Als 2014 die ersten Kontingent-Flüchtlinge nach Lorenzreuth kamen, setzte sich Youssef in sein Auto, fuhr hin und tat, was getan werden musste: erklären, übersetzen, vermitteln. "Das habe ich einfach von Herzen gemacht." Damals hatte er zwar noch keine offizielle Funktion, doch seine Fähigkeit als Mittler zwischen beiden Welten sprachen sich bei Neuankömmlingen wie Einheimischen aus dem Helferkreis gleichermaßen schnell herum.
Die arabische Kultur, erklärt Youssef, sei in 26 Ländern fast gleich, die Unterschiede in der Mentalität seien gering, vergleichbar mit denen zwischen Deutschland und Österreich. Egal, welcher Nationalität ein Migrant aus dem arabischen Raum angehöre - "ich verstehe, wie die Menschen denken, und kann einen Dialog führen."
Das gilt bis heute und prädestiniert ihn für seine Arbeit als Integrationsbeauftragter der Stadt Marktredwitz. Gebe es beispielsweise Probleme mit einem arabischen Kind in der Schule, brauche er nur ein Gespräch mit dem Eltern zu führen, um den Knackpunkt herauszufinden. "Ich weiß ja ganz genau, wie es zu Hause läuft." Gemeinsam mit der Familie und den Bildungsträgern sucht der Sozialpädagoge, der in Kairo schon an Schulen gearbeitet hat, nach Verbesserungsmöglichkeiten.
Finanziell steht Youssefs Engagement seit Mitte 2016 auf festem Grund: Über das Integrationsprojekt "Come together - Wir l(i)eben Vielfalt" des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bekam der Sozialpädagoge eine feste Stelle in der Stadt Marktredwitz, zunächst mit Sitz im neuen Rathaus. Im vergangenen Jahr bezog er das barrierefreie Integrationsbüro in der Fabrikgasse 3 in Dörflas, hier soll später auch ein Sozialzentrum entstehen.
Wichtigste Aufgabe ist die Beratung von Migranten - Zuwanderer mit russischen, tschechischen oder mazedonischen Wurzeln sind ebenso darunter wie mit syrischen. "Das deutsche System ist für Menschen aus anderen Kulturen nicht einfach zu verstehen", sagt Youssef. Ziel ist, viele Jugendliche in eine Ausbildung zu bekommen und ihnen den Zugang zu Bildung und Begegnung zu ermöglichen. Eine wichtige Rolle bei der Integration spiele auch der Sport: Deshalb ist Youssef froh darüber, dass etliche Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in Marktredwitzer Vereinen aktiv sind.
Inzwischen ist der Integrationsbeauftragte der Stadt Marktredwitz mit über 60 Partnern in ganz Bayern vernetzt. Egal, in welchem Bereich es Probleme gibt - vom Jobcenter über die Arbeitsagentur, das Sozialamt, die Schulen und die Bildungsträger kennt der Integrationsbeauftragte Ansprechpartner, die weiterhelfen können. Auch in Ämtern und Einrichtungen funktioniere heute vieles schneller und reibungsloser als noch vor fünf Jahren, als die Erfahrung fehlte. Und die Gesellschaft habe ebenfalls längst bewiesen, dass sie bereit sei, zu helfen. Insofern habe sich Angela Merkels berühmter Satz "Wir schaffen das" bewahrheitet, findet Youssef.
Wie geht der Integrationsbeauftragte mit Ressentiments um? "Feindlichkeit haben wir hier nicht", sag Youssef. Manches stelle sich zwar für Migranten so dar, tatsächlich handle es sich aber um Missverständnisse, verursacht von einer unterschiedlichen Wahrnehmung. Das beste Rezept dagegen sei, viel über die andere Kultur zu erfahren: "Es ist sehr wichtig zu wissen, wer mein neuer Nachbar ist und wie er denkt."