Seit Mittwoch gilt eine Ausgangsbeschränkung, das Wohngrundstück verlassen darf nur noch, wer einen triftigen Grund hat. "Es sind schon weniger Leute als üblich unterwegs", sagt Maher Jrab. Zu ihm an den Hähnchen-Wagen ist Uwe Heins gekommen. Heins arbeitet beim Ordnungsamt und kontrolliert als Marktmeister, dass Abstände eingehalten und Masken getragen werden. "Auf jeden Fall ist sonst mehr los", sagt auch er. "Man merkt, dass die Menschen vorsichtiger sind." Immer wieder wird er angesprochen, die Leute haben Fragen. Ob ein bestimmter Händler noch kommt, zum Beispiel. Als Uwe Heins verneint, fragt eine ältere Dame: "Ist Hildburghausen jetzt wohl ein schwarzes Loch?" Dann schüttelt sie den Kopf und geht weiter.
"Wir versuchen, den Markt so lange stattfinden zu lassen wie es geht", sagt Uwe Heins. Er deutet mit lang gestrecktem Arm zum gegenüberliegenden Ende des Platzes, dann in andere Richtungen und erklärt dabei, wie er möglichst großen Abstand zwischen den Ständen herstellt. "Hier sind bessere Bedingungen als in jeder Kaufhalle", sagt er.
Trotzdem komme es auch vor, dass er mal eingreife: Wenn jemand behaupte, er habe ein Attest, das ihn von der Maskenpflicht befreie, aber dieses dann nicht vorzeigen wolle. Bisher, sagt Uwe Heins, habe er jedoch noch nie die Polizei dazuholen müssen. "Insgesamt erwische ich nur ganz wenige ohne Maske - und die haben in der Regel nur vergessen, sie aufzuziehen." Ganz anders am Vorabend. Mehrere Hundert Menschen ziehen durch die Innenstadt, singen "Oh, wie ist das schön", die meisten ohne Mund-Nase-Schutz und ohne Abstand. Eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, hat den Marsch über die Webcam am Rathaus von zu Hause aus verfolgt. "Das Virus ist tödlich, da muss man Vernunft zeigen, das verstehe ich", sagt sie. "Aber ich verstehe auch, dass es schwierig ist, wenn beide Eltern berufstätig sind und die Schulen und Kitas wieder dichtmachen."
Kleinkinder, erklärt sie, könnten das nicht begreifen und wüssten nicht, was los ist. Und den älteren Schülern fehlten die Klassenkameraden. "Der Sohn meiner Nachbarin ist 14 Jahre alt. Der ist viel zu alleine. Die Einsamkeit macht einem schon zu schaffen", sagt die Frau. Ist auch sie einsam? "Ich lebe alleine, ja." Weil es nicht anders geht, telefoniere sie eben viel, um in Kontakt mit anderen Menschen zu bleiben.
Vor einer Metzgerei in der Fußgängerzone werden Bratwürste gebraten. Zwei Warteschlangen sind von Weitem zu sehen: Eine beim Grill, eine für den Laden. Die erlaubte Personenzahl im Geschäft ist begrenzt. Vor der Tür haben sich fünf Kunden mit Abstand zueinander aufgereiht, wie es die Regel vorsieht. Zwei ältere Damen unterhalten sich. Eine von ihnen erzählt, sie fühle sich dieser Tage nicht eingeschränkt. "Wir sind ja relativ gut dran, wir wohnen in der Natur", sagt sie. "Ansonsten halten wir Abstand so gut es geht." Dass sie in der Hildburghäuser Innenstadt eine Maske tragen muss, störe sie nicht. Sie nimmt es locker.