Forschung zu „Heimat“ Eine Frage des Zusammenhalts

Was ist Heimat? Darüber wird jetzt geforscht. Foto: picture alliance/dpa/Daniel Löb

Die Technische Hochschule Nürnberg forscht über „Heimat – Mehr als ein Gefühl“. Bei der aktuellen Umfrage zu diesem Themenkomplex geht es um die gesellschaftliche Zusammengehörigkeit in ländlichen Regionen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Viele Orte in Bayern sind von Abwanderung geprägt. Auch einige in Oberfranken, wie Sabine Fromm erklärt. Sie leitet das Kompetenzzentrum Soziale Innovationen, Methoden und Analysen (KoSIMA) der Technischen Hochschule in Nürnberg. In dem Projekt „Heimat – mehr als ein Gefühl“untersucht sie gemeinsam mit ihren wissenschaftliche Mitarbeiterinnen Francis Helen Finkler und Loredana Föttinger, wie stark die gesellschaftliche Zusammengehörigkeit in ländlichen Regionen Bayerns tatsächlich ist.

Um das herauszufinden, hat das Forschungsteam zu mehreren Bürgerbefragungen aufgerufen. Untersucht werden in drei Meinungserhebungen folgende Aspekte: Soziale Beziehungen, das Gefühl der Zugehörigkeit und das gesellschaftliche Engagement. Die erste Befragung geht noch bis zum 7. Mai und hört auf den Titel „Sozialer Zusammenhalt vor Ort im ländlichen Raum“. Das ganze Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat mit exakt 424  115 Euro gefördert und läuft noch bis Ende Mai 2026.

An der Befragung teilnehmen können laut Sabine Fromm Bürger aller Kommunen, die gemäß dem Landesentwicklungsplan Bayern (LEP) zum ländlichen Raum gehören. In Oberfranken gehören zum Beispiel Bayreuth, Coburg, Hof, Kulmbach, Marktredwitz, Selb, Wunsiedel und viele kleinere Orte zum ländlichen Raum.

Die Teilnahme an den drei Befragungen ist online über die Projektwebsite heimatprojekt-bayern.de möglich. Außerdem gibt es die Fragebögen dort auch im PDF-Format zum Ausdrucken und Rückversand per Post.

Durch die Auswertung der Bürgerantworten sollen die Bedingungen und Erscheinungsformen des sozialen Zusammenhalts in ländlichen Regionen Bayerns analysiert werden. Sabine Fromm konkretisiert das anhand eines Beispiels: „Ganz viele Leute engagieren sich in Nachbarschaftshilfen oder versuchen, die lokale Kultur wiederzubeleben, indem sie beispielsweise eine Genossenschaft gründen, um ein Wirtshaus zu erhalten.“ Solches Engagement soll untersucht werden und im besten Fall auch Bürgern anderer Orts helfen, dort den Zusammenhalt zu stärken. Auch Politikern sollen diese Handlungsempfehlungen aufgezeigt werden.

„Die Ergebnisse der Befragungen werden laufend auf der Projektwebsite zur Verfügung gestellt, sodass alle Interessierten sich selbst ein Bild machen können“, erklärt Fromm weiter. Darüber hinaus erhalten alle Kommunen und Verwaltungsgemeinschaften, in denen mindestens 100 Personen teilnehmen, eine kurze anonymisierte Auswertung für ihre Kommune.

Von der Politik wünscht sich Sabine Fromm, dass die Rahmenbedingungen für Zusammenhalt durch das Projekt gefördert werden. „Zum Beispiel, dass Pläne der Kommunen, die bisher an der Bürokratie gescheitert sind, umgesetzt werden können“, sagt sie.  

Neben den Befragungen sind bei „Heimat – mehr als ein Gefühl“ auch vier Vertiefungsprojekte vorgesehen. „Das erste findet noch in diesem Jahr statt“, verkündet Fromm. Dabei handelt es sich um das Älterwerden in ländlichen Regionen und wie Unterstützung aus der Nachbarschaft dazu beitragen kann.

Das zweite Vertiefungsprojekt ist 2024 vorgesehen und befasst sich mit den jungen Leuten und was sie brauchen, um im ländlichen Raum zu bleiben. „Die Abwanderung der jungen Menschen vom Land weg in die Städte ist eine große Herausforderung für die ländlichen Orte“, sagt Sabine Fromm.

„Dann wollen wir uns auch noch die Rückkehr in ländliche Räume anschauen“, sagt Fromm und nennt damit das dritte Vertiefungsprojekt. Unter welchen Bedingungen gehen Leute zurück auf das Land? Wie läuft das ab? Was macht das mit dem Dorf? „Diese Fragen sind für die Kommunen sehr interessant, weil wir dadurch herausfinden, was sie attraktiv für Rückkehrer macht. Das hat nämlich nicht nur wirtschaftliche Aspekte“, sagt Fromm.

Die Bedeutung der lokalen Kultur ist das Thema des vierten und letzten Vertiefungsprojekts. „Wir beobachten vielerorts ein Wirtshaussterben, auch Vereine lösen sich auf. Dadurch fallen Treffpunkte weg“, sagt Fromm. Welche neuen Möglichkeiten es gibt, um zusammenzukommen oder wie alte Traditionen wiederbelebt werden können, ist der Kern dieses Projekts. Fromm: „Die Landjugenden, die es auch in Oberfranken gibt, machen als Beispiel viele Orte wieder lebendig.“

„Für die einzelnen Vertiefungsprojekte würden wir gerne mit verschiedenen Vereinen aus den Regierungsbezirken zusammenarbeiten“, erklärt Sabine Fromm. Darunter stellt sie sich vor, die Sichtweise junger und alter Vereinsmitglieder kennenzulernen. „Dabei geht es um ihre Sicht auf Kultur und Geselligkeit“, sagt sie. Aber auch die Entwicklung vor Ort, die Ideen, Wünsche und Probleme der Vereine interessiert sie. „Natürlich ist alles auf den Ort bezogen“, ergänzt Fromm. Generell lässt sich laut Fromm sagen, dass vom Briefmarkenverein bis zur Landjugend alle Meinungen für das Projekt relevant sind.

Autor

Bilder