Etwas Leben für die Hofer Neustadt Die Tische sind gedeckt

Alisa Schrauth

Im Restaurant Karolins tritt ein junges Team für diese Mission an. Ausgebremst durch Corona, doch nicht gestoppt: „Jammern hilft ja nicht“, ist die Devise.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Hof - In der Küche klappert Geschirr. Die Tische im Restaurant sind eingedeckt. Mitarbeiter unterhalten sich. Auf den Tischen mit den schwarzen Decken stehen goldene Platzteller mit schlichten weißen Tellern darauf. Die kleinen Verzierungen am Rand der Teller erinnern an Omas gutes Porzellan, welches nur für besondere Gäste aus der Vitrine geholt wird. Neben dem Gedeck Kristallgläser. Als ob jeden Moment die Gäste zur Türe reinkommen.

Roman Zeilinger ist 31, senfgelber Parka, moderne Metallbrille. Er ist Inhaber des Restaurants Karolins in der Hofer Altstadt. Aktuell kümmert er sich mehr um Reparaturarbeiten und weniger um seine Gäste. Wegen der Corona-Pandemie dürfen Die Tische sind gedeckt Bissl Leben für die Hofer Neustadt: Im Restaurant Karolins tritt ein junges Team für diese Mission an. Ausgebremst durch Corona, doch nicht gestoppt: „Jammern hilft ja nicht“, ist die Devise sie nicht kommen. Zeilinger weiß, dass seine Branche leidet – doch „jammern hilft ja nicht“. Durch die eingelassenen, dreiteiligen Fenster scheint die Sonne. Keine Wolke am Himmel. Gerade an so einem Samstag ist ein geschlossenes Restaurant bitter für ihn. „Wir nutzen die Zeit, um kleine Dinge auszubessern.“ Fußleisten anbringen, Küchengeräte montieren. Erst vor einem Jahr hat er sein Restaurant eröffnet.

Geplant war die Eröffnung für den 15. März 2020 – zwei Tage davor kam es zum ersten Lockdown. „Ausgerechnet am Freitag, dem 13.“, sagt er und lacht. Als einige Wochen später die „Biergartenwochen“ kamen, regnete es. Doch all die Umstände lassen Zeilinger nicht an seiner Idee zum Karolins zweifeln. Seine Großmutter hatte schon eine Gastronomie, er selbst hat immer in der Branche gejobbt. Trotzdem ist er Quereinsteiger, frühere Stationen waren in der Kommunikation und im Marketing.

„Ich habe mich hier auf der Karolinenstraße zufällig mit einem Mann über die Hofer Altstadt unterhalten, dass hier bissl das Leben fehlt.“ Der Gesprächspartner stellte sich als Eigentümer des alten Hauses heraus, in dem das Restaurant heute ist. Mit seiner „Da müsste man mal was machen“- Einstellung hat Zeilinger in dem alten Haus zunächst ein Kaffeehaus eröffnet, das abends zur Bar wird. Doch er wollte immer das Restaurant im Raum nebenan eröffnen. Beide Gästebereiche, Restaurant und Kaffeehaus, sind in kleinen Räumen, dazwischen ein Gang und eine Küche.

Die Räume haben Zeilinger fasziniert, weil sie aus der Biedermeierzeit stammen. Die Häuser des gesamte Viertels im Umkreis von 300 Metern um das Karolins herum sind aus der Epoche. „Viele Hofer wissen um die Geschichte der Stadt – doch so richtig identifiziert sich damit keiner.“ Er findet das schade. „Hof war in der Biedermeier-Zeit eine reiche Stadt“, weiß er. Nach dem Hofer Stadtbrand 1823 wurde der Stadtteil, heutige Neustadt, unter Bayerns König Maximilian I. Joseph im Biedermeierstil wieder aufgebaut. Seine Frau Karoline von Baden war die starke Frau an des Königs Seite. Deshalb heißt das Restaurant Karolins und das Kaffeehaus Maximilians.

„Die Leute fragen uns oft, ob ich Maximilian heiße und meine Frau Karoline“, erzählt Zeilinger. Seine Frau heißt Julia. Roman und Julia wären aber auch keine schlechten Namen gewesen. Zeilingers Frau ist „für das Schöne“ zuständig. Im Restaurant stehen mehrere große, goldene Kerzenständer. Der Raum ist klein. Die weiße verschnörkelte Tapete macht ihn zusätzlich heimelig. Eine Wand ist komplett in schwarz gestrichen. Die Holzmöbel, teilweise mit aufwendigen Polstern, bilden einen Kontrast dazu. Sie wirken zusammengewürfelt, fügen sich aber trotzdem zu einem stimmigen Ensemble zusammen. Biedermeier trifft auf urbane Moderne.

Aus der Küche kommen Geräusche. Sven Horn probiert ein neues Gericht, das er den Gästen nach dem Lockdown servieren möchte. Er macht panierte Champignons mit Tomatenfrischkäse als Vorspeise. Kalbsroulade, Baumwollklöße und Rote Beete als Hauptgang. Horn ist Koch im Karolins. Kochjacke an, Käppi auf dem Kopf. „Wir testen immer wieder neue Gerichte für unsere Speisekarte, am liebsten mit saisonalen Produkten.“ Er sucht kurz nach dem richtigen Messer. Die Küche bleibt im Lockdown meist leer. Abhol- und Lieferservice gibt es im Karolins nur an ausgewählten Tagen – Muttertag ist wieder so einer.

„Die Panade für die Champignons habe ich mit Bier verfeinert – das soll die Gäste geschmacklich an die Volksfeste erinnern.“ Horn schneidet einen Pilz auf, spießt die anderen auf ein Holzstäbchen und platziert sie auf einem Salat. Dazu die rote Creme. Textur und Farbe sind ihm wichtig. „Wir hätten statt der Roten Beete auch das klassische Rotkraut nehmen können, doch so bekommt das traditionelle Gericht einen schickeren Touch.“ Und das ist der Anspruch. „Wie bei Großmuttern – nur mit dem gewissen Extra.“ Mit „der Pinzette“ will im Karolins keiner arbeiten.

Die Atmosphäre ist locker. Den „typischen“ Küchenduktus mit lautem Ton und geworfenen Pfannen soll es im Karolins nicht geben. Roman Zeilinger möchte neue Wege gehen. Auch, was die Produkte in seinem Restaurant angeht: „Die Genussregion Hof hat viel zu bieten“. Statt abgepackter Steaks kauft er lieber Fleisch aus der Gegend. Der Preis sei geringfügig höher. „Das sogenannte Superfood braucht’s auch nicht – wir haben genug heimische Varianten.“ Und heimische Lieferanten – Zeilinger erzählt beim Kaffeeeinschenken von seinem Kaffeehändler. Der komme aus Plauen und achte auf fair gehandelten Kaffee. Er drückt das Sieb der kleine Frenchpress nach unten. „Die Lieferkette soll klein bleiben.“

Sven Horn erzählt von seiner beruflichen Laufbahn. „Ich habe nach der Schule eine Kochlehre angefangen, aber abgebrochen und eine Schreinerlehre gemacht.“ Das Kochen ist ihm nicht aus dem Kopf gegangen, weshalb er mit 27 noch mal einen Versuch startete. Erfolgreich. „Ich habe immer überlegt, ob ich meine Leidenschaft zum Kochen verliere, wenn ich den ganzen Tag nichts anderes mache. Das ist nicht passiert!“

Kommunikation ist im Karolins ein wichtiges Thema. „Gerade in der jetzigen Zeit möchte ich den Kontakt zu meinen Gästen halten, Mut machen und gute Laune verbreiten“, sagt Zeilinger. Er ist dafür in den sozialen Medien unterwegs. Während des Betriebs, der für das Karolins nur wenige Monate einigermaßen normal verlief, hörten sich die Mitarbeiter die Kritik der Gäste persönlich an. Dann läuft auch mal ein Koch herum und horcht nach, was ankam und was nicht. „Ich mache das eigentlich nicht so gern, ich bleibe lieber im Hintergrund“, gibt Horn zu, schaut zu Zeilinger und lacht. „Wir sind offen für Vorschläge für die Speisekarte – aber uns muss es natürlich auch gefallen.“ Zeilingers Ansatz: „Die Menschen wollen Einfaches, aber gut gemacht.“

Und die Menschen wollen langsam wieder ein soziales Leben. „Wir sind jedenfalls bereit und scharren mit den Hufen.“ Zur eigenen Motivation decken die Zeilingers ihre Tische ab und an ein – so, als würden gleich die Gäste kommen. Alles ist vorbereitet, aber es ist kalt in den Räumen. „Draußen ist es wärmer als hier drin“ ruft einer. Das liege an dem alten Gebäude. Vielleicht aber auch daran, dass keine Gäste da sind.

Absolvinator Champignons - Ein Rezept von Sven Horn

Zutaten:

500 g Champignons

100 ml Absolvinator (Bier)

100 g Weizenmehl

100 g Panko-Paniermehl

300 ml Wasser

Salz, Pfeffer

Gewürzmischung Hofer Allerlei

Zubereitung:

- Champignonköpfe putze

- Bier und Mehl gründlich verrühren und mit Salz und Pfeffer würzen

- Champignonabschnitte fein hacken

- Champignonköpfe in der Teigmasse und
anschließend in Panko wenden

- In einem Topf mit Öl bei 180°C goldgelb
ausbacken

- Champignonabschnitte und Gewürzmischung
in Wasser sirupartig einreduzieren und durch ein feines Sieb passieren

Dazu passen Tomatencreme und Römersalat

Über das „Karolins“

- Anschrift: Karolinenstraße 20, 95028 Hof

- Telefon: 09281 8180229

- E-Mail: post@karolins-restaurant.de

- Internet: www.karolins.de

- Geöffnet: Mittwoch bis Freitag von 17 bis 23 Uhr, Samstag von 11 bis 23 Uhr und Sonntag von 11 bis 15 Uhr

- Küche: Lokal und Saisonal – wie bei Großmutter, mit dem gewissen Extra. Auf der regelmäßig wechselnden Speisekarte stehen meist um die 13 Gerichte (vier Vorspeisen, sechs Hauptgänge und 3 Desserts). Platz bietet das Restaurant für 42 bis 48 Personen, außen in der Fußgängerzone kommen nochmal rund 40 Sitzplätze dazu

Bilder