"Band'n'Brass" Mitreißende Premiere auf der Felsenbühne Wunsiedel

Andrea Herdegen

Erstmals in der Luisenburg-Geschichte musizieren hier eine Rockband und ein Bundeswehr-Orchester gemeinsam. Pulp Fiction und das Heeresmusikkorps Veitshöchheim begeistern bei „Band’n’Brass“ das Publikum.

 
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Oberstleutnant Roland Kahle ist gut drauf an diesem Abend. Er schmunzelt fröhlich, wenn er sich zum Publikum umdreht, er tänzelt locker im Takt, während er schwungvoll, aber präzise das Heeresmusikkorps Veitshöchheim dirigiert. „Band ’n’ Brass“ auf der Luisenburg macht Kahle sichtlich Spaß, seinen 45 Soldaten und Soldatinnen des exquisiten Bundeswehr-Orchesters auch. Sie zeigen, was sie jenseits von Marschmusik draufhaben. Sie begeistern als symphonisches Bläserorchester mit Filmmusik und Swing, mit Pop und Rock; allein, aber auch im Zusammenspiel mit der oberfränkischen Band Pulp Fiction.

Hörenswerte Soli

Gekonnt füllen sie bei „We Will Rock You“ von Queen die leeren Stellen zwischen dem charakteristischen Drum-Beat und dem Freddy-Mercury-Text mit fein abgestimmten Bläser-Klängen. Mit wuchtigem Brass-Sound bereiten sie die erotisch-aufgeheizte Atmosphäre für Joe Cockers „You Can Leave Your Hat On“, das Pulp-Fiction-Frontmann Klaus Rießbeck originalgetreu singt. Das auf einem afrikanischen Rhythmus basierende „You Can Call Me Al“ von Paul Simon treiben die Trompeter mit fetzigem Einsatz voran. Hier brillieren Pulp-Fiction-Bassist Uli Schmutzer und Heeresmusikkorps-Flötist Rene Jestädt mit hörenswerten Soli, die der Originalaufnahme vom Erfolgsalbum „Graceland“ in nichts nachstehen. Bandleader Roland Rischawy ist begeistert: „Sagenhaft! Mit so einem tonalen Druck haben wir den Song noch nie rausgehauen.“

Dass ein gelernter Klarinettist auch an der E-Gitarre rocken kann, beweist Stabsfeldwebel Mirko Dietze einige Male. Er greift derart beherzt in die Saiten, dass er den Vergleich mit den Gitarristen der Rockband, neben Rischawy noch Sebastian Söllner, nicht zu scheuen braucht. Hauptfeldwebel Monika Cieplik macht den von Pulp-Fiction-Sängerin Katharina Flögel vorgetragenen Tina-Turner-Hit „Simply The Best“ mit einem wunderbaren Tenorsaxofon-Solo zum Hörerlebnis.

Bewundernswerte Lässigkeit

Geswingt wird, wenn Michael Heinlein zum Mikrofon greift. Der Oberstabsfeldwebel singt zwei Songs von Roger Cicero, „Murphys Gesetz“ und „Die Liste“, mit bewundernswerter Lässigkeit, gefühlvoll solistisch unterstützt von Bernd Oswald an der Posaune. Die Arrangements zu diesen Songs und vielen weiteren Stücken der Militärmusikanten hat ein Marktredwitzer geschrieben: Erwin Jahreis, der Leiter der Städtischen Sing- und Musikschule. Auch er sitzt an diesem heißen Sommerabend unter dem Luisenburg-Zeltdach und genießt das abwechslungsreiche Programm.

Die ganze Klangfülle des Bundeswehr-Orchesters können die Zuhörer bei Filmmusik von Harold Faltermeyer, John Williams und Hans Zimmer erleben. Zur „Top Gun Anthem“, eingeleitet von Pulp-Fiction-Keyboarder Martin Greim und fortgeführt von den Rock-Gitarren, waren die Musiker aus Veitshöchheim nach und nach auf die Bühne gekommen und hatten Stück für Stück das musikalische Ruder übernommen. Ein 13-minütiges Hollywood-Medley von Hans-Zimmer-Melodien zeigt die sinfonische Bandbreite der Bläser, von dunklen Tönen in Moll, die das russische U-Boot aus „Crimson Tide“ auf Tauchfahrt begleiten, bis hin zu rasant vertonten Kampfszenen aus „Gladiator“.

Fortsetzung eines Erfolgs

Roland Kahle, der aus Hof stammende Orchesterchef, erinnert daran, dass „Band ’n’ Brass“ die Fortsetzung des erfolgreichen Konzepts „Brass & Beat“ ist, das bis 2019 in der Freiheitshalle aufgeführt wurde. Dieses Mal veranstalte man das Konzert in der außergewöhnlich schönen Kulisse der Felsenbühne im Fichtelgebirge, die „zum ersten Mal in ihrer 130-jährigen Geschichte die Kombination eines Bundeswehr-Orchesters mit einer Rockband erlebt“. Für die Veitshöchheimer, die es gewöhnt sind, zu ihren Auftritten um die halbe Welt zu fliegen, sei Wunsiedel fast schon ein Heimspiel. Roland Rischawy ergänzt, dass es bei dem Konzert nicht nur um einen Abend mit toller Musik gehe, sondern auch um einen guten Zweck: Mit den Einnahmen werde man die soziale Arbeit der „Jungen Luisenburg“ unterstützen.

Eines der schönsten Stücke, die sinfonische Musik mit Rock verbinden, ist „Music Was My First Love“ des im Dezember verstorbenen Engländers John Miles. Orchester und Band bringen es mit bombastischer Klangfülle zum Schluss, lassen sich danach aber vom begeistert im Stehen applaudierenden Publikum noch zu einem letzten Höhepunkt überreden: „Don’t Let The Sun Go Down On Me“. Alex Dittrich von Pulp Fiction und Michael Heinlein vom Heeresmusikkorps singen die Parts von George Michael und Elton John mit großer Leidenschaft. Nach zweieinhalb Stunden geht so ein mitreißender Musikabend auf der Luisenburg zu Ende, der – das zumindest hoffen viele auf dem Weg zum Parkplatz – eine neue Tradition begründen könnte.

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