Lokalsport Rockys Spuren verblassen langsam

Die Trainingseinheit der Boxer besteht vor allem aus Fitness und Kraftschnelligkeitsübungen. Fotos: Marcus Schädlich Quelle: Unbekannt

Lange Zeit waren Amateurboxer aus Hof bayernweit erfolgreich. In den letzten Jahren ist es ruhig um sie geworden.

 
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Die Erinnerungen sind bis heute wach. Wenn sich der Hofer Boxprofi Etem Bayramoglu an seine erste Berührung mit dem Boxsport zurückerinnert, dann ist es der Sparringsraum in der Münster-Schule. "Genau wie in den Rocky-Filmen", sagt er. Unten im Keller besteht bis heute der Raum, in dem Generationen von Hofer Boxern ihr "Rocky-Gefühl" erlebten, auch wenn nicht jeder bis heute noch aktiv ist oder geschweige denn den Weg des Film-Charakters von Sylvester Stallone genommen hat.

Die Erinnerung an die Filmreihe zeigt: Die großen Jahre des Boxens in Deutschland liegen schon etwas zurück. Damals, in der 1980er-Jahren, herrschte Euphorie. "Wir hatten einen großen Zulauf", erinnert sich Rainer Schübel. "Das lag auch an den Filmen." Auch die 1990er-Jahre - mit den großen Boxern wie Henry Maske oder Graciano Rocchigiani ließen die Deutschen beim Boxen im TV einschalten - und es dann auch mal selbst ausprobieren. Zum Beispiel eben bei der Boxabteilung des FC Bayern Hof, wie der Verein damals noch hieß. "Mal geht es aufwärts, dann wieder abwärts", weiß Rainer Schübel, der gemeinsam mit seinem Bruder Klaus die Hofer Boxer seit Jahrzehnten führt.

Das Auf und Ab hält bis heute an. Vielleicht durchleben die Boxer derzeit mal wieder ein Tal. Die großen Zeiten - mit Rocky - liegen lang zurück. Boxen ist im Fernsehen nur noch selten präsent. An der Faszination für die Kampfsportart hat sich aber nichts geändert - jedenfalls, wenn man den Schilderungen der Hofer Boxer zuhört. Schübel liebt seinen Sport, trotz höheren Alters. Jede Woche bieten die Hofer noch Trainingseinheiten an - natürlich noch immer in der Münsterschule. Genauso stilvoll wie früher - vor allem dann, wenn die Sparringskämpfe anstehen. Unten im Keller. In Rockys Keller.

Schübel ist allerdings auch ganz froh, dass mittlerweile eine andere Generation bei den Boxern aktiv ist. Denn: "Damals hatten die Leute durch den Rocky-Film eine völlig falsche Vorstellung. Da war viel Fantasie dabei." Heute trainieren Akademiker mit. Schüler und Professor machen sich bei den Hofern fit.

Es ist eine andere Boxergeneration. Die Sportler sind stärker vom Fitnessgedanken geprägt - der eben speziell beim Boxen so groß geschrieben wird wie bei kaum einer anderen Sportart. "Boxen erfordert sehr viel Konditionstraining", sagt Schübel. "Gerade deshalb ist ein hoher Trainingsfleiß nötig." Nur hat den nicht jeder. "Es ist schwer, die Leute zu motivieren, dabei zu bleiben", sagt Werner Peetz, der einer der ausgebildeten Trainer der Hofer Boxabteilung ist. Denn um beim Boxen voranzukommen, seien mehr als nur die zwei bis drei organisierten Trainingseinheiten nötig. Und so viel wollen sich die wenigsten quälen. Peetz: "Bei uns kommen im Jahr vielleicht 200 bis 300 Sportler zum Schnuppertraining. Davon bleiben am Ende drei bis vier bei uns hängen." Die anderen werfen das Handtuch. Tatsächlich ist schon das Boxtraining nichts für Zartbesaitete: Die Kommandos können auch mal ruppig wirken, zudem fließt der Schweiß in Strömen. Eineinhalb Stunden lang ohne größere Pausen. Das ist - für eben jene neue Generation - durchaus attraktiv. Noch profitieren die Hofer nicht in größerem Ausmaß davon. Doch auch sie spüren die Veränderung, wenn sie mit Kollegen aus den anderen bayerischen Boxstandorten sprechen. "In den Großstädten - vor allem im Großraum München - ist der Zulauf enorm", berichtet Schübel über Vereine, wie den TSV 1860 München, die Fitnessboxen anbieten.

Mittlerweile liegt Mixed Martial Arts im Trend. Sportlich könnten sie den Boxern nichts vormachen, sagt Schübel. "Für mich ist das keine Konkurrenz zum Boxen. Viele von denen war schon bei uns beim Training - und haben einen auf die Nase bekommen", sagt Schübel und trägt ein Schmunzeln im Gesicht.

Auffällig ist in Hof aber etwas anderes: der hohe Frauenanteil. Fast die Hälfte der Boxer sind Frauen. "Es gibt auch viele fleißige Jungs, aber die Frauen sind fleißiger", sagt Schübel. So hatten die Hofer sogar noch mehr Boxerinnen als bislang - und auch Frauen, die in den Ring stiegen und kämpften. "Doch dann kommt oft Beruf und Familie dazwischen und sie hören wieder auf." Oder sie trainieren nur noch mit, ohne das Ziel an einem Wettkampf teilzunehmen.

Das trifft allerdings auf den Großteil der Hofer Boxer zu. Im Moment befinden sich vier bis sechs Boxer im Wettkampfbetrieb der Amateurboxer. Das hat zwei Gründe: Einerseits liegen die Kosten für die Registrierung hoch - gerade für eine Abteilung, die nur im Schatten der Fußballern existiert. "Früher war das anders", sagt Schübel. "Da haben wir mit unseren Wettkämpfen in der Freiheitshalle die Fußballer querfinanziert."

Als weiterer Grund für die geringe Anzahl an Wettkampf-Boxern zählt die Tatsache, dass es lang dauert, ehe Einsteiger überhaupt eine Wettkampfform erreichen. Die, die unbedingt in den Ring steigen wollen, sollen nicht gleich verheizt werden. "Wenn sie gleich den ersten Kampf haushoch verlieren, wäre das auch nicht optimal", ergänzt Schübel. Um die nötige Schnellkraft und Ausdauer anzutrainieren, sind mehr als nur die drei Trainingseinheiten pro Woche nötig. "Es müssen auch nicht alle zwingend an einem Wettkampf teilnehmen", sagt Schübel. Sondern der erwähnte Fitnessgedanke spielt eine zentrale Rolle. "Der Vorteil des Boxens ist, dass es für jeden zugänglich ist." Selbst für Schwergewichte.

Oder auch Migranten. "Wir waren schon immer international", sagt Schübel. Gerade Boxen gilt gemeinhin auch als Sportart für Aufsteiger. Und verfügt über eine hohe Integrationswirkung. Türken - wie eben auch Etem Bayramoglu - kamen und kommen bis heute zu den Hofer Boxern. "Wir hatten auch viele Osteuropäer", sagt Schübel. "Das waren gute Leute. Sie hat nur der Trainingsfleiß verlassen, wenn sie den Zenit erreicht haben." Dann ist Disziplin gefragt, etwas, das auch die Hofer Boxer vermitteln, das auch für das Leben neben dem Boxring wichtig ist. "Es freut mich, die Entwicklung zu sehen, die viele unserer ehemaligen Boxer genommen haben", sagt Schübel. Der Traum vom Aufsteiger wie Rocky lebt also weiter. Auch in Hof.

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Mehr Infos gibt es unter www.boxen-hof.de

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