Eigener Inhalt Ein Bild von einem Auto . . .

Wolfgang Plank
 Quelle: Unbekannt

Der Mann hat was übrig für Gelb. Rot hingegen schätzt er eher nicht. Und auch, wenn gerade viel über genau diese Farben gesprochen wird - mit Politik hat das rein gar nichts zu tun. Gelb sei einfach toll zum Arbeiten, sagt der Mann. Weil es sehr vieles sehr viel leichter mache. Ganz anders eben als Rot. Das nämlich spiegelt stark. Und als Mann hinter einem Objektiv schätzt man so manches - Spiegelungen gehören selten dazu.

 
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Jedenfalls nicht da, wo der Mann hinter dem Objektiv für gewöhnlich seinen Job macht. In einer blütenweißen Box inmitten einer schwarzen Halle. Er setzt Autos ins Bild. Mindestens perfekt. Besser noch ein bisschen besser. Wer später im Prospekt blättert, soll schließlich nicht bloß Fotos sehen, sondern Meisterwerke. Schöner noch als der schöne Schein.

Das geht heute deutlich eindrucksvoller als noch vor ein paar Jahren. Per Photoshop kann mittlerweile jeder Anfänger selbst den allerletzten Schnappschuss veredeln. Egal, ob unterbelichtet und verwackelt. Welche Möglichkeiten tun sich erst auf, wenn da ein Profi mit modernster Technik am Werk ist?

Es sind nahezu unbegrenzte. Und die sind der Grund für ein wenig Geheimniskrämerei. Denn natürlich hat der Mann hinter dem Objektiv einen Namen – aber eben auch einen Auftraggeber. Und der will partout nicht lesen, was erst vor dem Objektiv so alles passiert – und anschließend dahinter. Man fürchtet, in den Verdacht der Trickserei zu geraten. Also ob tatsächlich jemand glauben würde, bei einem Werbe-Bild sei nicht irgendwo irgendwie nachgeholfen worden. Oder dass bei der Konkurrenz noch mit Rollfilm und Blende gearbeitet würde…

Dabei geht es höchst spannend zu. In der weißen Box. Da, wo Technik und Kunst bildlich ineinander übergehen. Und wie stets, wenn das Ergebnis keinen Makel duldet, bedeutet das auch harte Arbeit. Nicht ohne Grund steht hinter dem Mann hinter dem Objektiv ein ganzes Team.

Fünf Tage dauert es im Schnitt, bis ein Auto im Kasten ist. Aus allen erdenklichen Blickwinkeln. Gelb geht eben schneller, rot dauert länger. Einen halben Tag braucht die Truppe für einzelne Flächen. Das heißt nicht nur fotografieren, sondern eben auch: Immer wieder Hydraulik-Roller unter die Räder, Auto anheben, anders positionieren, neu ausleuchten. Und jede Aufnahme mit mehreren Belichtungen.

Zufall ist bei einem solchen Shooting nicht vorgesehen. Schließlich wird schon bei einem simplen Passbild geschirmt und indirekt geblitzt. Beim Auto arbeiten sie mit ähnlichen Hilfsmitteln. Diverse Wände liefern diverse Horizonte, der richtige Schatten unter dem Wagen muss ebenfalls her – und mit einem großen weißen Segel, das beweglich unter der Decke hängt, lassen sich wunderbare Konturen zaubern.

Jedesmal das volle Programm. Mit leuchtenden Lichtern und ohne, Räder gerade und eingeschlagen, Türen auf und zu. Zig Umklapp-Varianten für die Rückbank. Dazu das komplette Interieur: mal mit Radio im Display, mal mit Navi, Blick auf Lüftung, Knöpfe, Handschuhfach. Dazu Details von Felgen, Bremsen, Türgriffen. Die Chromleisten mal heller, mal dunkler.

Aus all dem Material entstehen am Ende die Hochglanz-Fotos. Wie eine Art Puzzle. Zusammengesetzt am Computer aus den besten nur möglichen Detailaufnahmen. Mit viel Akribie entstehen am Bildschirm Bilder, die mit einer einzigen Aufnahme nie möglich wären. Schon weil der richtige Schatten für die Haube nicht der wäre, den die Kotflügel bräuchten. Oder die Seitenscheiben.

Ein Job, für den es keine Ausreden gibt. Ein gutes Resultat ist Pflicht. Wie sagt doch der Mann hinter dem Objektiv: "Schlechte Fotos im Studio – das geht gar nicht."