Kulmbach SEK-Einsatz schockt ein kleines Dorf

Von Stefan Linß
Durch die Tür dieser Gastwirtschaft in Wartenfels stürmen bewaffnete Polizisten. Blitzschnell verhaften sie einen Mann, der hinter dem Fenster sitzt. Foto: Linß Quelle: Unbekannt

Nach der Explosion mit einem Toten in Losau stürmt ein Sondereinsatzkommando der Polizei ein Lokal in Wartenfels und nimmt einen Mann fest. Der Verdacht gegen ihn bestätigt sich nicht. Er ist wieder auf freiem Fuß.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wartenfels/Losau - Eine Szene wie aus dem Fernsehen versetzt Wartenfels in Schrecken. Mit vorgehaltenen Maschinenpistolen dringen sechs Männer des Sondereinsatzkommandos (SEK) der Polizei in den Gasthof zur Post ein. Blitzschnell nehmen sie einen 31-Jährigen fest, der im Zusammenhang mit der Explosion in Losau stehen soll. Nach kurzer Haft ist klar: Der Verdacht lässt sich nicht aufrechterhalten. Mittlerweile ist der Mann wieder auf freiem Fuß. Am Sonntag war in Losau bei Rugendorf ein 23-Jähriger ums Leben gekommen, weil er, wie berichtet, mit Schwarzpulver hantiert hatte.

Die Explosion gegen 12.30 Uhr erschütterte Losau. Die Rettungskräfte konnten nichts mehr tun. Der junge Mann erlag seinen schweren Brustverletzungen. Sofort ermittelt die Kriminalpolizei gegen einen Bekannten des Verstorbenen. Der 31-Jährige wohnt im Nachbarort Wartenfels und soll mit dem Losauer öfters im Streit gelegen haben. Angeblich hat der 23-Jährige den Wartenfelser auch mit einer Waffe bedroht.

Den gesamten Sonntag observieren die Beamten den 31-Jährigen, weil sie glauben, dass er mit dem Unglück in Losau etwas zu tun haben und ebenfalls Sprengstoff besitzen könnte. Der Polizeieinsatz bleibt in dem Frankenwaldörtchen nicht unbemerkt. Einwohner glauben zuerst aber eher an eine Verkehrsüberwachung als an einen bewaffneten Einsatz der speziell ausgebildeten Polizisten.

Beamte durchsuchen mit Hunden das Haus des Verdächtigen auf Waffen und Sprengstoff. Sie finden nichts. Der 31-Jährige besucht mit Bekannten ein Wirtshaus, macht sich am Abend auf den Weg in eine andere Kneipe, den Gasthof zur Post. Dort will er etwas essen. Doch die Spezialeinheit ist schneller als das Schnitzel und schlägt zu.

Pistolen im Anschlag

Ein Beamter in Zivil betritt gegen 21 Uhr unter einem Vorwand die Gaststätte, um sich dort unauffällig umzusehen. Wenige Minuten nachdem er die Kneipe wieder verlassen hat, knallt die Tür auf. Sechs maskierte Polizisten mit schusssicheren Westen stürmen herein, sichern mit den Maschinenpistolen im Anschlag alle Ecken der Kneipe.

"Hände auf den Tisch!", rufen die Männer des SEK. Der Verdächtige sitzt gleich um die Ecke zur Eingangstür auf dem vorderen Stuhl. Ein Polizist drückt den Kopf des 31-Jährigen auf den Tisch und legt ihm Handschellen an. Währenddessen richten die Polizisten ihre Waffen auf die anderen Gäste. Der rote Punkt eines Laser-Zielgerätes zeigt auf die Stirn eines Tischnachbarn des 31-Jährigen. Der Zugriff dauert nicht lange, dann sitzt der Wartenfelser im Polizeiauto, das vor der Tür wartet. Noch eineinhalb Stunden vernehmen die Beamten die Zeugen im Wirtshaus.

Ein Tag in U-Haft

Der Verdächtige sitzt bis Montag in Untersuchungshaft. Dann ist der Polizei klar, dass der 31-Jährige mit dem Explosionsunglück in Losau nichts zu tun hat.

Noch immer sucht die Polizei nach dem Grund der Detonation im Zimmer des Verstorbenen. Wie Polizeisprecher Kai Hoffmann bestätigt, prüft eine gemeinsame Ermittlungsgruppe der Kripo Bayreuth und des Landeskriminalamtes unter der Leitung der Staatsanwaltschaft alle Möglichkeiten. "Am Unglücksort haben wir einen Akku, Metallgegenstände und Drähte gefunden", sagt Hoffmann. Aus Silvesterböllern und Munition soll der Losauer Schwarzpulver gewonnen haben.

Wie der Polizeisprecher zudem erklärt, soll der Verstorbene "ein nicht organisierter Sympathisant der rechten Szene" gewesen sein. Gegenstände, die die Polizei in dem Einfamilienhaus gefunden hat, lassen auf diese neuen Erkenntnisse schließen. Ob die politische Gesinnung des 23-Jährigen etwas mit der Explosion zu tun hat, sei weiterhin unklar. "Wir wollen nichts ausschließen. Aber man kann deshalb noch lange nicht von einem rechtsextremistischen Hintergrund reden", sagt Hoffmann.

Bereits am Donnerstag vor der Explosion hatte die Polizei, wie berichtet, das Haus des Losauers durchsucht und dabei genehmigungsfreie Waffen, verschiedene Substanzen und Silvesterböller gefunden.

"Die Motivation des 23-Jährigen kennen wir nicht", sagt auch der leitende Oberstaatsanwalt Thomas Janowsky gegenüber der Frankenpost. "Es gibt viele Überlegungen. Wir werden weiter sorgfältig prüfen." Eine organisierte rechte Szene gebe es im Umfeld des Opfers nicht. Ob die Explosion aus Versehen geschah oder womöglich doch ein Suizid war, sei nur sehr schwer zu klären.

Als Folge der Ermittlungen prüfte die Polizei schließlich den 31-jährigen Wartenfelser, berichtet Janowsky. Die Untersuchung habe keine strafrechtlich relevanten Ergebnisse gebracht. "Wir hatten nach der Explosion einen Verdacht. Dem mussten wir nachgehen. Der Verdacht hat sich nicht bestätigt", sagt der Bayreuther Oberstaatsanwalt.

Entschuldigung vom SEK

Um eine Gefährdung der örtlichen Polizeibeamten auszuschließen, sei das SEK angefordert worden. Die spektakuläre Verhaftung werden die Wartenfelser so schnell nicht vergessen. Immerhin haben sich die SEK-Beamten für ihren stürmischen Auftritt bei der Wirtin entschuldigt.