Ein neues Kapitel zur Klärung der deutsch-jüdischen Vergangenheit schlägt Michael Verhoeven, Jahrgang 1938, mit seinem Film „Menschliches Verhalten“ auf. In dem Dokumentarfilm stellt er überzeugend dar, dass alle Deutschen an der Enteignung der Juden profitierten, und erklärt, warum die Restitution – aller Zahlungen zum Trotz – menschlich gescheitert ist. Mit Foto-, Schriftdokumenten, Zeitzeugeninterviews und Beiträgen von Historikern enthüllt Verhoeven kaum Glaubliches, das doch zugleich ganz nahe liegt: Das Inventar der ausgeräumten jüdischen Wohnungen, vom Suppenlöffel bis zum Mantel, wurde zum Beispiel vom Lkw herab öffentlich auf der Straße verramscht. Versteigerungen „nicht-arischer Güter“ luden zur Schnäppchenjagd ein. Bewerber ohne „Makel“ warteten schon auf die „frei“ werdenden Akademikerstellen. Der Staat schließlich bemächtigte sich ab 1933 mit irrwitzigen Steuerforderungen des Vermögens der jüdischen Mitbürger und legte damit unter anderem ein milliardenschweres Konjunkturprogramm auf, erhöhte das Kindergeld und die Rentenzahlungen. Dass die Aufarbeitung dieser Verstrickung erst jetzt beginnen kann, ist dem Steuergeheimnis zu verdanken. Steuerakten sind erst sechzig Jahre nach Ableben des Steuerzahlers frei zugänglich – vorausgesetzt die befragte Finanzdirektion verhält sich angesichts der damit verbundenen Brisanz kooperativ.