Crystal Meth „Das ist wie Mottenfraß im Gehirn“

Crystal Meth richtet furchtbare Dinge an mit den Menschen, die von der Droge abhängig sind. Foto:  

Jochen Bergmann ist bei der Bayreuther Kripo für Prävention in Sachen Drogen zuständig. Menschen, sagt er, suchen Glück, wenn sie zu Rauschgift greifen. Was herauskommt, sei aber etwas ganz Anderes.

 
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Nach Cannabisprodukten ist es am zweitmeisten Crystal Meth, zu dem Menschen greifen, wenn sie in Oberfranken illegale Drogen konsumieren. Seit Jahren halten sich die Zahlen konstant – und damit auch das Ausmaß der Zerstörung, die das Rauschgift bei Menschen anrichtet. Jochen Bergmann ist Kriminalbeamter. Er ist seit Jahren bei der Bayreuther Kripo für die Drogenprävention zuständig. Unter anderem hält er Vorträge an Schulen, auch in Kulmbach. Er kennt sich aus mit dem Thema.

Crystal Meth gehört zu den Amphetaminen und ist keineswegs eine „Errungenschaft“ der Gegenwart. 1893 ist der Stoff erstmals in Japan in flüssiger Form synthetisiert worden, 1921 wurde Methamphetamin sogar patentiert. Unter dem Namen „Pervitin“ wurde es im Dritten Reich sogar offiziell gehandelt. Millionenfach wurden deutschen Soldaten Tabletten verabreicht. Begriffe wie „Panzerschokolade“ oder auch „Stuka-Tabletten“ wurden geboren. Das Ziel war klar: Die Pillen sollten Angst dämpfen, Leistung und Selbstwertgefühl der Soldaten stärken. Geschichtsbücher verraten: Allein zwischen April und Juni 1940 hat die Wehrmacht mehr als 35 Millionen Pervitin-Tabletten bezogen. Die Folgen waren unübersehbar. Ab Mitte 1941 war der Stoff ins Reichsopiumgesetzt aufgenommen worden und nur noch auf Rezept erhältlich. Erst 1988 wurde Pervitin endgültig aus dem Handel genommen.

Jochen Bergmann arbeitet bei der Kripo Bayreuth und ist dort für Drogenprävention zuständig. Foto: Archiv

Nach dem High ein tiefer Fall

Hochgradig giftig sei der Stoff, den man heute unter dem Namen Amphetamin kennt, sagt Jochen Bergmann. Ecstasy-Pillen gehören dazu, und auch Crystal Meth, das als der heftigste Stoff in dieser Gruppe eingeordnet wird. Die Droge schafft euphorische Gefühle, putscht auf. „Das geht Vollgas aufs Glückzentrum“, sagt Jochen Bergmann. „Konsumenten verspüren erst einmal ein Hochgefühl. Das Problem an der Sache: So schnell, wie mich das in ein High bringt, knallt es mich auch auf die Schattenseite der Psyche.“ Angst, regelrechte Panik bis hin zu tiefen Depressionen und Suizidgedanken gehören laut Bergmann ebenfalls dazu, wenn die unmittelbare Wirkung der Droge nachlässt. „Das liegt daran, dass unser Körper durch Crystal in die völlige Erschöpfung versetzt wird.“ Nutzer der Droge, weiß Bergmann, streben nach Glücksgefühlen. „Crystal ist die härteste Abkürzung, die es gibt – mit den brachialsten Folgen, die man sich nur vorstellen kann.“ Crystal einzunehmen tue bereits weh. Das liege an den Inhalten, die den Körper massiv angreifen. Hautveränderungen vom Ausschlag bis zu offenen Stellen, Haarausfall und vieles mehr sind die Folge. Irgendwann vernachlässigen die Süchtigen ihre Körperhygiene, verlieren ihre sozialen Kontakte. „Die Menschen verändern sich stark, auch optisch. Die Psyche wird massiv angegriffen. Die Leute verlieren häufig fast alles, und merken es nicht“, erklärt Bergmann. „Sucht ist ein Unfall auf der Suche nach Glück“, konstatiert er trocken.

Crystal habe einen extrem hohen Suchtfaktor. Für viele Konsumenten gelte: „Einmal genommen, und du bist dabei und süchtig.“ Bergmann zitiert zum Schluss den Arzt Hans-Peter Steingass. Er hat auf der Maximilianshöhe in Bayreuth, einer Langzeiteinrichtung für chronisch Suchtkranke, die heute von der Sozialteam-Gruppe in Regensburg betrieben wird, einen Vortrag gehalten. Der Mediziner habe die Folgen des Crystal-Konsums als „Mottenfraß im Gehirn“ beschrieben. Genau das treffe es, sagt Bergmann.

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