Seit 8.30 Uhr wird vor der Jugendkammer des Landgerichts Bayreuth verhandelt. Zum dritten Mal hörte der inzwischen 37-Jährige die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Hof aus dem Jahr 2003, die ihm vorwirft, am 7. Mai die damals neunjährige Peggy Knobloch in Lichtenberg umgebracht zu haben. Der sexuelle Missbrauch von Kindern, der ihm im Hofer Verfahren noch zur Last gelegt worden war, ist nicht Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens.

Verteidiger Michael Euler hat bereits im Vorfeld des Verfahrens angekündigt, dass sich sein Mandant nicht zu den Vorwürfen äußern wird. Dafür gibt Anwalt Euler eine länger Erklärung zum Lebenslauf von Ulvi Kulac und zu den Vorwürfen ab.

Zurückhaltender Applaus, als Ulvi K. den Gerichtssaal betritt. Am Prozess nimmt auch Peggys leiblicher Vater Mario S. teil.


Bereits seit 6 Uhr warteten Journalisten und Zuschauer vor dem Bayreuther Landgericht auf den Prozess, der um 8.30 Uhr begonnen hat.

In einer rund einstündigen Stellungnahme hat sich Ulvis Verteidiger Michael Euler überaus kritisch mit der Arbeit der Ermittler in diesem Fall auseinander gesetzt. Sie habe ein " fehlerhaftes und mehr als fragwürdiges Ermittlungsergebnis" dem Hofer Gericht vorgelegt. Alles, was Kulac entlasten könnte, sei weggelassen worden. Zum Geständnis sei es nur gekommen, weil die Kripobeamten Kulacs panische Angst missbraucht hätten. Euler warf den seinerzeitigen Vernehmungsbeamten vor, seinen Mandanten eingeschüchtert und "gefoltert" zu haben.

Dies rügte Staatsanwältin Sandra Staade als sprachliche Entgleisung. Sie wies darauf hin, dass kein einziger der Beamten in beiden Sonderkommissionen im Fall Peggy in der umstrittenen Reid-Methode bei der Vernehmung von Beschuldigten geschult gewesen sei.

Mario S. , der leibliche Vater von Peggy, verteilte heute Morgen das Bild einer hübschen jungen Frau vor dem Gerichtssaal. Es soll zeigen, wie Peggy heute ausgehen könnte.


Als ersten Zeugen hört das Gericht den Ermittlungsrichter, der den ehemaligen Belastungszeugen H. vernommen hatte. H. hatte Ulvi Kulac im Auftrag der Polizei im Bezirkskrankenhaus Bayreuth ausgehorcht. Ende 2010 nahm er die Belastung zurück und behauptete dafür, dass ihn die Soko Peggy bedrängt habe Ulvi zu belasten. Der "Schlimmste" sei der Soko-Leiter gewesen. Dafür sei ihm die Freiheit versprochen worden. Ulvi selbst habe jedoch nie einen Mord eingestanden.H. kann nicht als Zeuge gehört werden, da er wenig später an einem Hirntumor starb.

Am Donnerstagnachmittag befragt das Gericht zwei junge Männer aus Lichtenberg. Sie hatten 2001 als damals Neunjährige bei der Polizei angegeben, dass sie Peggy gesehen hätten, wie sie vor einer Bäckerei in ein rotes Auto gestiegen war - lange nachdem Ulvi sie umgebracht haben soll. Später hatten sie diese Aussage widerrufen. Die Polizei habe sie unter Druck gesetzt, sagte einer beiden Lichtenberger vor Gericht. In getrennten Vernehmungen hätten die Beamten gesagt, dass der jeweils andere schon zugegeben habe, gelogen zu haben. Deswegen habe er Angst bekommen, Ärger mit der Polizei zu bekommen und ebenfalls widerrufen. Der damalige Drittklässler sagte vor Gericht auf die Frage, ob es Peggy gewesen sei, die in das Auto eingestiegen sei: "Da bin ich mir sicher."

Alle weitere Details, die ihm Staatsanwältin Sandra Staade aus den damaligen Vernehmungen vorhielt, waren ihm aber entfallen. Einer der Jungen, heute Student, sagte, dass es ihm heute missfalle, wie mit Ulvi Kulac trotz seiner Aussagen umgesprungen worden sei. Wörtlich meinte er: " Ich hoffe, dass jetzt die Wahrheit durchkommt."

Resümee: Am ersten Tag des Wiederaufnahmeverfahrens zum Verschwinden und mutmaßlichen Tod von Peggy Knobloch haben drei Zeugen erklärt, dass sie das Mädchen noch am Nachmittag des 7. Mai gesehen haben. Damit entlasteten sie den Angeklagten Ulvi Kulac, der das damals neunjährige Mädchen der Anklage zufolge kurz nach 13 Uhr getötet haben soll. Das Landgericht Hof hatte Kulac im April 2004 wegen Mordes verurteilt. Es war davon ausgegangen, dass Kulac damit eine Vergewaltigung verdecken wollte.



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