Abwasser Gattendorf: Riesige Herausforderung

Uwe Faerber
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Der Abwasserverband fordert bis 2025 einen hieb- und stichfesten Plan zum Thema Fremdwasser in den Kanälen. Wie soll das gelingen?

 
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Die Gemeinde Gattendorf steht vor einer riesigen Herausforderung: Fremdwasser dringt in die Abwasserkanäle, also Wasser, das nicht hineingehört. Die Kommune soll bis Mitte 2025 alle Kanäle im Gemeindegebiet untersuchen und einen hieb- und stichfesten Plan aufstellen, wie diese in Ordnung gebracht werden. Das kostet mehrere hunderttausend Euro – Geld, das die Kommune kaum hat. Und richtig teuer wird es, wenn unmittelbar danach gebaut würde, wie es außerdem gefordert wird.

Bürgermeister Stefan Müller (CSU) verlas in der jüngsten Gemeinderatssitzung einen Brief mit diesen Forderungen, einen Brief des Abwasserverbandes Saale an alle Kommunen, deren Abwasser in der Kläranlage Hof gereinigt wird. Der AWV betreibt diese Anlage für das Abwasser aus Gattendorf und vieler anderer Kommunen – von den Waldstein-Gemeinden bis zum Bayerischen Vogtland.

Problem: Das Säubern des Abwassers ist zu teuer. Warum? Weil in der Kläranlage zu viel verdünntes Abwasser ankommt. Wieso? Weil immer mehr Regen- und Grundwasser in die maroden Leitungsnetze eindringt. „Wir haben nicht die Sand- und Kiesböden wie andernorts, wo das Regenwasser versickern könnte“, erklärte Müller.

Gattendorf verfügt über 20 Kilometer Abwassernetz. Die Untersuchung eines Meters per Kamera kostet nach Müllers Worten bis zu acht Euro – macht insgesamt 120 000 Euro. „Für die Auswertung der Bilder werden weitere 120 000 Euro fällig, wobei es derzeit kaum Kapazitäten gibt – weder für Kamera-Befahrung noch für die Auswertung.“

Wie der Bürgermeister weiter berichtete, hat die Gemeinde Köditz 2021 die Befahrung ihres Kanalnetzes beauftragt – und wartet bis heute auf die Ausführung.

Der Abwasserverband Saale fordert seit 1990 eine Analyse der Leitungsnetze. Laut Müller müsste die Untersuchung sogar alle zehn Jahre erfolgen. Nur sei das in Gattendorf nicht geschehen. Jetzt seien die 50 Jahre alten Rohrleitungen an vielen Stellen reparaturbedürftig.

Die Nachbargemeinden stünden vor gleichen Problemen, Trogen etwa müsse mit vergleichbaren finanziellen Herausforderungen rechnen.„Doch wer soll das bezahlen?“, fragte Stefan Müller. „Wir haben den Preis pro Kubikmeter Abwasser bereits auf 5,50 Euro erhöht – irgendwann ist die Belastungsgrenze der Bürger erreicht.“

Zumal nach einer Kanalsanierung durch die Gemeinde Extrakosten auf die Hauseigentümer zukämen, nämlich bis zu fünfstellige Summen, wenn die Hausanschlüsse erneuert würden und etwa Regenrinnen nicht mehr in den Abwasserkanal einleiten dürften. Die verschuldete Gemeinde Gattendorf sehe sich finanziell am Ende.

Bürgermeister Müller forderte mehr Zeit, um die AWV-Forderungen zu erfüllen. Der Zeitraum für die Kanaluntersuchungen müsse gestreckt werden.

Wie zweiter Bürgermeister (und Rechtsanwalt) Werner Völkl (CSU) sagte, bringt ein Hauruckverfahren nichts. Er befürwortete eine Prüfung, wann die Kanaluntersuchungen frühestens möglich seien. Darauf müsse die Gemeinde ihren Zeitplan aufbauen.

Beschlossen hat der Rat nichts, doch das Thema wird ihn weiter beschäftigen. Den Grund dafür nannte Bürgermeister Müller: „Wir sollen eine prüffähige Sanierungsplanung vorlegen und anschließend ausführen. Ansonsten drohen Sanktionen.“

Aus dem AWV-Schreiben

Zitat
„Nachdem der Betreiber der Kläranlage nicht der Betreiber der Ortskanalisationen (einschließlich Sonderbauwerke) ist, hat dieser im Rahmen seiner (Satzungs-)Hoheit sicherzustellen dass die Forderungen zur Erfassung und Bewertung der Kanalisation bzw. etwaige spätere Forderungen zur Fremdwassersanierung auf die Betreiber der Kanalnetze übergehen und fristgerecht erfüllt werden. Dem Betreiber der Kläranlage bleibt freigestellt, die Zuständigkeit über die Ortskanalisationen (einschließlich Sonderbauwerke) zu übernehmen. Die Festlegung der Vorlagefrist für eine prüffähige Sanierungsplanung bis 30.06.2025 bekräftigt den in den Anschreiben vom 22.02.2021, z. T. 16.09.2021 und 28.10.2022 bereits kommunizierten und dringenden Handlungs- bedarf.“

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