Adrian-Roßner-Vortrag Zurück in die Zukunft von Zell

Karsten Repert
In der Sanjkt-Gallus-Kirche in Zell ging Adrian Roßner mit über 100 begeisterten Zuhörern auf eine spannende Zeitreise. Foto: Repert

So verlief die historische Reise, auf die der allseits beliebte Heimatforscher Adrian Roßner seine zahlreichen Zuhörer mitnahm. Der Anlass: Sein Heimatort Zell feiert heuer 700. Jubiläum.

 
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Das war ein Plädoyer für den ländlichen Raum. Die 150 Besucher des historischen Abends in Zell lachten und feierten voller Lebensfreude. Der junge Heimatforscher und Kreisarchivpfleger Adrian Roßner nahm die begeisterten Zuhörer mit auf die große Reise. In nur zwei Stunden raste der Landesgeschichtler „Zurück in die Zukunft“.

Die Marktgemeinde feiert heuer ihr 700. Jubiläum, „obwohl wir eigentlich viel älter sind, es aber nicht beweisen können“, behauptete der 32-jährige Wissenschaftler. Von nun an ging es Schlag auf Schlag. „Wir stammen nicht, wie in der Legende immer wieder geschrieben, von einem Mönch ab. Denn die Entstehungsgeschichte von Zell scheint mir eins zu ein von Sankt Gallen übernommen worden zu sein. Da wir hier in der Sankt-Gallus-Kirche stehen, ist sogar eine namentliche Verbindung in die Schweiz herstellbar.“ Gibt es also einen Zeller Gründungsmythos? Vermutlich! „Wir werden es bestimmt nie wirklich erfahren, liegen aber richtig“, lachte Adrian Roßner.

Das Staunen über die spektakuläre Zeller Geschichte nahm kein Ende. Und der Referent reiste in seiner Zeitmaschine gleich noch einmal 300 Jahre in die andere Richtung. Es ist nämlich nachweisbar, dass die heutige Autobahn A 9 bereits vor über 1000 Jahren existierte. Dieser seinerzeit schlecht ausgebaute Feldweg machte eine frühe Besiedlung durch Reisende möglich. Doch den vorbeiziehenden Heiden und Slawen war es damals schon zu kalt am nördlichen Rande des Waldsteins. Sie zogen weiter, beispielsweise nach Bamberg. Um die Umherziehenden jedoch vor Überfällen und Plündereien zu schützen, entstanden die Turmhügel. Zell, die steinerne Kammer auf dem Berg, war geboren. 1323 wurde Zell erstmals erwähnt. Aus der „Keimzelle“ wäre beinahe nichts geworden, denn während einer Kaltzeit vor 600 Jahren mussten die Menschen hungern, weil Ernten ausfielen.

Adrian Roßner liebt seinen Heimatort über alles. „Die Menschen in Zell waren damals schon pfiffig. Sie haben sich eine gute Strategie überlegt, um zu überleben. Durch die Einführung der Handweberei ist ein Weberdorf entstanden. Im 14. Jahrhundert öffnete sich die Marktgemeinde den Städten ringsum, weil man Handel betreiben wollte. Und im 15. Jahrhundert wurde dann sogar Baumwolle zum Beispiel aus Asien importiert“, berichtet der Heimatforscher. Bereits um das Jahr 1700 herum klackerten in 40 Zeller Haushalten rund 200 Webstühle. Die Leinen- und Baumwollweberei ernährte viele Menschen im Ort, bevor 1831 ein Großbrand 36 Wohn- und 76 Nebengebäude vernichtete. Der Raub der Flammen hatte aber auch etwas Gutes. Zell entstand am Reißbrett neu und die vielen Brandschutzmaßnahmen sorgten dafür, dass es bis heute keinen Großbrand mehr gegeben hat.

Die Zeller marschierten von nun an vorne mit. Denn als aus England und Sachsen die Neuigkeit, dass es eine industrielle Revolution geben würde, nach Bayern durch drang, kämpfte Johann Georg Schlegel um eine Bahnanbindung. Der Fabrikant und Visionär war mit seiner Idee von einer Fichtelgebirgsbahn zwar gescheitert. Auch die Transportseilbahn kam nicht. Dennoch waren es Lokomotiven, die ermöglichten, dass tausende Arbeitsplätze in der Region entstanden. Im Jahr 1880 nahm die Lokalbahnkommission ihre Arbeit auf. Nach großem Kampf fuhr 1902 der erste Zug von Münchberg nach Zell. Der bescheidene Arbeiterwohlstand bescherte dem Zeller Ortskern im Jahr 1900 alleine elf Wirtshäuser direkt am Marktplatz, deren Geschäfte gut gingen.

Die Touristen aus Sachsen staunten, als in Zell bereits vor 115 Jahren ein Elektrizitätswerk die Straßenlaternen mit Strom versorgte. 1910 wurde die Hochdruckwasserleitung in Betrieb genommen. 1924 gab es eine Porzellanfabrik und die Dekostoffe von Fritz Müller waren damals ihrer Zeit voraus. Heute hat die Marktgemeinde etwa 2000 Einwohner. Wegen der überfüllten Großstädte und dem neuen Landfluchtphänomen ist es gut möglich, dass Zell bald wieder vorne weg fährt. Dann schreibt Historiker Adrian Roßner bestimmt ein weiteres Kapitel von „Zurück in die Zukunft“ – auf Zeller Art.

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