Grenzlandfilmtage Selb Spielfilm-Preis für „Schlussklappe“

Silke Meier

Die Jury des „charmantesten Filmfestivals der Welt“ vergibt Rosenthal-Vasen für die besten Kurz- und Langfilme. Publikumsliebling ist der Dokumentarfilmer Ibadylla Adzhibaev aus Kirgisistan.

 
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Gefühlt 46 Mal ist das Wörtchen charmant oder auch charming am Sonntagvormittag im Jam gefallen. Filmschaffende wiederholten die Worte von Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch, der zur Eröffnung der 46. Grenzland-Filmtage am Donnerstag das Filmfestival als „das charmanteste der Welt“ bezeichnet hatte. Euphorisch, glücklich und dankbar strahlten die Gewinner bei der Preisverleihung im Jugend- und Kulturzentrum.

Knisternde Spannung

Nach dem Frühstück, das Vereinsmitglieder vorbereitet hatten, knisterte die Spannung im Saal. Bevor die Gewinner bekannt gegeben wurden, zeigte Vorsitzende Kerstin Fröber eine Animation, die mit der bulgarischen Regisseurin Radostina Neykova und Studenten in Regensburg produziert worden war. Fröber dankte allen Sponsoren, die ein Festival dieser Größe erst ermöglichten.

Die Firma Rosenthal GmbH hatte die Preise für die Gewinner gestiftet. Eine dieser Rosenthal-Vasen ging an Regisseurin Louisa Grötsch für den Kurzfilm „Zwischen uns der Himmel“. Der Film handelt von zwei Brüdern und einem Autounfall, bei dem die Frau des einen ums Leben kommt. Der Witwer gibt seinem Bruder die Schuld an dem Unglück. Beide können nicht mit der Trauer umgehen.

Gierige fränkische Bestatter

Zweitplatziert in der Kategorie Kurzfilm war „Tabu La Rasa“. Der Fünfminutenfilm der Regisseurin Emma Bading beschäftigt sich mit der Frage: „Was wäre gewesen, wenn …“. Ein bisher perfekt orchestriertes Leben steht nach dieser Frage Kopf. Rang drei belegte der russische Film „Gogol-Mogol“, ein Spiel mit beruflichen Plänen und Familienzusammenkünften.

In der Kategorie mittellanger Spielfilm überzeugte „Todsicher“. Die Filmemacher Lorenz Wetscher und Mario Klaus holten den Preis mit der Geschichte über zwei fränkische Bestatter, die von Gier und Lebenslügen getrieben sind und einen Mord vertuschen müssen. Die beiden Österreicher Paul Ploberger und Patrick Wally landeten mit dem 30-minütigen Spielfilm „Nackte Männer im Wald“ knapp dahinter auf Platz zwei. Drittplatziert war „Stinkfrucht“. In dem Film geht es um ein Mädchen, das illegal von Vietnam nach Deutschland kam, von Schleusern ausgebeutet wird, eigentlich aber Geld für die Familie in der Heimat verdienen soll. Das vietnamesische Mädchen Mai gerät in einen Konflikt zwischen Freiheit und Familie.

Lebenspläne von Filmschaffenden

Die Rosenthal-Vase in der Kategorie Spielfilm ging an „Schlussklappe“. Regie über die Komödie, die unter anderem während des 40. Max-Ophüls-Festivals in Saarbrücken gedreht wurde, führte Niclas Mehne. Die facettenreiche Geschichte über Lebenspläne der Filmschaffenden holte in Selb die meisten Publikumsstimmen. Platz zwei belegte „Six Weeks“, ein Film über eine Jugendliche, die ihr Baby zur Adoption freigibt und von Zweifeln geplagt wird. „Otars Tod“, ein Film aus Georgien, Deutschland und Litauen, belegte den dritten Platz. Das Drama über einen Autounfall, den Verzicht einer Anzeige und stattdessen der Forderung eines hohen Schmerzensgeldes, wendet sich zur tragischen Komödie.

Publikumsliebling während des Festivals war Regisseur Ibadylla Adzhibaev aus Kirgisistan. „Postman“, seine Doku über einen Postmann im Dorf Kok-Tasch, erhielt in dieser Kategorie die meisten Stimmen. Dahinter lag „Nur zwei Minuten“ von Regisseurin Petra Dombrowski. Ihre Doku bearbeitet die politischen Systeme in Tschechien und Deutschland während des Kalten Krieges sowie die illegale Flucht von Jugendlichen. Auf Platz wurde Yessica Hurtado Martinez mit „Schlange im Westen“ gewählt. Die Doku beschäftigt sich mit Depressionen wegen Entwurzelung und die Entwurzelung von Heilpflanzen.

Beste Nachwuchsfilme

Den Indie-Award der Independent Filmakademie Fichtelgebirge vergab die Firma Probau Massivhaus an Branko Tomovic, den Regisseur von „Vampir“ über ein kleines Dorf in Serbien und einen Mann aus London, der sich um den Friedhof kümmern soll, Horror-Visionen bekommt und die Dorfbewohner böser Absichten bezichtigt. Die Jury, die über den besten Nachwuchsfilm entschied, sprach eine lobende Erwähnung für die israelische Regisseurin Rotem Elkayam aus. Ihr Kurzfilm „Shuster“ handelt von einer Autofahrt und einem Radiobeitrag, der zu einer Wendung führt. Den Nachwuchs-Filmpreis selbst, gefördert durch die Sparkasse Hochfranken, gewann Jan-David Bolt aus der Schweiz für den Kurzfilm „Phlegm“, der zeitkritisch mit Hektik umgeht und als Pendant Schnecken filmisch in Szene setzt.

Der beste osteuropäische Film, dotiert mit 1500 Euro und ausgelobt von der Stadt Selb, ist „Human“. Der ukrainische Regisseur Khachatur Vasilian setzt einen Mann nackt auf einem Feld in Szene. Dieser sucht nach Antworten und sieht zunächst nichts, außer einem Leuchtturm und einen Baum. Der Fund bringt die klare Botschaft mit sich: Ohne Kleidung und landestypische Symbole und Literatur sind Menschen alle gleich. Nationalität, Religion und Ideologie spielen keine Rolle, und die Liebe überwindet Gegensätze.

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