BN informiert Wenn Wasser nicht nass macht

Linkes Bild: Eine Esche mit übergroßem Wurzelfuß am Schlossfelsen in Schauenstein. Die Wurzel ist dicker als der Baumstamm selbst. Hier verhält es sich anders herum als bei Weichhölzern: Harthölzer wie Buchen, Eichen oder Eschen bauen dort Material zu, wo Druckspannungen herrschen. Die Esche in Schauenstein hat ein großes Eigengewicht und verstärkt überproportional mit jedem Jahresring den frei stehenden Wurzelfuß. Foto: BN

Pflanzen haben Problemlösungen parat, die auch dem Menschen helfen können – zwei Beispiele.

 
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Die Ortsgruppe Frankenwald Ost des Bundes Naturschutz in Bayern gibt in ihrer Rubrik „Großartige Kleinigkeiten“ interessante Informationen weiter, wie die Menschen von der Natur lernen können.

Lotus-Effekt

Den sogenannten Lotos-Effekt kennt wohl jeder. Dieser lässt auf Oberflächen von Kleidung oder Fassaden das Wasser abperlen; Verschmutzungen werden verhindert. Dieses hydrophobe, also wasserabweisende Verhalten könnte auch „Frauenmantel-Effekt“ heißen. Dieses Kraut ist im Frankenwald weit verbreitet und kommt fast an jeder Wegeböschung oder auch auf Wiesen vor. Schaut man genau hin, stehen die Wassertropfen als Kugeln auf den mit winzigen Härchen besetzten Blättern.

Mattheck-Kurve

Weniger bekannt ist die Linie gleicher Zugspannung, die auch nach dem Entdecker Mattheck-Kurve genannt wird. Diese Kurve besitzt jede Fichte am Stammansatz. Der Baum verstärkt das Dickenwachstum genau dort, wo erhöhte Zugspannungen auftreten. Wird die Fichte durch den Wind belastet und der Stamm biegt sich, kommt es auf der Luv-Seite zu senkrechten Zugspannungen im Splintholz. Die Kambiumschicht verstärkt dort durch die zusätzliche Belastung ihr Dickenwachstum. Auch die radial weglaufende Wurzel wird so verstärkt. Das Geniale daran ist, dass dies materialsparend passiert: Der Baum baut nur so viel zu, wie nötig ist, um die Kräfte dort optimal in den haltenden Boden abzuleiten. Es entsteht eine Kontur gleicher Zugspannung. Die Fichte ist damit ein effizienter Selbstoptimierer. Der Nutzen aus dieser Erkenntnis ist gewaltig: So waren noch vor Jahren die Knochen-Schrauben bei Skelett-Operationen die bruchgefährdetsten Bauteile. Die Querschnitte der Schraubengewinde werden nun nach der Linie gleicher Zugspannung optimiert, also genau wie der Stammfuß einer Frankenwaldfichte konstruiert. Eine Innovation, die der Bionik und der aufmerksamen Naturbeobachtung durch den Physiker Claus Mattheck zu verdanken ist; er hat auch für die Linie gleicher Zugspannung eine simple Konstruktionsmethode entwickelt, die der Zugdreiecke.

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