Gedenktag in Wunsiedel Bunter Protest begleitet AfD-Feier

Ausgerechnet am Gedenktag für Nazi-Opfer feiert der AfD-Kreisverband Wunsiedel Neujahrsempfang. Gegen diese antisemitische Provokation demonstriert das Netzwerk „Wunsiedel ist bunt“ direkt vor der Gaststätte in Bernstein.

 
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Stockdunkel und eiskalt  ist es  am Samstagabend kurz vor 18 Uhr in Bernstein, aber das hält die Sympathisanten des Netzwerks „Wunsiedel ist bunt“ nicht davon ab,  tapfer auszuharren: Vor der „Pilsbar zur Grotte“  skandierte die Menge  wieder und wieder: „Nazis raus“ und „Nazis verpisst euch, keiner vermisst euch“. 

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Svenja Faßbinder, Sprecherin des bunten Netzwerks,  betont: „So nicht, AfD: Wir haben  keinen Platz für Faschisten und Rechtsextremisten – nicht in Wunsiedel und nirgendwo sonst. Wir lassen uns  die Menschenrechte nicht einschränken“. Die Menge skandiert: „Wir sind mehr.“

Besonders stark branden die Protest-Rufe immer dann auf, wenn     jemand  in Windeseile gen  Lokal „Zur Grotte“ im Wunsiedler Ortsteil  Bernstein  huscht oder ein Auto vorfährt.   Denn vermutlich sind das AfD-Mitglieder.  Genau weiß das niemand,  denn die  Ankommenden zeigen weder  Gesicht noch treten sie  mit den Demonstrierenden in einen Dialog.  Wie berichtet, hatte der AfD-Kreisverband Wunsiedel seinen Neujahrsempfang  und Stammtisch  ausgerechnet auf den   27. Januar terminiert –  den   nationalen und internationalen  Holocaust-Gedenktag.  Daran hatte es schon im Vorfeld viel Kritik gegeben.

„Bunte“ wollen Spaß in  AfD-freier Demokratie 

„Wunsiedel ist bunt“ kündigte an, gegen diese antisemitische Provokation direkt  vor dem Versammlungslokal zu protestieren,  der Pilsbar  „Zur Grotte“ in Bernstein. Unter dem  Motto „Hass ist keine Meinung – Rechtsextreme stoppen“ riefen die Netzwerk-Sprecher  dazu auf, am Samstagabend  mit den „Bunten“ein deutliches  Zeichen  setzen. „Denn Demokratie ohne AfD kann richtig Spaß machen“, rief Svenja Faßbinder bei  der Kundgebung ins Megafon und erklärte: „Wir  stehen für Solidarität in einer  bunten Gesellschaft.“ Die Menge applaudierte.

Laut Polizeiangaben hatten sich rund 150 Demonstranten auf dem Grünstreifen  gegenüber der Bernsteiner Pilsbar  versammelt – die Mitwirkenden  beziffern die Zahl auf mehrere Hundert Demonstranten. Mit großen Bannern,  beleuchteten Schildern, bunten Luftballons und  lauten Rasseln protestierte   die Menge  friedlich für demokratische Werte.

Demonstrierende stehen  im Stockdunkeln

Schade nur, dass  es in Bernsteins Mitte in kurzer Zeit  im wahrsten Sinn des Wortes zappenduster wurde:  Im Laufe der Demonstration konnte keiner mehr  all die Wortspiele  und  Zeichnungen entziffern, mit denen Demo-Teilnehmer sich  auf Schildern und Transparenten  dagegen verwahrten, dass der AfD-Kreisverband ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag  feierte, weil es stockfinster war.   

„Langbräu“ erteilt   AfD  klare Absage

Eine  unerwartete Wende machte  äußerst kurzfristig, nämlich erst in der Nacht vor dem Holocaust-Gedenktag, die ursprünglich angekündigte Planung  zunichte.  Tagelang hatte  der AfD-Kreisverband  auf seiner Homepage zu dem Treffen in den  Saal der  „Langbräu“  im Wunsiedler Ortsteil Holenbrunn  eingeladen.  Allerdings postete die „Langbräu“ am späten Freitagabend plötzlich auf  Facebook: Es  gebe es bei ihnen am Samstag „KEINE Versammlung der AfD. Wir wissen nichts von dieser geplanten Versammlung und mit uns wurde nichts abgesprochen.“

Das  Netzwerk  „Wunsiedel ist bunt“ reagierte prompt und verlagerte  seinen Protest  ebenfalls an den    neuen AfD-Versammlungsort.  Netzwerk-Sprecher Stefan Frank wertete es  am Samstag    als großen  Erfolg, dass die AfD  doch nicht im Holenbrunner „Langbräu“-Saal tagen durfte: „Also haben wir  allein mit der Ankündigung unserer Protest-Aktion schon etwas erreicht.“ Und am Abend umso mehr: Eine große Menschenmenge  kam nach  Bernstein,  um friedlich Zeichen für Frieden und Demokratie  zu setzen.  Teilweise nahmen   die Protest-Schilder  der „Bunten“ sogar schon Bezug auf den neuen Versammlungsort des AfD-Kreisverbands: „Nazis waren früher schon grottenschlecht“, stand beispielsweise auf einem der vielen  Schilder.

Redaktionsfragen bleiben unbeantwortet

Der AfD-Kreisverband   interpretierte  die geschlossenen Türen  bei der „Langbräu“  in Holenbrunn auf seiner Homepage   folgendermaßen:  „Leider hat man den ursprünglichen Wirtsleuten so viel Druck gemacht, das man uns die Lokation nun nicht zur Verfügung stellt. Aber das hält uns nicht auf.“ Deshalb  treffe man sich nun am 27. Januar um 18 Uhr im Gasthaus „Zur Grotte“ in Bernstein. „Lächerlich, sich dem Druck des linken Gesindel zu beugen“ meint dazu einer der  Kommentatoren auf der AfD-Facebook-Seite.

Mit unserer Redaktion  kommuniziert der AfD-Kreisverbands Wunsiedel allerdings nicht. Auf die bereits  am Freitagvormittag telefonisch und  per Mail gestellte Frage, warum die AfD einen so  sensiblen Termin  für ihren Neujahrsempfang und Stammtisch ausgewählt hat, bekam die Zeitung immer noch keine Antwort.