Häusliche Gewalt Ein Weg aus der Gewaltspirale

Sandra Hüttner
Opfer häuslicher Gewalt leiden oft ein Leben lang. Foto: /Pixabay/superlux91

Für die Täter häuslicher Gewalt bietet der Verein Systep ein Trainingsprogramm an. Dort sollen sie lernen, ihre Gefühle zu verarbeiten, ohne anderen dabei zu schaden.

 
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Hof - Opfer häuslicher Gewalt gehen oft ein Leben lang durch eine private Hölle. In der Corona-Pandemie, die eine Einschränkung von Kontakten mit sich bringt, in der das Häusliche an Bedeutung gewonnen hat, haben die Probleme noch zugenommen. „Einmal ist zwei Mal zu viel, da vorher schon einiges passiert sein muss“, erklärt Jürgen Schmidt, Diplom-Sozialarbeiter vom Hofer Trägerverein Systep. Er ist zugleich Ansprechpartner für das soziale Trainingsprogramm „Täter*innenarbeit häusliche Gewalt“. Es soll einen Weg aus der Gewaltspirale aufzeigen.

Denn häusliche Gewalt hat schwere Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit der Betroffenen und das oft ein Leben lang. Für Kinder bedeutet sie eine schwere Hypothek für ihr weiteres Leben. Jeder Täter, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, findet in der Fachstelle kompetente Ansprechpartner, die ihn auf dem Weg zu gewaltfreiem Verhalten in der Partnerschaft unterstützen. Drei Männer haben bereits die Diagnostik absolviert, eine weitere Anfrage liegt vor. „Spätestens im März wollen wir mit der Gruppenarbeit beginnen, aber es braucht noch weitere Teilnehmer, in diesem Fall Männer“, erläutert Schmidt und macht Mut, sich dem Thema zu stellen.

Er betont, dass es ein typisches Bild für einen gewalttätigen Ehemann oder Partner nicht gibt. „Es sind oft Männer, die mit beiden Beinen im Leben stehen und sich nicht selten auch ehrenamtlich in der Vereinsarbeit engagieren. Sie sind meist unauffällig und im Prinzip gut angesehen“, beschreibt Schmidt, der Anonymität zusichert. Weder am Gebäude noch an der Eingangstür sei ein Hinweis auf die Fachstelle zu erkennen. Er kann verstehen, dass die Täter „Schiss haben“, denn wer zu ihm kommt, muss sich outen, sich mit sich selbst auseinandersetzen. „Ich weiß um die Hemmschwelle. Die gibt es auch beim Gang zum Psychologen.“

Der Diplom-Sozialarbeiter kann aber auch von positiven Feedbacks berichten, von Männern, die froh sind, eine Anlaufstelle zu haben. Schmidt hofft, dass sich weitere Männer ein Herz fassen, ihr Problem erkennen und jetzt Hilfe in Anspruch nehmen wollen. „Wir hören uns dann ihre Geschichte an, aber nicht ohne zu hinterfragen“, erklärt Schmidt. Es werde nachgehakt, um die Details zu erfahren und sozusagen zwischen den Zeilen lesen zu können. „Auch wenn es nicht jeder verstehen kann oder mag: Den Männern, die zu uns kommen, zollen wir Respekt dafür, dass sie sich ihrem Problem stellen. Wir sehen den Mann als Menschen, den es wertzuschätzen gilt“, erklärt der Fachmann.

Fünf bis sechs Termine sind für die Diagnostik notwendig, um „zu durchleuchten und dahinter zu schauen“. „Wir müssen das bisherige Leben analysieren, die Familie, die Rollenbilder und auch die Grundüberzeugung erfahren.“

Danach beginnt das Gruppentraining mit je drei Stunden alle zwei Wochen. Es gibt Gespräche und auch Übungen, um Achtsamkeit zu fördern, die eigenen Grenzen wahrzunehmen und Grenzen der Partnerin zu erkennen. Schmidt berichtet, dass zu den Übungen etwa das Schreiben eines Briefes gehört. „Wie hat sich meine Partnerin gefühlt, als ich gewalttätig war?“, laute die Fragestellung. Das solle die Empathie fördern. Bei der Gruppenarbeit geht es auch ins Detail und jeder sollte wissen, dass er sich mit seinen Taten der Gruppe stellen muss.

„Wir gehen auch hinaus in den Wald“, berichtet Schmidt. „Es gilt, Orte zu finden, wo sich der Täter entspannen kann, wo er die Chance hat, runterzufahren.“ In der Prävention geht es auch darum, den Tätern Handwerkszeug an die Hand zu geben, um aus einer drohenden Eskalation aussteigen zu können. „Er wird Wege aufgezeigt bekommen, um vom Anspannungslevel wieder runterzukommen“, versichert Schmidt. Die unterschiedlichen Methoden seien auf den jeweiligen Täter abzustimmen. „Wir arbeiten mit Methoden der Verhaltenstherapie, Konfrontationstechniken, Entspannungsübungen und vielem mehr.“ Doch zuerst braucht es Erkenntnis und den ersten Schritt.

Gut zu wissen:

Das soziale Trainingsprogramm wird von der „Fachstelle Oberfranken Häusliche Gewalt “ in Trägerschaft des Hofer Vereins Systep angeboten und aus Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gefördert. Das Programm ist ein Training, keine Therapie. Im Vordergrund steht die Verhaltensänderung durch das Erarbeiten von Handlungsalternativen. Zentral ist die Verantwortungsübernahme für die Tat und das Erlernen neuer Verhaltensmöglichkeiten. Kontakt: Fachstelle Täter*innenarbeit „Häusliche Gewalt Oberfranken“, Poststraße 15 in Hof, Telefon: 09281/5935686 oder per Mail an taeterarbeit@systep.de

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