Basketball Geben Schröder & Co einen Schub?

Jubel beim deutschen Basketball-Nationalteam nach dem Vorrundensieg über Litauen. Foto: Imago/Sven Simon

Ist die Basketball-EM im eigenen Land Chance oder Strohfeuer? Die Sportart hat regional ein recht unterschiedliches Standing. Der Wunsiedler Florian Vates erhofft einen zusätzlichen Schub.

 
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„Ein gutes deutsches Team könnte vielleicht etwas lostreten. Ich hoffe es“, hat Florian Vates schon gewisse Erwartungen, die Basketball-Europameisterschaft in Deutschland betreffend. Aktuell ist der Wunsiedler in dieser Sportart bei der Regionalligamannschaft der DJK Neustadt/Waldnaab als Assistant- und Development- Coach tätig. Und natürlich verfolgt er die EM, wie ebenso alle anderen Großereignisse, die NBA, BBL und die größeren europäischen Wettbewerbe, ganz genau – einerseits als Fan, aber natürlich auch als Trainer. „Da bist du als Coach permanent am Lernen, kannst die eigene Perspektive weiterentwickeln. denn solche Ereignisse sind immer auch Trendsetter“, sieht Vates in solchen Turnieren oftmals eine gewisse Vorreiterrolle für den modernen, zukunftsorientierten Basketball, der sich in den darauffolgenden Jahren durchsetzen wird. Aktuell gehe die Tendenz beispielsweise wieder weg von den fünf Außen, hin zum klassischen Center. „Da kann man sich als Trainer natürlich auch einige taktische Finessen abschauen.“

Zum Basketball fand der gebürtige Weißenstädter und eigentlich Fußballer über den Schulsport. Das auch, weil die Sportart Anfang der 1990er Jahre durch NBA und „Dream-Team“ auch in Deutschland einen großen Aufschwung erlebte. „Das hat mich einfach gecatcht und das Feuer entfacht“, sagt Vates zurückblickend. Ohne eine echte Basketballausbildung genossen, oder in einer richtigen Jugendmannschaft gespielt zu haben, brachte er es in seiner aktiven Zeit immerhin bis zum Oberligaspieler für Saas Bayreuth. „Die Regionalliga hätte ich vielleicht auch schaffen können, aber da ging mein Studium damals vor.“

So spielte Vates dann lieber mit „mega Fun-Faktor“ beim damaligen ATS Wunsiedel, bei dem im Hoch der 2000er Jahre eine Basketballabteilung gegründet worden war. Mit den Fichtelgebirglern schaffte er es immerhin auch bis in die Bezirksliga. Bei all der Freude und dem Spaß am Basketball musste er neben gewissen Aufstiegen jedoch auch einige lokale Niedergänge verfolgen. In Wunsiedel beispielsweise spielt Basketball heute keine Rolle mehr. „Die Unterstützung vom Verein wäre zwar da, aber es fehlt allgemein an der Nachfrage“, bedauert Vates die rückläufige Entwicklung, die er auch an anderen Standorten feststellen musste – beispielsweise in Hof. Zum damaligen Oberligisten, was einem heutigen Bayernligisten gleich käme, wäre er selbst beinahe einmal gewechselt. Heute sind die Saalestädter gerade noch in der Bezirksliga vertreten. Oder immerhin noch? Ohne das Engagement einiger weniger wäre vielleicht auch das nicht mehr der Fall mutmaßt Vates. „Ich kenne Karsten Tillberg vom TSV Hof sehr gut und weiß, wie sehr er sich engagiert und welches Herzblut er reinsteckt.“

Aber ein, zwei Personen könnten den großen Aufwand alleine nicht stemmen. Diese Erfahrung musste Vates selbst machen – in Wunsiedel. Dort zog es viele der Basketballer mit einem gewissen Alter aus beruflichen Gründen, oder wegen des Studiums in die Ferne. Die Strukturen vor Ort waren zu schwach um diese Abgänge zu kompensieren, die Euphorie ebbte ab, es folgte das Aus. Dabei gibt es in Oberfranken und der angrenzenden Region auch viele gute Beispiele für gewachsene Strukturen. Bamberg, Bayreuth, Coburg, Baunach oder eben Neustadt an der Waldnaab – die Oberpfalz betreffend das kleine, gallische Dorf in Sachen Basketball.

Nachdem Vates nach seiner aktiven Zeit dem Basketball nicht abschwören wollte, hatte er nach Erwerb der Trainerlizenz von 2014 bis 2018 den Bezirksoberligisten Bindlach gecoacht. Nach einer Auszeit wegen Corona und Familienzuwachs war er dann dem Ruf von DJK-Headcoach Stefan Merkel nach Neustadt gefolgt und ist dort nicht der einzige Oberfranke. Auch die Marktredwitzer Brüder Liam und Luke Archer spielen mangels Alternative für die ortsnahen Oberpfälzer in der Regionalliga II. Dass es sehr bald in die Regionalliga I und dann gerne auch noch weiter nach oben gehen soll, daraus macht der Verein keinen Hehl. Denn im 6 000-Einwohner-Städtchen gibt es die gewachsenen Strukturen, den Rückhalt und das Interesse. Dass mitunter 400 Zuschauer bei den Heimspielen in der Halle wären, sei der Beleg dafür, aber nicht das Wichtigste. Vielmehr garantiere die familiäre Identifikation vom Opa bis zum Enkel mit dem Verein auch für eine gewisse Solidität, um Ehrenamtler und Helfer zu generieren, ohne die ein anhaltender sportlicher Erfolg in diese Form sonst gar nicht möglich wäre.

Von der EM kann ein Impuls ausgehen

Auch die derzeitige Europameisterschaft könnte einen Teil dazu beitragen, das Interesse am Basketball weiter zu festigen, zu beflügeln, oder an einigen Orten womöglich wieder Leben einzuhauchen. Natürlich bräuchte es dafür am besten ein erfolgreiches deutsches Team, dem Vates als Dark Horse, also einer Mischung aus Außenseiter und Geheimfavorit, einiges zutraut – auch, wenn er mit einer ähnlichen Prognose beim Turnier 2019 komplett daneben lag. „Der Kader ist schließlich gut mit NBA-Spielern gespickt. Wenn man sich einen Franz Wagner anschaut. Der hat eine super Rookie-Saison in Orlando gespielt. Sein Potenzial in der Nationalmannschaft kann man noch gar nicht abschätzen“, meint Vates. „Und ein Dennis Schröder kann auch in jedem Spiel explodieren.“ Nach dem erfolgreichen Auftakt und vielleicht einem guten Gegner im Viertelfinale könne sich gerade zuhause eine Eigendynamik entwickeln.

Basketball muss sich besser positionieren

Doch sollten die Deutschen mit einer guten EM den Basketball hierzulande beflügeln, müsse dieser Schub für Vates auch zu einer dauerhaften Verbesserung der Nachwuchsarbeit führen. Um Strukturen in der Breite aufzubauen, also auch mit Damen-, Jugend- und Kinderteams, um Betreuer zu finden, sich Hallenzeiten zu erkämpfen, Talente zu entwickeln, einzubauen und zu halten, um Regionen zu mobilisieren, brauche es Popularität. Einen Teil der Verantwortung sieht Vates dabei auch in der medialen Begleitung. „Wie wird denn außerhalb der Hochburgen beispielsweise über die BBL berichtet – im Vergleich zur zweiten Fußball Bundesliga, selbst zur dritten Liga“, will Vates damit allerdings kein Konkurrenzdenken zum Fußball schüren. „Ich mag auch Fußball. Das Allerwichtigste sind Kids, die Sport machen.“ In dieser Hinsicht müsse auch der Basketball seine Daseinsberechtigung lauter hören lassen. Dabei müssten gegebenenfalls auch die Ligen umdenken, mehr in die Öffentlichkeit gehen, anstatt sich im Bezahlfernsehen nur dem ohnehin schon interessierten Publikum zu präsentieren „Wir müssen allgemein besser wahrgenommen werden, um den Mädels und Jungs den Sport mehr ans Herz zu legen“, unterstreicht Vates im Allgemeinen und fügt seine Sportart betreffend an: „Um den Basketball zu positionieren muss man ihn sehen und erleben können.“

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