Der Experte sieht viel Arbeit auf seine Behörde zukommen. Dabei gehe es nicht nur um die Bearbeitung von Bürger-Fragen, sondern auch um Kontrolle: "Werden die Widersprüche bearbeitet, werden sie auch umgesetzt, was passiert mit den Daten? Das wird zwangsläufig zu einem erhöhten Arbeitsaufkommen bei den Landesdatenschutzbehörden führen", sagte er.
Für Bürger stellten sich noch viele Fragen: "Was ist, wenn ich das nicht möchte, wird das vom Widerspruch umgesetzt? Welche Forschungseinrichtungen haben eigentlich meine Daten?", sagte Melzer. "Es gibt ja auch die Möglichkeit, dass der Bürger sagt: Für diese Forschung stelle ich die Daten bereit, aber Forschung, die dazu führt, die Giftspritze in den USA zu unterstützen - das möchte ich nicht." Es sei auch noch nicht klar, wie sich das für die Aufsichtsbehörden auswirke.
Lauterbachs Pläne sehen auch vor, dass Patienten über Zufallsfunde informiert werden können. Krankenkassen sollen ihren Mitgliedern Hinweise geben können, wenn bei Forschungen ein gesundheitliches Problem erkenntlich wird. Eine Frage sei dann, was passiere, wenn man sich trotzdem nicht kümmere. "Bekomme ich dann Briefe von der Krankenkasse?", fragte Melzer. Ableitungen zum Nachteil der Bürger soll es nicht geben. "Aber es bleibt die Möglichkeit, dass Daten dort zusammenfließen. Wir haben ja eine ganze Lebensbiografie, die dann digitalisiert ist." In der analogen Welt hätte man seinem Arzt sagen können, dass man rauche - ohne dass die Krankenkasse das sofort erfahren hätte. Melzer sagte, es müsse klare Diskriminierungsverbote geben.
Nicht immer seien Zufallsfunde erwünscht. "Auch dort muss klar sein, dass es Bürger gibt, die das nicht wollen", sagte er. Als fiktives Beispiel nannte er einen 98 Jahre alten Mann, bei dem sich Hinweise verdichteten, dass es nach einem guten Leben auf das Ende zugehe. Nun bekomme er einen Hinweis auf Prostatakrebs. Springe die komplette Krebsbehandlung an, könne es sein, dass Lebensqualität verloren gehe, obwohl er vielleicht gar nicht an dem Krebs sterben würde, sondern an etwas anderem.