Auf ein Wort Wenn Nerven blank liegen

Ein Leser beschimpft uns mit rauen, stellenweise auch unflätigen Worten, weil wir über die Infektionszahlen in Rehau berichtet haben. "Was haben Sie sich dabei gedacht?", fragt er.

 
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Und liefert auch noch seine Begründung für die Aufgeregtheit mit: "Ich fahre am 01.08.20 nach Südtirol in den Urlaub. Wenn ich da Probleme bekomme, werden Sie zur Rechenschaft gezogen! So etwas hält man doch geheim."

Bei Corona liegen offenkundig die Nerven blank. Da muss man diesem Leser und manch anderen sagen: Zu den Aufgaben eines Medienhauses gehört es nicht, Nachrichten zu unterdrücken. Sondern als Regionalzeitung werden wir die Vorgänge, ganz besonders die in unserem Verbreitungsgebiet, wachsam begleiten. Das sind wir unseren Lesern schuldig. Eine Frage, die der aufgebrachte Leser stellt, kann keinesfalls beantwortet werden: "Wer sind denn überhaupt die angeblich Infizierten? Name, Anschrift und Telefonnummer!!! Das will ich von Ihnen wissen. Ich verzichte nicht auf meinen Urlaub, weil diese A... keine Maske getragen und keinen Abstand gehalten haben!" An den Pranger stellen wir niemanden, der das Virus in sich trägt. Ganz abgesehen davon, dass Datenschutz und Persönlichkeitsrechte auch - und besonders! - in Zeiten einer Pandemie gültig sind.

Ganz wichtig: Bei einer identifizierenden Berichterstattung - so steht es im Pressekodex verankert - muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen. "Bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung", heißt es da völlig zu recht. Das könnte etwa bei einem Fahndungsaufruf der Fall sein. Eine erkrankte Familie, die unter Quarantäne steht, gehört keinesfalls dazu.

Unserem Leser mag das gefallen oder nicht. Selbst möchte er sich nicht an Regeln halten, kündigt er an. Sein Urlaub scheint ihm heilig zu sein. "Ich fahre unter allen Umständen, da hält mich niemand auf, keine Stadt Rehau, kein Landrat, kein Söder und Sie auch nicht. Ich fahr in den Urlaub." Das Schmunzeln vergeht einem wieder bei der nächsten Passage, die so gar nicht lustig ist: "Ich werde mich an keine Ausgangssperre und keinen Shutdown halten. Da wende ich eben Gewalt an!" Das ist nicht nur dumm und dreist, sondern unverantwortlich. Die Konsequenzen daraus muss der Mann dann eben tragen. Kerstin Dolde

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