Deutsch-Deutsches Museum Zeugnis eines waghalsigen Plans

Gerhard Wagner (links) hat dem Museum in Mödlareuth sein Fluchtflugzeug als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt; mit im Bild ist Museumsleiter Robert Lebegern. Foto: Landratsamt Hof

Im Jahr 1981 wollte der DDR-Bürger Gerhard Wagner mit einem selbst gebauten Leichtflugzeug fliehen. Es misslang – die Stasi bekam Wind davon. Nun steht das Flugzeug im Museum in Mödlareuth.

 
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Das Deutsch-Deutsche Museum ist um eine Attraktion reicher: Das selbst gebaute Leichtflugzeug DOWA 81, mit dem Dr. Gerhard Wagner mit seiner Familie 1981 über die innerdeutsche Grenze in Richtung Hof fliehen wollte, steht seit Donnerstag in der Fahrzeug- und Technikausstellung des Museums in Mödlareuth zur Besichtigung bereit. Darüber informiert das Landratsamt Hof in einer Pressemitteilung.

Der promovierte Diplomingenieur Gerhard Wagner beschäftigte sich bereits während seines Studiums mit dem Flugzeugbau. Im Jahr 1981 plante und baute er heimlich sein Leichtflugzeug DOWA 81, mit dem er zusammen mit seiner Familie in den Westen fliehen wollte. Der Selbstbau ist sechs Meter lang, hat eine Spannweite von neun Metern und ist zirka 250 kg schwer. Das Flugzeug ist in vier Teile zerlegbar: Der Rumpf ist teilbar, und die Flügel sind jeweils abnehmbar.

Auf dem Gelände des ehemaligen Braunkohletagebaus Nonnewitz bei Zeitz wollte Wagner mit dem selbst gebauten, zweimotorigen Flugzeug starten, nach Süden fliegen entlang der Autobahn A 9 als Orientierungshilfe, die innerdeutsche Grenze passieren und auf dem Flugplatz Hof oder dem Flugplatz Helmbrechts landen. Doch die Staatssicherheit vereitelte sein Fluchtvorhaben. Aus den Beobachtungs- und Ermittlungsberichten sowie den Maßnahmeplänen, die Wagner bei seiner Akteneinsicht im Jahr 1993 vorgefunden hat, geht hervor, dass das Ministerium für Staatssicherheit eine umfangreiche „Operative Personenkontrolle“ vorgenommen und einen „Operativen Vorgang“ über ihn angelegt hatte. Seine Wohnung wurde konspirativ durchsucht und mit Hilfe von Wanzen abgehört; seine Post wurde kontrolliert. Mindestens vier inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit waren auf ihn angesetzt.

Kurz nach Fertigstellung seines Fluchtflugzeugs wurde Wagner zusammen mit seiner Familie am 25. Juli 1981 in Dresden verhaftet und in die Stasi-Untersuchungshaftanstalt eingeliefert. Wegen Vorbereitung eines ungesetzlichen Grenzübertritts nach Paragraf 213 DDR-Strafgesetzbuch wurde die Familie zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Wagner wurde in die Strafvollzugsanstalt Brandenburg und seine Frau in das Frauengefängnis Hoheneck überstellt. Die drei Kinder wurden in die Jugendhaftanstalt Halle eingeliefert. Ein Jahr später, im Juli 1982, gelangte die Familie im Zuge des Häftlingsfreikaufs in die Bundesrepublik.

Das Fluchtflugzeug selbst befand sich bis zur Friedlichen Revolution 1989 in der Asservatenkammer des Ministeriums für Staatssicherheit in Ost-Berlin. 1991 gelangte es in das Deutsche Museum, Außenstelle Flugwerft Schleißheim, und wurde in der dortigen Dauerausstellung gezeigt.

Wagner übergab sein Flugzeug nun dem Museum Mödlareuth als Dauerleihgabe. Nach derzeitigen Plänen soll das Flugzeug später in der Dauerausstellung im neuen Museumsgebäude im Kontext „Wege zur Freiheit“ präsentiert werden.

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