Konsumenten halten sich an Drogen fest

Die Konsumentin : Julia K. ist 23 Jahre alt und seit vier Jahren clean. "Mit 14 bin ich zum ersten Mal mit Rauschgift in Kontakt gekommen und habe das ganze Drogen-Abc durchgemacht." Heute versucht sie, mit dem Projekt "Mindzone" ihre Altersgenossen aufzuklären. Für uninformierte Konsumenten, vor allem Jugendliche, seien Legal Highs eine bequeme Alternative zu anderen Substanzen. Die Stoffe kämen per Post bis an die Haustür, niemand laufe Gefahr, von der Polizei bei einer Beschaffungsfahrt aufgegriffen zu werden. Aber die Wirkung sei nur schwer einzuschätzen, selbst von regelmäßigen Konsumenten. "Ich kenne Leute, die toujours auf Droge sind, aber bei Legal Highs klappen sie zusammen", sagt Julia. Viel wichtiger für sie ist aber die Frage nach den Gründen für den Drogenkonsum. "Ich habe mich hinter den Drogen versteckt und etwas gesucht, an dem ich mich festhalten kann." Viele Jugendliche litten unter dem, auch von ihren Eltern, auferlegten Leistungsdruck. Oft fehlten feste Strukturen wie Familie, Freunde und Vereine. "Ganz viele Jugendliche fragen sich, was sie eigentlich wert sind", sagt die 23-Jährige und findet: "Eltern müssen mehr für ihre Kinder da sein."


Kliniken beobachten bleibende Psychosen

Der Sozialpädagoge : Ulrich Steiner ist in der Suchtkrankenhilfe der Bezirksklinik Rehau tätig. Mittlerweile habe in der Entgiftungsstation die Zahl der Legal-High-Abhängigen die der Crystal-Konsumenten überstiegen. Der Gebrauch der bunten Kräutermischungen führe genauso in die Abhängigkeit wie der Konsum anderer Drogen. "Diese synthetischen Stoffe führen sehr schnell in eine starke Abhängigkeit", sagt Steiner. Zudem erkennt er einen Trend zur Verharmlosung. "Die Konsumenten gehen anders mit diesen Legal Highs um als etwa mit Crystal." Das berge das Risiko einer Überdosierung. Entzugspatienten litten unter Panikattaken, Verwirrtheit, Herzrasen, beschäftigten sich nicht selten mit Suizidgedanken. "Die Gefahr besteht, dass die Psychosen dauerhaft bleiben", sagt Ulrich Steiner. Gefährlich sei zudem, dass Patienten auch im Entzug leicht an die Rauschmittel kommen. "Diesem Thema müssen wir uns stellen."


Justiz hinkt einen Schritt hinterher

Der Staatsanwalt : Die Situation ist sehr unübersichtlich, sagt der Hofer Oberstaatsanwalt Armin Zuber. Denn in Deutschland sind nur die Drogen verboten, die explizit in der Anlage zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG) aufgelistet sind. Wird ein Stoff in die Liste aufgenommen, taucht schon bald ein neuer psychoaktiver Wirkstoff in den Legal-High-Produkten auf. Durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) sei außerdem untersagt worden, Verkauf und Erwerb von Legal Highs mit dem Arzneimittelgesetz zu verfolgen. Der EuGH begründet dies damit, dass Arzneimittel der Gesundheit förderlich sind. "Und das ist bei diesen Stoffen nicht der Fall", sagt Armin Zuber. So könne in der Tat der Erwerb von Legal Highs straffrei bleiben - wenn die Inhaltsstoffe nicht dem BtMG unterliegen. "Aber das ist für den Käufer nicht ersichtlich." Hier baut Armin Zuber auf das vorläufige Tabakgesetz. Der 40 Jahre alte Gesetzestext besagt sinngemäß, dass Rauchwaren nur der verkaufen darf, der die Erlaubnis dazu hat. "Damit können wir nur die Händler verfolgen", erklärt Zuber. Aber jeder, der mit einem bunten Tütchen erwischt wird, müsse mit einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen das BtMG rechnen.


Polizei warnt vor sorglosem Umgang

Der Kriminalpolizist
: Thomas Schmalfuß ist Hauptkommissar und der Drogenpräventionsbeamte der Kripo in Hof. Er warnt vor einem sorglosen Umgang mit Legal Highs. "Es gibt über 1500 verschiedene Produkte, und keiner weiß, was drinsteckt." Die Herstellung der Substanzen finde keineswegs unter sterilen Bedingungen statt. "Die Inhaltsstoffe werden in Betonmischern vermengt, ausgeschüttet, zusammengekehrt und in Tütchen verpackt." Da sei die Gefahr natürlich groß, dass die Wirkung des ersten Päckchens nicht mit der des zweiten zu vergleichen ist. Oft würden sich die psychoaktiven Substanzen am Boden absetzen, was die Dosierung zusätzlich erschwere. "Viele wachen im Krankenhaus auf, manche überhaupt nicht mehr." Alarmierend nennt er den Drogenbericht der Bundesregierung, wonach die Todesfälle nach Konsum von Legal Highs im vergangenen Jahr um das Fünffache gestiegen sind. G.P. Fotos: Gerd Pöhlmann