Dass es für den HSV trotz starker Einzelspieler derzeit nicht für ganz oben reicht, ist eine bittere Feststellung kurz vor dem Saisonende. Wenn wie gegen Holstein Kiel der Topscorer Laszlo Bénes kurzfristig ausfällt, kann dies nur schwer kompensiert werden. "Wir haben nicht schlecht gespielt", sagte der Ex-Kieler und heutige HSV-Mittelfeldspieler Jonas Meffert. Und in der Tat trugen die Gastgeber vor 57.000 Zuschauer zu einem sehr intensiven Nordduell bei.
Einsatzbreitschaft und Willen war keinem Spieler abzusprechen. Doch "nicht schlecht gespielt" ist nicht aufstiegsreif. Dass das Gegentor durch Tom Rothe (59.) wegen eines vermeintlichen Fouls von Kiels Marko Ivezic an HSV-Torwart Matheo Raab ("Für mich ist es unbegreiflich, wie man da nicht pfeifen kann") zumindest diskutabel war, war unglücklich für die Hamburger. Dass ihnen nach der Gelb-Roten Karte für den Ex-HSVer Lewis Holtby (73.) in Überzahl nicht viel einfiel, war aber ein Beleg für die aktuellen Defizite vor allem in der Offensive.
Die Situation der Kieler erscheint wie ein Gegenentwurf zu HSV-Lage. Spielerisch hatten sie im Volksparkstadion auch nicht geglänzt. Doch die Selbstverständlichkeit, mit der sie agierten, das Selbstbewusstsein und die Einsatzlust waren ständig zu spüren. Die verletzungsbedingte Auswechslung von Finn Porath (24.) wurde durch Siegtorschütze Rothe bestens ausgeglichen.
Lob von Holtby ans Team
"Fußballerisch war das nicht das, was ich mir vorgestellt habe", sagte Trainer Marcel Rapp. "Aber alles nachvollziehbar. Die Jungs haben sehr gut verteidigt. Und das ist die Basis für alles." Holtby sprach seinen Teamkollegen ein großes Lob aus. "Ich kriege hier eine dumme Gelb-Rote Karte, aber die Jungs fighten wie Löwen. Sie schmeißen sich in jeden Schuss, verteidigen die Flanke, jeder hat Gas gegeben", sagte er bei Sport1. "Das ist eine Mannschaft."
Und diese Mannschaft ist auf dem besten Weg nach dem sechsten Sieg nacheinander ohne Gegentor, erstmals Schleswig-Holstein auf die Bundesliga-Landkarte zu bringen. Nach dem Schlusspfiff feierten die Spieler, ihr Trainer und dessen Team mit den Fans, als wäre der historische Coup schon geschafft.
Zumindest haben sie ein Etappenziel erreicht: Mit 61 Punkten liegen die Kieler zwölf Zähler und mit der um 13 Treffer besseren Tordifferenz vor dem HSV. Damit haben sie den Aufstiegsrelegationsplatz drei damit schon so gut wie sicher. Die HSV-Protagonisten wünschten sich, dass auch sagen zu können. Mefferts ernüchternde Feststellung: "Wir haben es definitiv nicht mehr in unserer Hand."