Ein bisschen Frieden Ukrainischer Nationalfeiertag in Hof

Lisbeth Kaupenjohann

Die Ukrainer in Hof feiern ihren Nationalfeiertag in der Altstadt. Er fühlt sich heuer anders an als sonst. Dem Schrecken von Putins Angriffskrieg setzen sie jedoch Frohsinn und Gesang entgegen.

 
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Mit Gesang, Musik und Tanz hat am Mittwoch die ukrainische Community aus Hof und Umgebung am Kugelbrunnen in der Altstadt ihren Nationalfeiertag begangen. Rund 200 Menschen feierten mit, viele in folkloristischen Kleidern, Blumenkränze im Haar. Andere schwenkten gelb-blaue Fähnchen mit rotem Herz oder die heimische Flagge, hatten Transparente gemalt, auf denen sie sich Frieden für eine freie Ukraine wünschten. Kinder hüpften fröhlich herum oder planschten am Kugelbrunnen. Auch wenn der Krieg sich nicht aus den Gedanken verdrängen lässt: An diesem Tag wollten die Menschen fröhlich sein.

Hoffnungsvolle Lieder

„Wir Ukrainer lieben es zu singen, zu tanzen und miteinander zu feiern“, erklärt Tamila Evangelij aus Oberkotzau, eine der Organisatorinnen. Schon lange lebt sie in Deutschland. Heute fühle sich das Fest ganz anders an. Viele ihrer Landsleute seien obdachlos, die Männer im Krieg. Doch sei man dankbar, dass so viele Länder den Ukrainern helfen. „Wir danken der Stadt und dem Landkreis Hof für die Aufnahme der Flüchtlinge und für die Hilfe. Wir danken auch allen ehrenamtlichen Helfern.“ Dann zitiert Evangelij einen Sinnspruch: „Der Mensch ist zu allem fähig, warum nicht auch zum Frieden?“

Man kann diesen Satz als Absage an die Vernunft, aber auch als Hoffnung verstehen. Aus den Liedern und Gedichten, die in den eineinhalb Stunden vorgetragen und oft mitgesungen werden, geht es um Heimatliebe, um menschliche Schicksale, um die Schönheit der Ukraine – und um den Krieg. Drei ältere Männer, von denen einer einen Kinderwagen hin und her rollt, sind sichtlich gerührt und singen aus voller Brust mit, als Sängerin Natalija Lozova vom Abschied einer Mutter von ihrem Sohn singt.

Kriegerische Landesgeschichte

Mit Krieg und dem Leid, das er verursacht, haben die Ukrainer in ihrer Geschichte viel Erfahrung gesammelt. Immer wieder geriet das Land zwischen die Fronten großer Reiche. Mal gehörte es zu Litauen, mal zu Polen, mal zu Österreich, dann wieder zu Russland. Als die Sowjetunion 1991 zerfiel, erklärte die Ukraine am 24. August ihre Unabhängigkeit. Die ukrainische Sprache und Kultur hatte sich über die Jahre eigenständig entwickelt und gefestigt. 2014 besetzte Russland die Halbinsel Krim. Vor einem halben Jahr startete Putin den Angriffskrieg auf die Ukraine. Ein Ende ist derzeit nicht in Sicht.

„Die Ukrainer kämpfen nicht für sich allein, sondern auch für die Freiheit Europas“, sagt Khrystyna Suynchak, die ebenfalls zu den Organisatorinnen zählt. Tamila Evangelij verliest ein Schreiben der Stadt Hof. Die Hilfe für die Flüchtlinge aus der Ukraine betrachte man als Selbstverständlichkeit, heißt es da.

Neugierige Passanten

Neben den Ordnern der Veranstalter achtet die Polizei darauf, dass es ein friedliches Fest bleibt. Aber von Politik will an diesem Nachmittag sowieso keiner etwas hören. Hofer kommen vorbei, lauschen der fremden Sprache und freuen sich an den Melodien und Rhythmen sowie an den fröhlichen Kindern. Kleine Mädchen und Jungen tragen Gedichte vor, viel beklatscht und fotografiert, ein junges Mädchen erweist sich als talentierte Tanzartistin. Natalija Schmidt stammt selbst aus der Ukraine und lebt seit 22 Jahren in Deutschland, derzeit in Naila. „Es berührt mich sehr, die alten und neuen Lieder zu hören“, sagt sie. Am Kugelbrunnen planschen kleine Mädchen und Jungen mit nackten Füßen im Wasser. Wie einfach es doch ist, mit einem kleinen Fingerstups eine schwere Steinkugel in Drehung zu versetzen. Warum soll es so schwierig sein, in Frieden zu leben?

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