45. Hofer Filmtage Im Abgrund und über den Dächern

Nachstellungen in Edinburgh: "Hallam Foe". Foto: Verleih

Der Titel "Asylum" bedeutet Nervenklinik, Irrenanstalt. Eine solche, im ländlichen England nahe London, ist Hauptschauplatz eines Films, den man in der Reihe "Porträt David Mackenzie" anschauen kann. "Ich spreche von Leidenschaft", sagt der Psychiater Dr.

 
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Der Titel "Asylum" bedeutet Nervenklinik, Irrenanstalt. Eine solche, im ländlichen England nahe London, ist Hauptschauplatz eines Films, den man in der Reihe "Porträt David Mackenzie" anschauen kann. "Ich spreche von Leidenschaft", sagt der Psychiater Dr. Cleave, der die schweren Fälle behandelt, als er sich mit dem neuen Kollegen Max Raphael unterhält. Um Leidenschaft - von der Sorte "amour fou" - geht es in der Geschichte, die sich ereignet. Eine Ungeheuerlichkeit: Max' elegante, doch frustrierte Ehefrau Stella verliebt sich in den Patienten Edgar, ausgerechnet einen der schwersten Fälle, denn der Mann, ein Bildhauer, hat seine Frau aus Eifersucht ermordet, enthauptet und verstümmelt. Weil er im normalen Leben aber keine Gefahr darstellt, darf er, unter nicht allzu strenger Aufsicht, in Stellas Garten tätig sein - bald auch im übertragenen, unmoralischen Sinn. Die Affäre setzt sich außerhalb der Anstalt fort. Dem viril-animalischen Max nämlich gelingt die Flucht, und Stella verlässt Mann und Kind, um ihm nach London zu folgen: Sie nimmt sozusagen Asyl in der Gosse, auch in der Hölle. Obwohl Edgar sie wüst verprügelt, kommt sie von ihm und ihrer Besessenheit nicht los. Immer tiefer stürzt sie hinab, und natürlich muss das ein schlimmes Ende nehmen.

Die Geschichte spielt in den späten 50er-Jahren, deren spießiges Ambiente der Film liebevoll rekonstruiert. Ausgedacht hat sie sich der britische Autor Patrick McGrath, ein Spezialist fürs Abgründige. Sein Roman "Spider" wurde von David Cronenberg, dem die Filmtage-Werkschau vor 31 Jahren gewidmet war, verfilmt. Dass McGrath' Stoffe fürs Kino taugen, wird auch durch Mackenzies "Asylum" bewiesen: Gelungen ist ein mitreißender, ja atemberaubender Film über eine sexuelle Obsession - dicht inszeniert, exquisit bebildert und grandios gespielt.

Er habe sich stets darum bemüht, Filme zu machen, die sich stark voneinander unterscheiden, erklärt der Regisseur, der übrigens erst heute in Hof eintrifft, im Filmtage-Katalog. Tatsächlich liegen Welten zwischen der Tragödie "Asylum" und der zwei Jahre später, 2007, entstandenen skurrilen Komödie "Hallam Foe", die freilich auch düstere Aspekte aufweist und wiederum auf einem Roman (von Peter Jinks) beruht. Der Titelheld, der seine Stiefmutter verdächtigt, die geliebte Mutter ermordet zu haben, weist psychosoziale Störungen auf: Er betätigt sich als Voyeur, erst in einem Baumhaus auf dem elterlichen Grundstück, dann über den Dächern von Edinburgh, wo er einer flotten Blondine nachstellt, die ihn an die Mutter erinnert. Begleitet vom Machtkampf mit einem Nebenbuhler, entwickelt sich eine gleichermaßen freche wie entzückende Romanze, die gut ausgeht, obwohl ihr das Happy End versagt bleibt. "Leave me alone" (Lass mich in Ruhe), lautet auch hier, wie in "Asylum", das Schlusswort der geliebten Frau. Aber in diesem Fall gibt es ein Leben danach. Ralf Sziegoleit

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Asylum: Heute um 14.30 im Casino;

Hallam Foe: am Samstag um 10.45 im Central.

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