Arzberg Skater beleben die "Aktien" neu

In so einem Ambiente machen hohe Sprünge - wie hier von Florian Thoma - riesig Spaß. In einer Etage der früheren Porzellanfabrik Arzberg ist der "Rollschuppen" entstanden. Hier gehen 15 bis 20 junge Skater zweimal in der Woche ihrem Hobby nach. Foto: Florian Miedl

In der früheren Porzellanfabrik Arzberg ist nun der "Rollschuppen" zuhause. Vor den ersten Sprüngen räumten engagierte junge Menschen viel Dreck weg.

 
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Arzberg - Die Teller sind längst weg. Die Tassen und Kannen auch. Nun sind Rampen und Rails da, aus den Lautsprechern kommt gerade das Lied "Self Esteem" der Punk-Rock-Band "The Offspring".

Öffnungszeiten

In der Sommerzeit hat der "Rollschuppen" in Arzberg mittwochs von 17 bis 20 Uhr sowie samstags von 14 bis 20 Uhr geöffnet. Im Winter wollen die Skater ihre Halle einen dritten Tag öffnen.

Im vierten Stock der früheren Arzberger Porzellanfabrik ist wieder Leben eingekehrt. Neues, anderes Leben. Möglich machen dies engagierte Jugendliche um Tim Binder und Florian Thoma. Die Zwei waren es auch, die die Idee für eine Skaterhalle hatten und inzwischen bereits den eingetragenen Verein "Rollschuppen" gegründet haben.

Das neue Freizeitangebot in der Stadt kommt sehr gut an. 15 bis 20 Skateboard-Fans, vornehmlich aus Arzberg und Marktredwitz, gehen mittwochs und samstags in die frühere "Aktien", um zu fahren, zu springen, Spaß zu haben und zu chillen. Dass dies in einer dachboden- ähnlichen Halle möglich sein wird, hätten sich Binder und Thoma vor Monaten nicht träumen lassen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die zwei jungen Männer auf der Freiluft-Skateranlage in Arzberg getroffen und darüber nachgedacht, eine Garage zu mieten und dort eine Mini-Ramp aufzustellen, damit sie ihrem Hobby auch in der kalten Jahreszeit nachgehen können. Aus der Garage ist eine gut 1000 Quadratmeter große Fabrikhalle geworden. "Wir haben überall ein wenig gesucht, sind dann aber doch schnell auf diese Halle gestoßen", erzählt Tim Binder. Während es ihm diese "coole Location" sofort angetan hatte, musste er bei Florian Thoma Überzeugungsarbeit leisten. Er hatte Bedenken, dass die Dachschräge die Skateboardfahrer behindern könnte, eine Probefahrt zerstreute seine Zweifel.

Aber dann war da ja noch der Dreck, Berge von Dreck. "Wir haben in unserem Leben noch nie so viel Müll und alte Sachen auf einem Haufen gesehen wie hier", erzählen die Zwei. In dieser Situation gab es für Binder und Thoma nur eines: ran an die Schaufel. Sie und noch zwei, drei Kumpels verbrachten nahezu ihre gesamte Freizeit in der früheren "Aktien". "Ich schätze mal: 150 Stunden hat jeder von uns im April hier verbracht, aufgeräumt und Sachen weggeschmissen", sagt Tim Binder. Der feine Staub des Porzellans liegt immer noch am Fußboden - da können die jungen Arzberger so oft wischen und saugen, wie sie wollen. Weißer Feinstaub - ein Relikt der Vergangenheit.

Den Charakter der Fabrikhalle wollen die Skater sehr wohl erhalten, ihnen gefällt das Flair der "Aktien" mit den grün-grauen, riesigen Bottichen in der Mitte. Eine 08/15-Anlage, die irgendein Planungsbüro für viel Geld aus dem Boden stampft, war nie das Ziel der Arzberger Skater. Sie wollten mit eigenen Ideen, mit ihren Händen etwas Besonderes schaffen. "Das hier ist ein absolutes Do-it-yourself-Projekt. Jeder, der will, kann hier seine Ideen einbringen, kann an Rampen mitschrauben oder auch einfach nur einmal vorbeikommen und uns beim Fahren zuschauen", sagen Tim Binder und Florian Thoma.

In der Szene, die im Landkreis Wunsiedel gut vertreten ist, hat es sich längst herumgesprochen, dass es in Arzberg diese Skaterhalle der Extraklasse gibt - und sich auch weiterentwickelt. Immer wieder kommen Neugierige aus der Region vorbei und schwärmen vom besonderen Charakter dieser Anlage. Die Möglichkeit in Arzberg kommt ihnen gerade Recht, schließlich mussten sie bisher bis nach Regensburg, Bayreuth oder Plauen fahren, um ihre Tricks wie "Ollies", "Flips" und "Slides" zeigen zu können.

Mit riesigem Engagement und mit viel Herzblut haben die Arzberger Skater schon viel erreicht - und sie werden in den kommenden Monaten und Jahren gewiss noch viel schaffen. Was die jungen Menschen aber auch brauchen, sind Unterstützer des Projekts. Es gibt zwar bereits Gönner und Sponsoren, die der Arzberger Skaterhalle mit Holz-Gaben für die Rampen oder mit Geldspenden Rückenwind geben, aber der "Rollschuppen" könnte selbstverständlich noch mehr davon gebrauchen. "Wir machen das alles ja nicht nur für uns, wir wollen der Jugend in der Region ein schönes Freizeitangebot bieten", sagt Tim Binder, der hervorhebt, dass das gemeinsame Kommunalunternehmen (gKU) Winterling Immobilien, dem das riesige Gebäude gehört, dem Verein beim Mietpreis sehr entgegengekommen ist, sonst wäre eine Skateranlage in einer früheren Porzellanfabrik gar nicht denkbar gewesen.

Auf das Erreichte sind die "Rollschuppen"-Macher schon einmal stolz. Doch ausruhen, sich zufriedengeben werden sich Tim Binder und Florian Thoma nicht. Eine Heizung für den Winter, Partys in dieser extravaganten Location - vieles ist in dieser früheren Fabrikhalle möglich und vorstellbar. Tim Binder drückt das so aus: "Ich glaube, diese Skaterhalle ist ein Lebensprojekt."

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