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Jugendarbeitslosigkeit, hohe Abbruchquoten und Fachkräftemangel sind auch im Landkreis Kulmbach Kernprobleme der Arbeitswelt von heute. Das Projekt „Klug-entscheiden!“ will die Kompetenzen junger Menschen stärken und sie dazu befähigen, gute Entscheidungen für ihre Zukunft zu treffen.

Mehr als 40 Prozent der deutschen Unternehmen klagen über Fachkräftemangel. Demgegenüber stehen 2,6 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 35 Jahren, die im Jahr 2021 keine Berufsausbildung hatten – das besagt der Berufsbildungsbericht 2023. Aus dem Bericht geht ebenfalls hervor, dass die Abbrecherquote bei 26,7 Prozent liegt.

Eine Ursache sieht das Team des Forschungsprojekts „Klug-entscheiden!“ darin, dass vielen Schülern zwar vielseitige Wege in der Berufswahl offen stehen, sie aber oft nicht wissen, wie sie zu einer für sie richtigen Entscheidung kommen. „Es geht darum, sich selbst einzuschätzen und sich Ziele zu setzen“, erklärt Prof. Dr. Johannes Siebert, Initiator und Projektleiter. „Der Prozess startet damit herauszufinden, was einem bei der Entscheidung etwa der Berufswahl wichtig ist.“ Erst danach werden Optionen definiert und anschließend miteinander verglichen.

Junge Menschen, die kurz vor ihrem Schulabschluss ein systematisches Training ihrer Entscheidungskompetenzen erhalten, ziehen bei der Wahl eines Studiengangs oder einer beruflichen Ausbildung ihre Fähigkeiten und Interessen weitaus gründlicher in Betracht, als wenn sie spontan Wunschvorstellungen folgen oder nur auf die Empfehlungen anderer vertrauen, heißt es von den Experten.

In der Praxis sieht das Modell so aus, dass zum einen Lehrkräfte geschult werden, damit sie eigenständig mit ihren Schülern diese Entscheidungsprozesse durchlaufen können. Mithilfe von Online-Tools entdecken Schüler ihre eigenen Fähigkeiten, Wünsche und Ziele - die Lehrkraft begleitet sie auf diesem Weg. Zusätzlich werden aktuell in Oberfranken sogenannte „Leuchtturmschulen“ etabliert, die das Projekt bereits erfolgreich umsetzen. Eine davon ist die Max-Hundt-Schule in Kulmbach. Hier wurden im Oktober zum zweiten Mal Schüler einer achten Klasse in einem zweitägigen Workshop an das Konzept herangeführt.

Dr. Nadine Oeser, Mitinitiatorin und Projektkoordinatorin, verbrachte mit Trainer Yahya Durmaz zwei Tage an der Kulmbacher Mittelschule, um den Schülern Hilfen zur Entscheidung über den geeigneten Praktikumsplatz an die Hand zu geben. „Auf den ersten Blick hat das Projekt Ähnlichkeit mit einer Potenzialanalyse“, sagte Klassenleiterin Anja Leykam, aber der Unterschied liege darin, dass man mit den Ergebnissen nicht allein gelassen werde.

Die 14-jährige Joann-Lee etwa wurde durch das Projekt in ihrer Entscheidung, Kindergärtnerin oder Heilerziehungspflegerin zu werden, noch bestärkt. „Ich wusste schon, dass ich mit Kindern arbeiten möchte, aber jetzt bin ich mir ganz sicher“, sagte die Schülerin am Ende des Workshops.

Tatsächlich hatte ein Großteil der Schüler nach den zwei Tagen eine konkrete Vorstellung, in welche Richtung es beruflich für sie weitergehen soll. Häufig war es die Kindergärtnerin, aber auch Elektriker, Ergotherapeut, Büchsenmacher, Anwaltsgehilfin oder Ausbildungsberufe im ärztlichen Bereich oder in der Logistik wurden genannt.

„Ich habe jetzt erst einmal erfahren, wie viele Berufe es überhaupt gibt“, lautete das Fazit einer Schülerin. Ein anderer Schüler fand die Online-Tools ansprechend, „ich wusste gar nicht, wie viele Testplattformen es gibt.“ „Ich weiß jetzt, in welche Berufsrichtung ich gehen will“, hörte man von den Schülern, und der Großteil bekräftigte: „Ich will mir das zu Hause noch mal genauer anschauen.“

Am 15. November wird das Projekt im Rahmen eines Webinars die Entscheidungsanalyse vorstellen. Informationen dazu unter www.netzwerk-berufswahlsiegel.de/siegelakademie/index.php/klug-entscheiden/. Am 23. November gibt es für Lehrkräfte und Berufsberater von 9 bis 16 Uhr online ein kostenloses Fortbildungsangebot. Der Zugang ist zu finden unter: www.klugentscheiden.org/fortbildung