Arztvortrag Gutes kann geschehen – trotz allem

Claudia Schott
Dr. Eckhard Krüger Foto: /Schott

Leben Optimisten länger? Mit diesem Thema hat sich Dr. Eckard Krüger von der Klinik Naila in einem Vortrag befasst. Eines vorweg: Für Pessimisten hatte er schlechte Nachrichten.

 
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Ist das Glas halb voll oder halb leer? Bei dieser Frage kommt es wie bei vielen anderen im Leben auf die Sicht der Dinge an, das hat Eckard Krüger, Chefarzt der Akutgeriatrie im Nailaer Klinikum, in seinem Vortrag betont. Den hielt er im Rahmen der Hochfränkischen Wochen der seelischen Gesundheit im Pavillon der Münch-Ferber-Villa, auf Einladung der Koordinationsstelle für psychische Gesundheit im Alter. „Wahrnehmung ist extrem wichtig, also wie man etwas sieht.”

Oft spüre man eine Stimmung spontan, zum Beispiel, wenn man einen Raum betritt, in dem sich mehrere Menschen befinden, sagte Krüger. Entscheidend sei dabei, wie man auf die Empfindung reagiert. „Wie weit erlauben wir es der eigenen Gefühlstönung, über uns zu bestimmen?”, gab er zu bedenken. Er riet dazu, die eigene Wahrnehmung zu schulen. Denn aus vielen Wahrnehmungen und Erfahrungen entstehe im Lauf des Lebens eine Art „innere Landkarte”, die uns navigiere. Anhand dieser Landkarte träfen wir im Alltag unsere Entscheidungen.

Tausende dieser Alltagsentscheidungen wiederum hätten einen enormen Einfluss auf unsere Haltung dem Leben gegenüber, so Krüger. Sind wir eher optimistisch oder eher pessimistisch? Hält man es grundsätzlich für möglich, dass Gutes geschehen kann? Das sei die Definition für Optimismus – und eine gesunde Einstellung. Jemand, der es dagegen überwiegend für unmöglich hält, dass Gutes geschieht, gelte als Pessimist. „Er wird alle Entscheidungen im Alltag entsprechend seiner Vorannahmen treffen – die der Gesundheit nicht zuträglich sind”, erklärte der Mediziner.

Es gehe nicht darum, ob man einmal etwas Ungesundes isst oder ohne Zähneputzen ins Bett geht. „Die Summe der Entscheidungen wirkt sich aus.” Wichtig sei die Grundausrichtung. Niemand sei immer ausschließlich pessimistisch oder optimistisch. „Lassen Sie sich vom Leben verändern und transformieren. In allem, was sich verändert, steckt viel Weisheit”, zeigte sich der Chefarzt überzeugt. Das Älterwerden sei ein Lernprozess, den es gelte, anzunehmen. Er erlebe jedoch gerade in der Geriatrie häufig Resignation bei den Menschen. Das sei ein großes Problem. „Pessimismus hat starken Einfluss auf sämtliche Todesursachen außer Krebs”, erläuterte der Facharzt für Allgemeinmedizin und Geriatrie. Der Einfluss von Optimismus sei dagegen eher gering. „Pessimismus ist als negative Beeinflussung viel wirksamer”, betonte Krüger. Um seine Thesen zu belegen, berichtete er von wissenschaftlichen Arbeiten, so von einer deutschen Studie mit Teilnehmern ab 70 Jahren, die über 23 Jahre erfolgte. Es habe sich gezeigt, dass Menschen mit einer negativen Sicht des Alters im Durchschnitt 7,5 Jahre kürzer lebten als diejenigen mit positiven Erwartungen. Dabei seien weitere Faktoren der Lebensführung wie das Rauchen mitberücksichtigt worden – das das Leben durchschnittlich um elf Jahre verkürze.

Doch wie kann es gelingen, angesichts von Krieg, Pandemie und anderen Katastrophen unserer Zeit nicht pessimistisch zu sein? Der Ukraine-Krieg und seine Folgen für uns seien sicher schrecklich, sagte Krüger. „Aber halten Sie es nicht trotzdem für möglich, dass Gutes geschehen kann?”

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