Heiße Derby-Schlachten Fliegende Schweineohren, Hühnerdiebe und Bananen

Die Emotionen in der Netzsch-Arena dürften am Sonntag wieder hochkochen, wenn die Eispiraten Crimmitschau ihre Visitenkarte abgeben. Foto: /Mario Wiedel

In den Derbys zwischen den Selber Wölfen und dem ETC Crimmitschau ging es früher oft rau zur Sache. Die Wogen haben sich aber längst geglättet. Am Sonntag kommen die Sachsen zum ersten DEL2-Duell nach Selb.

 
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Selb/Crimmitschau - Als in den 1990er-Jahren der damalige ERC Selb und der ETC Crimmitschau aufeinandertrafen, gab es nicht nur auf dem Eis heiße Schlachten. Die Derbys waren nach der Wendezeit auch geprägt von Wild-West-Szenen auf den Rängen. Ergebnisse waren oft nur Randnotizen. Im Gedächtnis blieb der blanke Hass. Vor allem bei den ersten Auftritten der Selber im damals berühmt-berüchtigten und mit 6000 bis 7000 Zuschauern stets proppevollen Sahnpark flogen nicht selten die Fäuste. „Einmal wurde unser 800 Mann starker Fanblock von Hooligans gestürmt und die Polizei hat tatenlos zugesehen“, erinnert sich der Sparnecker Stefan Pahlen. Und in der Netzsch-Arena, die damals noch Hutschenreuther Eissporthalle hieß, rissen die Fans der Sachsen – damals meist unterstützt von Fußball-Hooligans aus Zwickau, Jena und Aue – einmal komplette Sitzreihen aus der Verankerung.

Das ganze Bier war weg

Eishockey-Geschichte geschrieben hat auch ein Spiel im Oktober 2000 in Selb, das wegen der Verspätung der Linienrichter und einer kaputten Plexiglasscheibe vor offiziell 4400 und gefühlt weit über 5000 Zuschauern erst um 21.40 Uhr angepfiffen worden ist. Der Selber 3:2-Sieg stand damals erst eine Viertelstunde nach Mitternacht fest. „Nach dem ersten Drittel war schon das ganze Bier weggesoffen. Es musste zwei Mal Nachschub besorgt werden“, blickt Stefan Pahlen schmunzelnd zurück. Der Sparnecker erinnert sich, dass früher auch schon mal das ein oder andere Schweinsohr – „einmal sogar ein ganzer Schweinskopf“ – auf dem Eis gelandet war. Auch tote Hühner fanden sich nicht selten auf der Eisfläche wieder. „Die Sachsen titulierten die Schieds- und Linienrichter dann immer als Hühnerdiebe, wenn sie die Hühner wieder vom Eis verräumt haben.“

Aldi-Tüten im Selber Fanblock

Zu diesen Zeiten war in Selb die gesamte Gegengerade mit Fans aus Crimmitschau belegt. Und die ärgerten sich fürchterlich, als aus dem Wölfe-Fanblock einmal Hunderte von Aldi-Tüten oder aber Bananen in die Höhe gestreckt worden sind. Erst nach der Saison 2001/02, als sich die Wege der beiden Rivalen getrennt haben – die Eispiraten spielten fortan höherklassig – kehrte wieder Ruhe ein. Und das war gut so.

Es kehrte „Frieden“ ein

Ein erstes Wiedersehen gab es erst wieder im April 2014 in der Qualifikationsrunde zur DEL2. Die Wölfe als Oberligameister unterlagen dem Zweitligisten zu Hause vor ausverkauftem Haus (3922 Zuschauer) mit 3:5 und in Crimmitschau mit 0:2. Was fast wichtiger war als die blanken Ergebnisse: Es waren friedliche Derbys auf und außerhalb der Eisfläche. Wie auch die beiden Vorbereitungsspiele vor Beginn der laufenden Saison, die beide der VER knapp für sich entschieden hat.

Nur Gegeneinander singen

An diesem Sonntag (17 Uhr) kommt es nun zum ersten Duell beider Vereine in der DEL2. Und natürlich hoffen die Selber-Verantwortlichen nach den zuletzt doch enttäuschenden Zuschauerzahlen auf eine ordentlich gefüllte Netzsch-Arena. Der Crimmitschauer Fanbeauftragte Norman Pilling kalkuliert vorsichtig, rechnet mit etwa 500 Anhängern des Tabellenzweiten, die den Weg aus Sachsen mit zum Schlusslicht ins Fichtelgebirge antreten werden. „Es ist allerdings schwer abzuschätzen, weil wir selbst keinen Vorverkauf organisieren.“ Der 27-Jährige kennt die „wilden Zeiten“ nur vom Hörensagen. „Das Derby-Feeling ist auch jetzt noch da, aber sicher nicht mehr so extrem wie früher.“ Die Devise von Pilling: „Gegeneinander singen ist okay. Aber sonst darf nix passieren.“

Genauso sieht es VER-Fanbeauftragter Fabian Melzner. „Von damals gehen ja viele nicht mehr zum Eishockey. Und die anderen sind älter geworden. Sicher werden ein paar alte Gesänge herausgekramt, aber sonst wird es, denke ich, sehr entspannt ablaufen.“

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