Es ist seit Jahrzehnten stets dasselbe: Während die einen reflexhaft "Dreckschleudern!" krakeelen, schreien die anderen nicht minder schnell "Wachstumsmotor!" – und am Ende bleibt alles wie gehabt. Trotz noch so vieler Eckpunkte-Papiere. Als hätte Mobilität kein bisschen damit zu tun, wie Arbeit organisiert wird und mit dem wachsenden Strom von Pendlern. Und als könne man sich Klima und Umwelt in ein paar Jahrzehnten dann ja immer noch widmen. Selten hatte Nichtstun schlimmere Folgen.
Man hätte angelegentlich darüber streiten können, warum Sprit an der Tanke eigentlich drastisch besteuert wird und Treibstoff für Flugzeuge gar nicht? Man hätte sich fragen können, warum in Norwegen Elektro-Autos der Hit sind und hier nicht. Und ob es nicht vielleicht nur pure Heuchelei ist, in Allrad-SUV thronend um die armen Eisbären zu barmen?
Stattdessen kontert der Bundesverkehrsminister mit einem eigenen Papier. Tenor: Weiter so. Von den 52 Millionen Tonnen CO2, die bis 2030 gespart werden müssen, sollen 19 Tonnen plötzlich auf verbrauchsärmere Lkw und Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben entfallen. Den Rest besorgt ein bisschen Hokuspokus mit synthetischen Kraftstoffen. Dass der Zauber-Sprit für sündteures Geld gerade mal in ein paar Laboranlagen produziert wird – egal. Hauptsache, die Nummer ist mal wieder schöngerechnet.
Bernhard Mattes kann also ganz entspannt bleiben. Im Grunde hat der Verbandspräsident der deutschen Automobilindustrie seit seinem Amtsantritt bezahlten Urlaub, weil die Akteure der großen Koalition seine Arbeit machen. Niemand hat gefragt, warum deutsche Hersteller auf
chinesische Wünsche gefühlte tausend Mal schneller reagieren als auf schlechte einheimische Stadtluft. Und erst recht nicht, wie man bei VW, Daimler und Co. zu einem freiwilligen Tempolimit à la Volvo steht.
Bliebe noch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) – kraft Amtes Mitglied im Präsidium des VW-Aufsichtsrates und also sicherlich nicht unbefangen. Dennoch hat er der Koalition massive Versäumnisse und "Klima-Mikado" vorgeworfen. Deutschland mache in der Mobilitätswende denselben Fehler wie schon bei der Energiewende: "Das Ziel ist richtig – aber es gibt kein Drehbuch."
Vielleicht sollte Frau Nahles über das Thema "Chefsache" noch mal kurz mit ihrem Genossen diskutieren…