisierten externen Defibrillator (AED). Der plötzliche Herztod gilt als eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Meist tritt zuerst das Kammerflimmern auf. Ein Defibrillator ist ein technisches Gerät, das einen Stromstoß abgibt und das Kammerflimmern beenden und das Herz des Patienten wieder in Gang bringen kann. Wie die Integrierte Leitstelle Bayreuth-Kulmbach mitteilt, setzt sich das Bayerische Rote Kreuz dafür ein, dass Ersthelfer die Frühdefibrillation anwenden. Bereits in mehreren Fällen seien auf diese Weise Menschenleben gerettet worden.

Der Stromstoß eines AED kann vor Eintreffen des Rettungsdienstes und des Notarztes durch geschulte Ersthelfer erfolgen. Wird nicht sofort gehandelt, sinkt pro Minute die Überlebensrate um zehn Prozent. Frühzeitige Defibrillation erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Herzkammerflimmern signifikant, heißt es bei der Rettungsleitstelle. sli

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