Wernstein Fürchterlich Humorvolles

Rainer Unger
Siggi Michl, Klaus Metzler und Manfred Grabolle (von links) begeisterten die Besucher am Samstagabend im alten Schäferhaus. Foto: Rainer Unger

Das alte Schäferhaus in Wernstein erklingt wieder. Zu Gast sind gute Bekannte: Siggi Michl, Klaus Metzler und "Bolle" Grabolle.

 
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Wernstein - Sie singen von den zwischenmenschlichen Beziehungen eines Ehepaars mittleren Alters, davon, dass sie und er im Urlaub andere Interessen haben, davon, wenn eine solche Beziehung endet, aber auch davon, wenn eine neue sich anbahnt und sie sangen sich damit am Samstag in Wernstein in die Herzen des Publikums: Das Duo Siggi Michl und Klaus Metzler, dieses Mal verstärkt durch Manfred "Bolle" Grabolle, begeisterte die Besucher mit dem nahezu dreistündigen neuen Programm "Geht’s nuch?!" im Garten des alten Schäferhauses.

Nächste Konzerte

4. Juli: "Celtic Spirit & Songs" mit Andy Lang; 19. Juli: Songpoet Buddhi und seine fahrenden Ritter aus Berlin. Beginn ist jeweils 20 Uhr. Weitere Informationen unter altesschaeferhaus.de


Es war nicht nur die Eröffnung der Konzertsaison von Marion Rohr und Enzio Frohmader, sondern wohl auch das erste Konzert nach dem coronabedingten Lockdown im Landkreis Kulmbach. So war die Stimmung unter den rund 80 Besuchern von Anfang an auch bestens, konnten sie doch nach Monaten endlich wieder einmal Musiker live genießen und dies dazu in dem wunderschönen Ambiente des alten Schäferhauses. An der allseits guten Laune änderte auch die Tatsache nichts, dass just zu Konzertbeginn ein Gewitterschauer niederging, sodass das Trio seine Instrumente zunächst mal wieder im Inneren des Gebäudes in Sicherheit bringen musste. Mit einer halbstündigen Verspätung ging es dann aber los.

Vom Treten in Fettnäpfchen und von unerwarteten Wendungen handeln oft die Texte, die es an dem Abend zu hören gibt, erläuterte Siggi Michl (Gitarre), der für fast alle Texte verantwortlich zeichnet und vom dem bei manchen Liedern auch die Musik stammt. Ansonsten müssen die Melodien von Klassikern der Musikgeschichte herhalten oder auch Traditionals, die neu arrangiert wurden. Auch für den Gesang ist Siggi Michl meist zuständig. Da ging es beispielsweise in einem "nicht frauenfeindlichen Lied" um "a Fraa am Steuer" oder um Badefreuden am Hofer Untreusee, die laut Siggi Michl zum Wetter passen: "Geduscht habt ihr ja scho!" Nach einigen Stücken gab es ein "Happy Birthday" für Manfred Grabolle, der nicht nur Akkordeon oder Tenor-Saxofon spielte, sondern an dem Tag auch noch Geburtstag hatte. Über die Unannehmlichkeiten mit Plagegeistern wie Spinnen, Milben, Ameisen, Mäusen und Ratten und ähnlichem Getier ging es im Stück "Viecher" und das passte wunderbar zum Abend, denn bei einer hohen Luftfeuchtigkeit fanden bei Einbruch der Dunkelheit unzählige Schnaken in den Konzertbesuchern wunderbare Opfer.

In dem erst einige Wochen alten Stück "Wie geht’s?", das Siggi Michl "in der stillen Zeit" eingefallen ist, geht es um den Wechsel der Jahreszeiten, aber auch ums Leben und Sterben. Der Blues "Acker" behandelt eine Liebesgeschichte, die vorbei ist und der nachfolgende Klezmer "Grein hald ned" blieb bei dem Thema. Mit einer beschwingt-heiteren Melodie und der aufbauenden Aufforderung "Etz mach mers uns schee" besang Siggi Michl die Schönheit des Daseins. Dass man alles nicht so eng sehen soll, verdeutlichte Klaus Metzler (Kontrabass, Tuba, Mundharmonika) im von ihm stammenden "Rutsch mer’n Buckel runter" ausnahmsweise mal als Sänger.

Fast alle, meist sehr melodischen Lieder zeichnen sich durch humorvolle, witzige, intelligente Texte aus, auch wenn darin "fürchterliche Begebenheiten" beschrieben werden, wie in einem, in dem ein Mann erst den Volltreffer im Lotto landet, um unmittelbar darauf das Leben zu verlieren, oder ein anderer auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wird und direkt danach bekannt wird, dass er unschuldig war. "Bei "Grüablao" verliebt sich Siggi Michl in ein Mädchen mit grünblauen Haaren und grünblauen Augen, um vom dazukommenden, muskelbepackten Freund seiner Traumfrau anschließend "grüablao" geschlagen zu werden.

Das Trio zeichnete sich in Wernstein durch eine ungemeine Spielfreude, durch seine leidenschaftlich und geradezu enthusiastisch präsentierten Lieder aus, in denen immer wieder auch Platz fürs Improvisieren war. Köstlich verstanden die drei es, Emotionen zu vermitteln, beispielsweise als sich Siggi Michl in "Du bisd so scharf" in Erregung und Begierde geradezu hineinsteigerte und das Publikum sich fast nicht mehr ein bekam. Den Zugabe-Rufen kamen die Musiker gerne nach und zum allerletzten Lied "Loß mers bleim" nach der Melodie "Let it be" von den Beatles erstrahlte im Garten des alten Schäferhauses ein Lichtermeer aus Kerzen und Feuerzeugen, die die Besucher in die Höhe hielten. Ein wirlich gelungener Auftakt der Sommersaison 2020.

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