"Das bürgerschaftliche Engagement macht unsere Städte und Dörfer überhaupt erst lebenswert", sagt der Landrat. Um die Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, hat der Landkreis eine Koordinierungsstelle Bürgerschaftliches Engagement (KoBe) eingerichtet. Heike Söllner ist hauptamtlich dafür verantwortlich, Vereine und deren Ehrenamtliche zu beraten. So betreibt sie etwa eine Bürgerengagement-Börse, bei denen Organisationen und Ehrenamtliche erste Kontakte knüpfen können. Zudem organisiert sie Schulungen zu den Themen Datenschutz, rechtliche Grundlagen oder Versicherung. Diese Informationsveranstaltungen haben einen großen Zulauf, denn die bürokratischen Hürden wachsen stetig. "Einen Verein zu führen, ist wie die Leitung eines Unternehmens", sagt sie.
Viele Menschen engagieren sich in ihrem direkten Umfeld - dem Dorf oder der eigenen Gemeinde - ehrenamtlich. "Die Menschen stehen zusammen und wollen etwas direkt vor ihrer Haustüre bewegen", erzählt Söllner. Dabei entstehen Freundschaften. Die Mitglieder merken, dass sie etwas verändern können. Das sei für viele Menschen die größte Motivation, sich unentgeltlich in ihrer Freizeit zu engagieren. Aus Söllners Sicht sind Ehrenamtliche "unendlich" wertvoll. "Wenn man die Stunden hochrechnet, in denen Freiwillige unentgeltlich arbeiten, wäre das für den Staat niemals bezahlbar." Als Beispiel nennt sie die 3500 Feuerwehrmitglieder, denn die Wehren in der Region bestehen aus ehrenamtlichen Kräften. "Unsere Gesellschaft funktioniert nur so, das Ehrenamt macht unser Land stark."
Während sich immer mehr Vereine und Gruppen auflösen, weil ihnen die Mitglieder fehlen, ist die Zahl der ehrenamtlich Tätigen in den vergangenen fünf Jahren sogar deutlich gestiegen. Was im ersten Moment widersprüchlich klingt, hat für Söllner einen einfachen Grund: Gerade im Jahr 2015 entdeckten im Zuge der Flüchtlingswelle immer mehr Menschen das Ehrenamt für sich, sie engagierten sich meist nur kurzfristig und projektbezogen. "Der Umgang mit den Flüchtlingen zeigte sehr eindrücklich, wie gut unsere Gesellschaft ohne Zutun des Staates funktioniert." So schnell wie das Ehrenamt hätte es aus Söllners Sicht keine andere Organisationsform geschafft, die über eine Million Flüchtlinge zu versorgen und zu betreuen.
Trotzdem bleiben in vielen Vereinen Vorstandspositionen unbesetzt, zahlreiche Gruppen und Chöre lösen sich auf. Die bürokratischen Herausforderungen steigen, viele Ehrenamtliche sind verunsichert. "Der Gesetzgeber muss handeln, damit Engagement wachsen und gedeihen kann", sagt die Ehrenamtsbeauftragte. Das sei nur möglich, wenn die Rahmenbedingungen auch stimmen. Aus Söllners Sicht werden die Vereine auch in Zukunft bestehen, wenn sie ihr Angebot nur entsprechend anpassen und sich auf die Bedürfnisse des Nachwuchses einstellen. "Viele Gesangvereine stellen mangels Singstimmen ihre Arbeit ein, andere jedoch locken immer mehr Mitglieder an, wenn sie ihr Angebot moderner gestalten."
Laut einer Umfrage für den sogenannten Deutschen Freiwilligensurvey zum Thema Ehrenamt engagiert sich jeder fünfte Ehrenamtliche im Bereich Sport und Bewegung, jeder Zehnte im sozialen Bereich, Kultur oder im sozialen Bereich. Einer von 20 Befragten war in einer Hilfsorganisation wie der Feuerwehr oder dem Roten Kreuz tätig.