Im nächsten Jahr soll der Turm zur Touristenattraktion werden und Besuchern zeigen, dass in dieser gewellten Landschaft, mitten im Grün ein brutales Regime regierte. Das ist vorbei. Gerade mal zwölf Jahre alt war Oliver Bär, als sich Weltgeschichte abspielte, als er "Gänsehaut-Momente" spürte. Direkt vor der Nase des heutigen Hofer Landrates. Wo er am 9. November war, das verschwimmt in der Erinnerung. "Aber wo ich am 10. und 11. war, weiß ich genau. Ich stand mit der Familie auf der Brücke in Rudolphstein und winkte den Menschen in Trabis zu." Und er habe sehr wohl als schon politisch interessierter Junge erfasst, was sich da vor ihm abspielte.
Den Kaffee in den Kannen und die Brezen ignorierend kann sich Söder nicht verkneifen, politisch zu werden. Vieles sei in den vergangenen 30 Jahren geschehen. Die ganze Welt staune darüber, was Deutschland gelungen sei. "Das lassen wir uns nicht schlechtreden. Nicht von einer Partei, die sich Nachfolgepartei nennt. Und auch nicht von den anderen, der AfD!" Der 3. Oktober stehe für Großartiges. Einst war man an der Grenze, und plötzlich in der Mitte Europas. Verbrüdert habe man sich. Sachsen und Bayern verbinde vieles, etwa der Impuls, sich im Dialekt auszudrücken. Jetzt lebe man unter einer Flagge, trotzdem bewahre jeder seine Identität. Fresskörbe wechseln den Besitzer: Söder reicht seinem Kollegen "Karamell-Guadls" und mehr aus bajuwarischer Produktion, der Bayer freut sich über Eierlikör aus Sachsen und Bautzener Senf.
Und das Frühstück? Die auf 1,5 Meter Abstand exakt aufgestellten Bänke bleiben verwaist, die Politprominenz hat an diesem Feiertag Termine über Termine und steigt in die wartenden Wagen. Sachsens Sonne strahlt auf volle Brezelkörbe und leere Tische. Allein die Journalisten freuen sich - mehr Kaffee für sie. Die Limousinen der Ministerpräsidenten rollen weg, und damit die Gesprächspartner. Maria Schmidt geht wieder in ihr Dorf. "Ich hätte Romane erzählen können."