Naila Abschluss mit der 200. Corona-Andacht

Sandra Hüttner
Bei der - vermutlich letzten - Corona-Andacht in Bobengrün haben auch die Nachwuchsmusiker Adrian und Helena Wages mitgewirkt. Foto: Hüttner Quelle: Unbekannt

Seit dem Lockdown trafen sich an jedem Abend an der Hauptstraße Bobengrüner und Gäste zu Gesang und Gebet. Nun setzt die Witterung den Treffen zunächst ein Ende.

 
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Bad-Steben-Bobengrün - Die "Corona-Andachten - für uns und die ganze Welt" sind mit der 200. Folge in die Winterpause gegangen. "Wir hoffen, dass es danach nicht wieder losgehen muss, weil Corona vorbei ist beziehungsweise, falls es noch grassiert, besser eindämmbar ist", erklärte der Initiator und Organisator, Pfarrer im Ruhestand Joachim Musiolik, den seine Ehefrau Renate dabei unterstützte.

Alles begann klein und im privaten Kreis, bei geöffneter Terrassentür, zu Beginn des Lockdowns. "Wir musizierten oder besser wir übten das Spiel am Keyboard", erzählt Joachim Musiolik schmunzelnd. Nachbarin Rosalind Köhn fragte, ob sie mit der Gitarre mitspielen könne. Warum nicht? Gemeinsam macht es noch mehr Spaß - aber selbstverständlich mit Abstand. Es blieb nicht bei dem kleinen Kreis: Am 23. März fand die erste offizielle Corona-Andacht in der Hauptstraße in Bobengrün statt - bis jetzt genau 200 Mal, immer für 15 Minuten, pünktlich um 19 Uhr. Durchschnittlich kamen 20 Personen, nicht nur aus der Nachbarschaft und aus Bobengrün, sondern auch darüber hinaus, zum Beispiel aus Bad Steben Monika Spörl und Roswitha Wunder: Sie überreichten zum Abschied mit einem Dankeschön einen Teddy an das Ehepaar Musiolik.Die Bobengrüner dankten mit einem einen "Vitaminstrauß". Brigitte Kahlenborn aus Naila übernahm, wie schon viele Mal zuvor, die musikalische Begleitung mit der Flöte beim Lied "Der Mond ist aufgegangen". Pfarrer Musiolik trug jedes Mal die Tageslosung vor und hielt eine darauf aufbauende Andacht. Nun hatte er allerdings das Losungsbüchlein verlegt. "Also singen wir erst einmal das Lied", meinte Musiolik. Doch Nachbarin Rosalind Köhn holte schnell ihr Losungsheft, und weiter ging’s mit dem abendlichen Ritual: gemeinsam singen, der Andacht zuhören und beten in der schweren Zeit der Corona-Pandemie.

Zur Sonntags-Corona-Andacht kamen immer Carmen Bäumler und Susanne Färber mit Posaune und Trompete vorbei - so auch bei der 200. Auflage. Mit dabei waren auch die jungen Bobengrüner Nachwuchsmusiker Helena und Adrian Wages mit ihren Gitarren. Premiere hatte zum Abschied der "Corona-Andachten" das neue E-Piano, das Pfarrer Musiolik extra bestellt hatte - doch es hatte sieben Wochen Lieferzeit. Felix Hoppert aus Naila weihte mit gekonntem Spiel das Instrument ein.

Unter den Gästen weilte auch der über die Gemeindegrenzen hinaus bekannte Adolf Hägel, der Pfarrer Musiolik nicht nur mit Worten dankte, sondern auch mit dem gemeinsam gesungenen Lied "Nun danket alle Gott". Musiolik seinerseits dankte den Unterstützern für die musikalischen Begleitungen und auch den Teilnehmern für das treue Kommen bei Wind und Wetter. "Auch wenn die Andachten uns fehlen werden, Jesus nicht - in den Häusern kann weitergebetet werden", gab Musiolik den Teilnehmern mit auf dem Weg in den nasskalten Herbstabend, an dem Kerzen und Lichterketten für Beleuchtung sorgten. Die Menschen standen links und rechts der Hauptstraße, viele mit Regenschirm, später mit "Knicklichtern", um das Lied "Danke" zu untermalen. Viel Dank wurde ausgesprochen für die Abendstunden in Gemeinsamkeit, viele schöne Lieder, den bunten Chor, gefolgt von der Bitte: "Befrei uns von dem Virus, schneller, als die Prognose sagt, und beschütze uns in Zukunft treu bei Tag und Nacht." Übrigens war dies nicht das einzige umgetextete Lied während der Corona-Andachten. Pfarrer Musiolik tat dies auch für Teilnehmer, die Geburtstag hatten, die zudem - überreicht mit einem Handgreifer - einen süßen Geburtstagsgruß erhielten. Einen besonderen Geburtstag bescherte die Dorfgemeinschaft Adolf Hägel, dem langjährigen Organisator der Bobengrüner Pfingsttagung, der auf eine große Feier zum 90. verzichten musste. "Wir hängten eine Tüte an den Gartenzaun. Darin konnte jeder Geburtstagkarten und -grüße einwerfen, und unser Postbote Wilhelm Engelhardt hat am Geburtstagssonntag seine Dienstuniform angezogen und Hägel die vielen Glückwünsche vorbeigebracht", erzählt Joachim Musiolik schmunzelnd.

Die Corona-Andachten haben die Menschen zusammengeschweißt; Joachim Musiolik schreibt noch ein Buch über die Bobengrüner Corona-Andachten.

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