In einer Nische im Laden befand sich ein kleiner Tisch mit vier Sitzplätzen. Dort traf man sehr oft den Künstler und Fachschullehrer Otto Keitel, die bekannte Selberin Liselotte Heinrich und den "Ende Mik" an. Im Eingang zum Laden stand bei schönem Wetter stets Frau Maier mit blütenweißer Schürze und blauschwarz gefärbtem Haar und wartete auf Kundschaft.
Im Laufe der Zeit wurde die Hausfront zur Schlossstraße umgebaut. So blieb links der Hauseingang, die Tür zum Laden baute man auf der rechten Seite ein. Ich kann heute nicht mehr sagen, wer diese Umbauten veranlasst hat - "es is ja a scho a baar Gouer her". Später legte man noch einmal Hand an meine Front: Der rechte Zugang verschwand; die Ladentür befand sich jetzt rechts neben dem Hauptzugang.
Erinnern kann ich mich, dass ich einmal der Christl Krippner gehörte, sie wurde die "Stuoagfiesch-Christl" genannt. Sie muss etwas mit Fischen zu tun gehabt haben, weil hinten im Haus ein großer Fischbottich stand, dessen Ablauf direkt in den Selbbach führte. Wahrscheinlich hatte sie ein gutes Rezept zum Stockfischwässern und sich damit ihren Spitznamen verdient.
Nach dem Tod der Christl erbte mich ein Verwandter, der es an jeden verkaufen durfte, "nur nicht an den Lichtspielhaus-Vogel" - so war es im Testament festgelegt. Ja, was es da wohl einmal gegeben hatte zwischen den beiden?! Gekauft hat mich dann der Metzgermeister Hermann Voit.
Im Jahr 1969 kam ich wieder in andere Hände, nämlich in die von Frieda Heindl. Sie hatte am Martin-Luther-Platz das Geschäft "Farben-Bauer" geführt, und nachdem dieses Haus verkauft worden war, musste sie sich mit ihrem Geschäft eine andere Bleibe suchen. Sie kaufte mich und ließ das Erdgeschoss komplett umbauen. Am 3. Oktober 1969 eröffnet sie dann ihr Geschäft in dem neuen Laden. Später übernahmen ihre Tochter Annemarie und deren Mann Herbert Kastl das Geschäft. Irgendwann einmal verbreiterte man die Tür zum hinteren Teil, der als Lager genutzt wurde, und dabei stürzte ein Teil der Decke ein.
Im Dezember 2016 wurde ich wieder verkauft, und da hatte ich ein Riesenglück: Ich kam in die Hände von Susanne und Hellmuth Groß.
Meine neuen Eigentümer wollen Altes erhalten, mein Innenleben möglichst wieder so herstellen, wie es einmal war, und mein Äußeres nur in vertretbarem Rahmen verändern. Sehr oft höre ich, wie sich Susanne mit dem Statiker oder mit Handwerkern "ogatzt", weil die unbedingt etwas Altes gegen etwas Neues austauschen oder etwas verändern wollen. Aber sie gibt nicht nach und sagt: "Das Ursprüngliche muss erhalten bleiben!" Und wenn der Umbau fertig sein wird und vieles von meiner Innerei geblieben ist, wie es einmal war, werde ich zufrieden aufatmen und einer hoffentlich langen und glücklichen Zeit entgegensehen." red