Fichtelgebirge Fingerfertig und filigran

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In der Vorweihnachtszeit schnitzt der Wunsiedler Jürgen Buchta für gute Zwecke, wie hier in München. Am Sonntag hat er ein Heimspiel bei der Marktplatzweihnacht. Foto: pr

Der Wunsiedler Jürgen Buchta beherrscht die Kunst des Edelweiß- Schnitzens. Darin gehört er im deutschsprachigen Raum zur Spitze.

 
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Wunsiedel - Das Edelweißschnitzen gab es früher im gesamten Alpenraum. Damals verdienten sich meist die Holzknechte der Bergbauern in langen Winternächten mit dem filigranen Handwerk ein kleines Zubrot. Heute betreiben diese Kunst vor allem Hobbyschnitzer aus dem deutschsprachigen Raum, die sich jährlich am Pfingstmontag im Freilichtmuseum Schliersee von Markus Wasmeier treffen, um den besten Edelweißschnitzer zu ermitteln.

Unter ihnen ist auch der Wunsiedler Jürgen Buchta, der heuer erstmals als Drittplatzierter das Podium bestieg - ein lang gehegter Traum ging damit in Erfüllung. Buchta zeigt seine Fertigkeiten mit dem scharfen Schnitzmesser heuer öffentlich bei der Wunsiedler Marktplatzweihnacht am Sonntag, 13. Dezember. Buchta kam eher aus Langeweile zum Schnitzen. Beim Anstehen für den Einlass bei "Songs an einem Sommerabend" in Kloster Banz vor fünf Jahren riss sich der 49-Jährige einen Ast ab und begann mit einem Taschenmesser eine Blume zu schnitzen. Die gelang so gut, dass er auch einem Beistehenden auf Verlangen ein Exemplar anfertigte. Schließlich machte seine Schwester Buchta auf das Treffen am Schliersee aufmerksam. Zur zweiten inoffiziellen Weltmeisterschaft der Edelweißschnitzer kam der Wunsiedler eigentlich nur zum Zusehen, wurde aber von den Veranstaltern gleich zur Teilnahme verpflichtet.

Ausgerüstet mit einem gewöhnlichen Taschenmesser und Holz aus der Heimat hatte der zweifache Familienvater gegen die alten Haudegen aus dem Alpenraum allerdings wenig Chancen - aber Blut geleckt. Und das spielte in der folgenden Zeit eine große Rolle. "Am Anfang habe ich mehr Pflaster als Holz verbraucht", erzählt Buchta. Bei seiner zweiten Teilnahme am Schliersee war er bereits besser ausgerüstet, brachte auch spezielles Holz mit. Aus Erfahrung nimmt der Schnitzer zwei Jahre abgelagertes Lindenholz, dies ist am einfachsten zu bearbeiten, um aus einem kleinen Stab ein Edelweiß herauszuarbeiten. Prinzipiell sei jedes Holz verwendbar. Da man nur kleine Spaltlinge verwendet, muss das Rohholz relativ gerade und gleichmäßig gewachsen sein. Man brauche 15 bis 20 Zentimeter lange Spaltlinge mit ungefähr zwei Zentimetern Kantenlänge. Das Holz darf aber auch nicht zu trocken sein.

Am schönsten werden die Imitate der Korbblütler, die in den Alpen selten geworden sind, aber aus dem Holz der Traubenkirsche, auch Schwarze Vogelbeere genannt. Dies bestätigten auch die "Profis", die an der Weltmeisterschaft im Freilichtmuseum von Markus Wasmeier, Riesenslalom-Olympiasieger von 1992, teilnahmen. Inzwischen hat sich nicht nur seine Schnitztechnik, sondern auch seine Ausrüstung verbessert. In Erstere investierte Buchta viel Zeit, in Letztere eine schöne Stange Geld. Man benötigt mindestens ein scharfes, grobes Messer und ein feines, sehr scharfes Schnitzmesser.

Entsprechend verbesserte sich Buchta, den seine Schafkopffreunde "Boogie" nennen, von Jahr zu Jahr. Im vergangenen Jahr erschnitzte sich der Fichtelgebirgler unter vornehmlich alpenländischer Konkurrenz den vierten Platz, heuer sicherte er sich als Dritter erstmals den Platz auf dem Podest. Sein Ziel ist es, einmal ganz oben auf dem Treppchen zu stehen. "Für 2016 habe ich mich bereits angemeldet", sagt Buchta. Bis dahin, Pfingstmontag, 16. Mai, hat der passionierte Schnitzer noch genug Zeit zum Üben. Und die nutzt er in der Vorweihnachtszeit, um seine filigranen Kunstwerke, die vor allem als Schmuck für Trachtenhüte begehrt sind, für wohltätige Zwecke anzufertigen und zu verkaufen.

So war Buchta vor zwei Wochen in München und schnitzte die symbolträchtigen Alpenblumen in der Pfarrgemeinde St. Ruppert zugunsten der Erneuerung der Kirche. Am vergangenen Wochenende griff er dem Volks- und Gebirgstrachtenverein "Enzian" aus dem Markt Bruck in der Oberpfalz zur Erhaltung von dessen Perchtengruppe helfend unter die Arme.

Und am Sonntag baut Jürgen Buchta seinen Stand schließlich auf dem Marktplatz in Wunsiedel auf, um die Naturfreunde der Festspielstadt zu unterstützen. Von 14 bis 20 Uhr heißt das Motto dann "Edelweiß und Enzian". In nicht einmal zehn Minuten zeigt der ausgebildete Keramikingenieur, der jetzt als IT-Projektleiter in einer Frankfurter Firma arbeitet, wie aus einem unscheinbaren Ästchen eine schmucke Blüte wird. Dabei freut sich der Hobby-Schnitzer schon auf sein Heimspiel: "Das Edelweiß gibt es aus Holz und den Enzian aus dem Glas."

Am Anfang habe ich mehr Pflaster als Holz verbraucht.

Jürgen Buchta

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