Frank Wilzok (CSU), in dieser Periode zweiter Bürgermeister, ist derjenige, der als erstes für eine Vertretung gerufen wird, wenn Ingo Lehmann im Urlaub ist oder krank werden sollte. Er hat weder an der Beratung noch an dem Beschluss der Erhöhung mitgewirkt und wartete währenddessen ebenso wie sein Bürgermeisterkollege Dr. Ralf Hartnack (WGK) und Stadtratssenior Dr. Hans Hunger (WGK) vor der Tür. Zur Erhöhung steht Frank Wilzok aber dennoch. Mit der Bezahlung für den zweiten und dritten Bürgermeister habe die Stadt Kulmbach eine Anpassung an andere fränkische Städte vorgenommen. "Wesentlich kleinere Städte haben in den vergangenen Jahren ihren Bürgermeistern deutlich mehr bezahlt." Jetzt sei man einem Vorschlag des Städtetags gefolgt und habe sich daran orientiert, was bislang in Forchheim Geltung hatte. "Wenn man schaut, was in Lichtenfels oder auch in Kronach bezahlt wird, sieht man, dass Kulmbach in den vergangenen 13 Jahren sicher in Bayern im unteren Drittel gewesen ist." Ist eine Erhöhung in Zeiten bald leerer Kassen zu vertreten? "Wir verzichten auch im Stadtrat auf eine Erhöhung der Sitzungsgelder. Aber man muss auch sehen, dass das, was in Kulmbach jahrelang gemacht wurde, hinter anderen Gemeinden zurückbleibt. Den Oberbürgermeister zu vertreten ist mehr als nur einen Blumenstrauß zu überreichen."
Das unterstreicht auch CSU-Fraktionsvorsitzender Dr. Michael Pfitzner. Oberbürgermeister Ingo Lehmann habe signalisiert, dass die Verantwortung für die Stadt breiter angelegt werden solle und müsse. Deswegen sei unter anderem auch die Rolle der Verbandsräte gestärkt worden. "Gleiches gilt für die weiteren Bürgermeister, die in den nächsten Jahren sicher stärker gefordert sein werden. Deswegen erscheint eine Erhöhung insgesamt gerechtfertigt."
Man sei einem Vorschlag gefolgt, der aus der Verwaltung gekommen ist, sagt dritter Bürgermeister Dr. Ralf Hartnack. Doch auch er ist nachdenklich geworden und macht für sich persönlich einen Vorschlag: "Ich überlege, ob ich für den wahrscheinlich nicht auftretenden Fall der Vertretung durch meine Person auf meine Tagespauschale verzichte und sie entweder an den städtischen Haushalt zurückbezahle oder einer gemeinnützigen Einrichtung spende."
Oberbürgermeister Ingo Lehmann versteht nicht, warum es nach dem mit großer Mehrheit gefassten Beschluss jetzt Zweifel gibt. Alle Beschlussvorlagen seien im Personalamt ausgelegen. Jeder Stadtrat hätte sich dort informieren können. "Aber dazu muss auch die Bereitschaft vorhanden sein." Am Ende sei nichts anderes beschlossen worden als in der Beschlussvorlage stand. Seit 2014 seien die Bezüge für seine Stellvertreter nicht mehr angepasst worden, gibt Lehmann zu bedenken. Und was die Höhe der Vergütungen angeht, hänge das ja auch von der Zahl der Vertretungstage ab, die für ihn anfallen. "Vielleicht nehme ich ja die 30 Tage Urlaub gar nicht."
Beide Stadträte der AfD haben, anders als der Rest des Stadtrats, gegen die Erhöhung der Stellvertreter-Bezüge gestimmt. "In der aktuellen Situation, in der für viele Menschen die Existenznot sehr groß ist, sind Erhöhungen, egal wo, nicht angebracht", sagt Georg Hock. Deshalb habe er wie auch sein Kollege dagegengestimmt. "Das passt aktuell nicht in die politische Landschaft."
Stadtratsmitglieder, die lieber nicht namentlich zitiert werden wollen, werden noch deutlicher. Einer sagt, die Erhöhung zu diesem Zeitpunkt sei mehr als politisch ungeschickt. Er habe aber nicht gleich in der ersten Sitzung ein Fass aufmachen wollen. Ein anderer argumentiert, dass er wohl schlecht gegen eine Erhöhung habe stimmen können, die das eigene Lager betrifft und spricht von einem "Dilemma". Von anderer Seite wird gemutmaßt, Ingo Lehmann brauche Mehrheiten, die habe er sich auf diese Weise sichern wollen.
Geschickt eingefädelt worden sei dieses Thema, meint ein weiteres Stadtratsmitglied. Irgendwie fühle er sich auch ein wenig über den Tisch gezogen und hätte sich gewünscht, dass in der Information, die das Gremium in der Sitzung erhalten hat, nicht die tatsächlich moderate Erhöhung der monatlichen Grundvergütung um 100 beziehungsweise 50 Euro im Vordergrund gestanden hätte, sondern die Auswirkung, die die Vertretungs-Tagespauschale haben wird. "Wir werden da künftig besser aufpassen müssen", zieht einer der Stadträte Bilanz aus einer Entscheidung, die seiner Meinung nach "in die Hose gegangen ist."