Eigener Inhalt Mit Glück und Geschick

Wolfgang Plank

In Zeiten des Bildschirms hat es der Spiele-Abend schwer. Dafür ist der Spaß nicht nur virtuell.

 
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Okay, der Spätherbst war noch einigermaßen golden. Aber spätestens seit uns Xavier ordentlich den Staub aus der Kapuze geblasen hat, kommt das Wärmende wettermäßig deutlich zu kurz. Womöglich ein ganz guter Zeitpunkt, um in Sachen Draußen-Sport im Wortsinn kürzerzutreten und stattdessen nach getaner Arbeit ein bisschen in den Wohlfühl-Modus zu schalten. Und was läge unter stürmischen Bedingungen näher, als ein paar Freunde, Nachbarn oder Kollegen einzuladen? Zu einem zünftigen Spiele-Abend zum
Beispiel.

Früher hatte so was Tradition. Als es noch keine Wischkästchen gab und Wettstreit nicht online stattfand. Man hockte sich mit ausreichend Knabberzeugs und diversen Getränken an einen Tisch, holte Würfel oder Karten aus der Schublade und zockte bis zum Morgengrauen: Mäxchen, Kniffel, Mau-Mau, Rommé, Poker, Schafkopf oder was auch immer. Noch früher als früher wäre man nach solch einem verruchten Abend durchaus mal im Kerker gelandet. Beim Klerus lief derlei Kurzweil nämlich unter Teufelszeug. Wer spielte, galt als unzuverlässig, streitsüchtig und obendrein habgierig. Da war man auf dem direkten Weg Richtung Hölle praktisch kaum noch aufzuhalten.

Heutzutage muss man wegen einer Runde Backgammon oder einem Full House zum Glück nicht mehr um sein Seelenheil fürchten. Noch nicht mal, wenn man die Kontrahenten bei "Malefiz" gemein vom Feld kickt oder bei Monopoly mit Wonne in den Ruin treibt. Allenfalls revanchieren sich die beim nächsten Wurf auf dieselbe hinterlistige Weise. Und in jedem Fall ist es mindestens zehntausend Mal unterhaltsamer, als auf einem Bildschirm irgendwelche Pokémons zu sammeln.

Höchste Zeit also, mal dem Dachboden einen Besuch abzustatten, nach in irgendwelchen Kartons versteckten Spiele-Schachteln zu kramen und eine Handvoll Leute an den grünen Tisch zu bitten. Am besten stellt man eine kleine Auswahl bereit. Oder jeder Gast darf sein Lieblingsspiel mitbringen. Und wenn der Fundus irgendwann einer Entrümpelungsaktion zum Opfer gefallen sein sollte – fast in jeder Stadt gibt’s einen Laden, wo man sich bekannte, aber eben auch mal ganz ausgefallene Spiele ausleihen kann.

Kleiner Tipp: Nichts ist langweiliger als fingerdicke Anleitungen, endlose Runden sowie langweilige und neunmalkluge Mitspieler. Was immer man auch in Angriff nimmt, sollte daher allen bekannt sein – oder nicht zu kompliziert. Und tunlichst vorher Regeln und mögliche Varianten klären. Sonst gibt’s hintennach unnötig Stress.

Wer ein bisschen Bewegung in den Abend bringen will, bietet zum Beispiel "Twister" oder "Activity". Soll es mehr auf Wissen ankommen als auf Strategie oder puren Zufall, greift man zu "Trivial Pursuit" und Co. Bei besonders vielen Gästen empfiehlt sich "Tabu". Mindestens zwei Gruppen sollen Dinge beschreiben, ohne die Wörter zu verwenden, die unter dem gesuchten Begriff stehen.

Oder die richtig knifflige Variante à la "Cluedo". Die strategische Suche nach Mörder, Waffe und Tatort. Erfordert Aufmerksamkeit und Geduld. Deutlich lockerer geht’s beim guten alten "Mensch ärgere dich nicht" zu. Auch nach mehr als 100 Jahren noch immer der Brett-Klassiker schlechthin und gerade zu vorgerückter Stunde stets ein Garant für Heidenspaß.

Und wer im Spiel immer nur Pech hat, darf sich ja an anderer Stelle glücklich schätzen…