49. Hofer Filmtage Wie das Leben aussieht

Von Ralf Sziegoleit
Ihm widmen die Filmtage in diesem Jahr ihre traditionelle Werkschau: Chris Petit aus England. Foto: IHF

Dem Engländer Chris Petit ist die Werkschau der 49. Internationalen Hofer Filmtage gewidmet. Sein Debüt 1979 wurde von Wim Wenders produziert. Es lief bereits in Hof.

 
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Hof - "Der Sinn beim Filmemachen und beim Filmesehen ist es doch, sich darin zu verlieren und entrückt zu werden", sagt Christ Petit. Im Besonderen gilt dies für seinen Film "Content", der 2010 unter Mitwirkung von Hanns Zischler entstanden ist. Er handelt von moderner Technik und den emotionalen Widersprüchen, die sie mit sich bringt, von Vätern und Söhnen, vom Heranwachsen im Kalten Krieg und davon, wie das Leben heute aussieht. Essayistischen und experimentellen Charakter hat auch "Unrequited Love" (Unerwiderte Liebe) aus dem Jahr 2006, ein Film, dem ein Sachbuch über Stalking zugrunde liegt.

Spiel- und Dokumentarfilme gehören ebenso wie Arbeiten, die in keine dieser Schubladen passen, zum OEuvre des 1949 in Worcestershire geborenen Künstlers, der zunächst als Filmkritiker tätig war und später Kriminalromane schrieb. Sein erstes Werk fürs Kino - es wurde 1979 beim Hofer Festival gezeigt - hieß "Radio on", hatte einen grandiosen Soundtrack und erzählte, so sagt Petit selbst, "wie es aussah und klang damals, als Deutschland schon sehr viel bunter war und wir in England noch in Schwarz-Weiß lebten". Dem deutschen Kollegen Wim Wenders, der den Film produzierte, widmete er zwei Jahre später ein kleines Porträt, das in der diesjährigen Filmtage-Werkschau ebenso zu sehen sein wird wie ein kurzer Film über den Schriftsteller J. G. Ballard und eine elfminütige Abrechnung mit dem - britischen - Fernsehen unter dem Titel "Dead TV".

Aber Chris Petit drehte auch einen Krimi nach einem Roman von PD James ("Ein unpassender Job für eine Frau") und einen Film mit Eddie Constantine ("Flight to Berlin"), in dem der legendäre Lemmy-Caution-Darsteller in seltsame Intrigen verwickelt wird. Kommentar des Regisseurs: "Man mag gar nicht glauben, dass die Welt gerade einmal vier Jahre nach 'Radio on' so anders aussehen konnte." Ebenfalls in Berlin entstand 1984 der Film "Chinese Boxes" mit Gottfried John über einen Amerikaner, der in seinem Badezimmer eine mit Heroin vollgepumpte minderjährige Tote findet. "Ich wollte", sagt Petit, "etwas richtig Billiges machen, wie ein Fassbinder auf Ketamin-Trip."

Die Werkschau beim Festival, das am 20. Oktober beginnt, umfasst ferner drei 40-Minuten-Filme: In "Thriller" berichten drei Genre-Autoren, was sie von der Zukunft erwarten, "Death of a Bank Manager" beleuchtet die Veränderungen einer in Misskredit geratenen Berufsgruppe, und in "London Labyrinth" wird Archivmaterial zu einem impressionistischen, persönlichen Blick auf die britische Hauptstadt zusammengefügt.